Buntes Winter-Wimmelbild beim Lindenbäumchen im Feld

Wunderbarer letzter Tag des Eiswinters: Blauer Himmel, strahlender Sonnenschein und eine riesige „Eispfütze“ haben am Wochenende viele Kinder, Große und Kleine zum Kufenzauber auf die Natureisbahn am alten Lindenbäumchen gelockt. Foto: js

Hochtaunus (js). Der Eiswinter macht kreativ. Eislaufzauber in den Städten gibt es nicht, die örtlichen Weiher, Seen und Teiche sind gesperrt. Die Lust an Bewegung auf scharfen Kufen aber ist natürlich da, wenn es draußen bitterkalt ist, die Sonne scheint und Wasser auf einigermaßen geraden Oberflächen zu Eis gefriert.

Eiswinter! Von Kältehoch „Gisela“ geschenkt. Und nach Giselas Abreise erst richtig angekommen mit klirrender Kälte und strahlend blauem Himmel. Eiswinter, Sonnenschein und bunte Wimmelbilder im Kopf. Mit Musik im Ohr, von kratzenden Kufen, dumpfen Schlaggeräuschen des Eishockey-Werkzeugs, vor allem aber Musik freudig gestimmter Menschen, die sich auf glattem Geläuf tummeln. Es gibt sie noch, diese an alte Brueghel-Gemälde erinnernden Szenen, die auch ein Virus nicht verdunkeln kann.

Keine offizielle Eiszeit dieses Jahr. Nicht beim Bad Homburger „Eiswinter“ im Kurpark am Kaiser-Denkmal neben Brunnenallee und Spielbank. Schon gar nicht auf „Böttchers Eisbahn“ in Dornholzhausen, die ist schon seit 15 Jahren dicht. Alles andere abgesagt im Corona-Winter. „Natureisbahnen“, kleine Seen, Teiche, Weiher, alle behördlich gesperrt. Eine „dringende Warnung“, Eisflächen zu betreten, schickt die für Sicherheit zuständige Bad Homburger Stadträtin Lucia Lewalter-Schoor in die Winterwelt und spricht von „trügerischer Sicherheit“, die manche dünne Schicht vorgaukle. „Die Eisflächen werden auf keinen Fall freigegeben.“

Und doch scharren die Schlittschuhläufer mit den Kufen. Und es gibt sie, solche kleine Coldspots an Orten, an die vor ihrer kurzfristigen Belebung keiner bei Eissport und Spaß gedacht hätte. Irgendwo da draußen im Feld in einer Senke zwischen Oberursel und Bad Homburg, in der sich bei der ersten Schneeschmelze mit Dauerregen eine riesige Pfütze im Wiesengelände aufgestaut hat. Nun ist sie eine traumhafte Natureisfläche geworden, hunderte Quadratmeter groß, genug Raum für ein Wimmelbild mit Kinderlachen und Freude ohne Bande und Regeln. Kein Verbot weit und breit, wer hier einbricht, fällt nur zehn Zentimeter tief. Hochbetrieb herrschte dort am Wochenende und keiner störte den Frieden.

Keine 15 Zentimeter

Die Spielverderber sitzen in den Rathäusern. „Der Magistrat“ steht meist unter der klaren Ansage „Betreten der Eisfläche verboten“. Rund um die zugefrorenen Weiher stehen die Schilder, in Oberursel am „Entenweiher“ neben der Christuskirche im Rushmoor-Park und am oberen Maasgrundweiher, einem in Jahren mit richtigem Winter stets beliebten Treffpunkt von Schlittschuhfreaks und anderen Eisgleitern. „Och nö“, nörgelt der siebenjährige Nick, innerlich schon seit Tagen bereit fürs Eis. Seine Mutter will ihn partout nicht aufs Eis lassen.

Zu Recht, die Sauerstoffzufuhr durch mikrofeine Löcher in Schläuchen unter der Oberfläche zur Aktivierung Schlamm abbauender Bakterien stört beim Zufrieren, die Linien mit den Bläschen sind deutlich zu erkennen. Früher haben die Männer vom Bauhof im Auftrag der Stadt hier in kalten Wintern immer den Bohrer angesetzt, bei etwa 15 Zentimeter Eisdicke wurde der Weiher für Spaß und Wintersport freigegeben. Heute stehen versicherungsrechtliche Argumente über allem, finale Begründung für ein Verbot ist allerorten die Corona-Schlinge. Am Sonntag sind sogar zeitweilig zwei Polizeiautos vorgefahren, um nach dem Rechten auf und rund um den Weiher zu sehen.

Natürlich sind trotz der Verbote überall ein paar Unverfrorene auf dem Eis, Gebrauchsspuren gibt es auf jedem Weiher. Gerne sind kleine Inseln das Ziel der Abenteurer, die Fährten sind deutlich. Nicht auf dem Schlossparkweiher in Bad Homburg vor der pittoresken Kulisse mit dem Weißen Turm als Wahrzeichen der Stadt. „Nein, das war nie üblich“, sagt ein älterer Herr aus der Kurstadt. „Da durften wir auch als Kinder nie drauf, zu gefährlich, hieß es immer.“ Stetiger Wasserzulauf durch den Bach hat es so gefährlich gemacht, nur das liebe Federvieh unter den Trauerweiden am Rand darf zum Tête-à-Tête aufs Eis. „Achtung Lebensgefahr“ wird auf altmodisch designtem Schild gewarnt, auch hier ist das Betreten der Eisfläche verboten.

Schlicht verweist die Kur- und Kongreß-GmbH als Hausherr am See mit Insel im „Kleinen Tannenwald“ und am beliebten Schwanenteich im Kurpark auf die Verbote. Piktogramme für Enten füttern, Eislaufen, Schwimmen sind rot durchstrichen. Wohl zur nachhaltigen Verstärkung machen auch mal schwarz gekleidete Security-Herren die Runde, die am Samstag am Schwanenteich gesichtet wurden. Einsam auf dem Eis eine leere Champagnerflasche. „Wir brauchen Geduld“, sagt Kurdirektor Holger Reuter. „Es tut uns ja leid, aber wir haben keine 15 Zentimeter.“ Selbst wenn sie hätten, sie würden den Teich nicht freigeben. Da ist Corona vor. Niemals würde das Gesundheitsamt ein wie auch geartetes Hygienekonzept durchwinken.

Nur in der Wildnis weitläufiger Feld- und Wiesenlandschaften ist die Freude am Eiswinter ungebrochen. Nicht nur im Wiesengrund zwischen Oberursel und Bad Homburg. Kleine improvisierte Flächen ohne Gefahr für Leib und Leben beim freien Schlittschuhlaufen sind überall zu finden. Kreative Köpfe haben sie gefunden und vor allem am Wochenende mächtig viel Spaß auf dem Eis gehabt.

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