Oberursel (js). Es waren bittere Tage damals, im Januar 1988, als die letzten 40 Arbeiter entlassen werden mussten. Eine ruhmreiche Geschichte, die zu Ende ging, als die Werkstore auf dem Gelände an der Bahnlinie Richtung Frankfurt endgültig geschlossen wurden. Als viele Männer und Frauen ihre Arbeit verloren und auch der Ort Weißkirchen etwas verlor, was viele Jahre zu seiner Identität gehört hatte. Die 1891 in Frankfurt gegründete „Erste süddeutsche Ceresinfarik“, die, gewachsen und erweitert, ihren Sitz 1914 nach Weißkirchen verlegte, war der internationalen Konkurrenz am Markt nicht mehr gewachsen, das Familienunternehmen der „Georg Schütz GmbH“ musste aufgeben. Geblieben bis heute ist neben einigen Resten der Umfassungsmauer am Pförtnerportal der Wasserturm auf der westlichen Flanke des etwa 100 000 Quadratmeter großen Grundstücks.
Als „drittes Wahrzeichen von Weißkirchen“ gilt der Wasserturm. In der Rangfolge noch vor ihm eindeutig an der Spitze die alte Dorflinde, die schon um die 800 Jahre auf dem Buckel hat. Und nur einen kräftigen Steinwurf entfernt die ebenfalls denkmalgeschützte Johanniskirche, in der zur Sommerzeit kulturelle Veranstaltungen stattfinden. Der Turm ist noch jung, verglichen mit den beiden Top-Wahrzeichen. Er stammt aus dem Jahr 1942 und wurde dazu passend 42 Meter in die Höhe gebaut. Er wurde notwendig und zur Auflage gemacht, als sich bei einem Brand 1941 zeigte, dass die Wasserzuführung auf das Betriebsgelände der Ceresinfabrik mit ihrer aufwendigen Herstellung von Kunstharzen, Konservierungsmitteln und industriellen Spezialwachsen auf der Basis von veredeltem schwarzem Erdwachs für den Eigenbedarf und eventuelle Brandbekämpfung nicht ausreichend war. Ein Wachsveredlungswerk, das seinerzeit als größte Ceresinfabrik in Europa galt.
Das Wasser für den Wassersturm stammte aus dem Niederurseler Wasserwerk im Wiesenbereich von Stierstadt. Von dort wurde es eingespeist und über Pumpen hochgedrückt. Ein Behälter mit einem Fassungsvermögen von 80 Kubikmetern Brauchwasser befand sich an der Basis, unterhalb des „Salons“ in luftiger Höhe konnten bis zu 200 Kubikmeter Trinkwasser im Rundum-Becken gespeichert werden. Eine erste Sanierung des Turms war 1977 nötig, 1988 reagierte die Denkmalbehörde schnell und stellte den besonderen Turm unter Denkmalschutz. So hat ihn Mazda Europa ein Jahr später beim Kauf von knapp 70 000 Quadratmetern des ehemaligen Schütz-Geländes für rund 60 Millionen Mark übernommen. Und damit auch die Sorgfaltspflicht für seinen Erhalt, der das Unternehmen nun nachkommt.