75 Jahre VHS Hochtaunus: „Wer aufhört zu lernen, ist alt“

Zwischen den Reden zum Jubiläum genießen die Festgäste gern auflockernde musikalische Darbietungen des Streichquartetts des Jugend-Sinfonie-Orchesters Hochtaunus. Foto: fch

Oberursel (fch). Mit Schwung, Musik, Tanz, einem Film und vielen guten Wünschen ist der Trägerverein der Volkshochschule (VHS)Hochtaunus in sein 76. Lebensjahr gestartet. Zahlreiche Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, Dozenten sowie viele Kursteilnehmer feierten gemeinsam mit VHS-Leiter Carsten Koehnen und dem Gastgeber als Vorsitzender des Trägervereins, Manfred Gönsch, ein rauschendes Jubiläumsfest. Dem akademischen Teil der 75-Jahr-Feier mit Grußworten, Festansprache Musik und Tanz, folgte ein gemütliches Beisammensein. Grüße aus dem fernen Kenia sandte ein Mitarbeiter, der gerade in Afrika Hilfe leistet, im Einführungsfilm nach Oberursel.

Gönsch begrüßte die 150 Gäste in der Aula des Gymnasiums Oberursel und wies darauf hin, dass der 1946 gegründete, gemeinnützige (Träger-)Verein „Pro Volkshochschule – Bildung und Kultur Hochtaunus“ drei Jahre älter ist als das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Umfassende politische Bildung und das Nahebringen einer kulturellen Vielfalt waren damals – und sind es heute wieder – die ursprünglichen zentralen Ziele. Das Angebot der VHS hat sich kontinuierlich erweitert und den gesellschaftlichen Anforderungen angepasst. Auf der Jubiläumsfeier vorgelegt wurde die Jubiläumsschrift „Zwischen Tradition und Innovation 1946-2021“ mit dem auch für das Jubiläumsfest und den Imagefilm passenden Untertitel „Immer bunt. Immer anders. Immer vhs.“

Moderiert wurde die Jubiläumsfeier von Schauspielerin Anne Lüder, die nach eigenen Worten „ein Kind der VHS Hochtaunus“ ist. Einen Blick zurück auf die Anfänge der VHS Hochtaunus, „als Deutschland physisch und moralisch“ am Boden lag, warf der Hessische Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz. Zu den Aufgaben der VHS Hochtaunus habe es gehört, „in die geistige Leere hinein den Gedanken der Demokratie einzupflanzen“. Demokratie und Weiterbildung seien bis heute der ursprüngliche Auftrag der Volkshochschulen, betonte der Kultusminister. Zu den Aufgaben gehöre die Bereitstellung eines hochwertigen und gleichzeitig niederschwelligen Bildungsangebots mit Sprach- und Alphabetisierungskursen sowie neuen Formaten. Abschließend zitierte er Henry Ford mit „Jeder, der aufhört zu lernen, ist alt.“

Landrat Ulrich Krebs dankte der VHS Hochtaunus für ihren Beitrag zur Integration. Er betonte, dass lebenslanges Lernen heute im Berufsleben wichtig sei. DieVHS leiste mit ihrem Angebot einen Beitrag, damit ihre Kursteilnehmer nicht abgehängt werden. Abschließend sprach sich der Landrat erneut für den Umzug der VHS Hochtaunus in den Bildungscampus am Bleibiskopf aus. Bürgermeister Hans-Georg Brum sage dazu, dass der Nachteil des Standorts in der Abkopplung von der Innenstadt liege. Zwar unterstütze die Stadt das Vorhaben des Landrats, wünsche sich aber zusätzlich den Verbleib in den beiden zentral gelegenen Gebäuden. Die VHS Hochtaunus habe mit ihrem Angebot als zentraler Bildungsträger in der Erwachsenenbildung viel dazu beigetragen, dass Oberursel bunt ist.

Die Festansprache „Niemals auf dem Holzweg – Die Volkshochschule Hochtaunus wird 75 Jahre alt“ hielt mit Dr. Christoph Köck der Verbandsdirektor des Hessischen Volkshochschulverbandes. Er spielte mit dem „Holzweg“ auf die ehemalige Adresse des Jubilars an. Und betonte: „Die VHS Hochtaunus ist im Netzwerk der Volkshochschulen eine feste Größe. Den Hessischen Volkshochschulverband und die Volkshochschule Hochtaunus verbindet eine gemeinsame Geschichte. Bereits kurz nach dem Zweiten Weltkrieg war der Bund für Volksbildung Oberursel eine von den zwölf neu errichteten Volksbildungseinrichtungen im Land, die der Einladung des Großhessischen Staatsministeriums für Kultus und Unterricht am 23. Juli 1946 nach Frankfurt folgten. Im Anschluss an dieses Treffen wurde am 30. August 1946 die Gründung des ,Großhessischen Landesverbandes für Erwachsenenbildung‘ beschlossen, der später dann zum Volkshochschulverband wurde. Oberursel gehörte bereits damals zu den frühen wegweisenden Volksbildungseinrichtungen in Hessen.“ In siebeneinhalb Sätzen fasste der Festredner die siebeneinhalb Jahrzehnte Volkshochschule im Hochtaunuskreis zusammen: „In den Nachkriegsjahren etablierten die Alliierten mit ihren Reeducation-Programmen die demokratische Bildungsarbeit für Erwachsenen mit Hilfe der VHS. In den folgenden zehn Jahren, den 50ern, wandelte sich die Volkshochschule zum Ort der populärwissenschaftlichen Debatten, Universitätslehrende waren häufig zu Gast in der VHS, die Teilnehmer hießen damals wie an der Hochschule ,Hörer‘, es gab ,Lehrpläne‘, und es wurde eifrig über aktuelle Themen aus Politik, Natur- und Geisteswissenschaften diskutiert. In den 1960er-Jahren nahmen die Sprachkurse Fahrt auf, und der praktische Bezug der Seminare zum Alltag der Bürger kam auf die Agenda. Die wilden 70er waren die Blütezeit der gesellschaftspolitischen, pädagogischen und psychologischen Themen. Im folgenden Jahrzehnt, den 80ern, wurde die VHS zum Ort, an dem sich Deutschland in Sachen Elektronischer Datenverarbeitung erstmals großflächig alphabetisierte, auch Kunst und Kreativität standen hoch im Kurs. In den 1990er-Jahren kam die Gesundheitsbildung mit ihren vielfältigen Bewegungs- und Entspannungsangeboten hinzu. Die Nuller-Jahre standen im Zeichen des neuen Zuwanderungsgesetzes, das die VHS zur größten Deutschlern-Institution unseres Landes veränderte. Im vergangenen Jahrzehnt gestaltete die VHS mit unheimlich großem Engagement die Bildungsintegration von sehr vielen neu zugewanderten Menschen in allerkürzester Zeit.“ Aktuell wurden im Zuge der Pandemie beachtliche Teile des Programms in Online-Lernformate transferiert. Es wurde eine weitere Etappe in der VHS-Geschichte in Gang gesetzt. In den 2020er-Jahren werde es um drei Bildungs-Groß-Themen gehen: „Zusammen in Vielfalt. Nachhaltig. Vernetzt“.

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