Das „Duo Camillo“ zeigt sich spontan und schlagfertig

Als „Duo Camillo“ auf der Bühne: Martin Schultheis (l.) und Fabian Vogt. Foto: gt

Oberursel (gt). Es gab an diesem Abend die Wahl: Man konnte zuschauen, wie die Eintracht 0:3 gegen Lissabon verlor, das neue Apple-Event streamen oder dem „Duo Camillo“ im Rushmoor-Park zuhören. Die letzte Möglichkeit war sicherlich am unterhaltsamsten. Das „Duo Camillo“ das sind Fabian Vogt aus Oberstedten und Martin Schultheis aus Bommersheim – ein musikalisches Paar, das seit 32 Jahren zusammen auf der Bühne steht. Sie feiern mit dem aktuellen Programm „Im Himmel ist ’ne Party“ nun ihr 30-jähriges Bestehen, coronabedingt mit zwei Jahren Verspätung.

Los ging es mit dem Lied „Mittendrin“, und gleich hier versuchte Fabian Vogt das Publikum einzubeziehen. Als dies nicht auf Anhieb klappte, kommentierte er: „Man merkt, viele von euch sind es nicht gewohnt, dass der Fernseher mit euch redet.“ Irgendwann kam auch das Publikum in Fahrt und machte nicht nur bei diesem Lied mit. Zwischen den Liedern erzählten Vogt und Schultheis Geschichten übereinander und aus ihrem Leben. Dabei spielte immer wieder die Coronapandemie eine Rolle, auch als Einleitung zum Lied „Ich will nie wieder spazieren gehen“. Normalerweise redet man darüber, dass zehn Prozent der reichsten Menschen in Deutschland 50 Prozent des Vermögens gehören, nun – so Schultheis – besitzen zehn Prozent der dümmsten Menschen im Land 50 Prozent des Klopapiers.

Neues gab es aus dem Leben von Pfarrer Fabian Vogt zu erzählen, der seit Januar eine Stelle in Berlin angenommen hat. Vor zwei Monaten ist er von Oberstedten aus dorthin gezogen, oder wie Martin Schultheis es nennt: „Er ist pfarrflüchtig geworden.“

Vogt erklärte anschließend im Gespräch mit der Oberurseler Woche, dass er trotz der Entfernung weiterhin mit dem „Duo Camillo“ regelmäßig auftreten werde. Er habe eine Bahncard 100 und könne gut in der Bahn arbeiten, erzählte er. Jedes Jahr soll es weiterhin 40 Auftritte des Duos geben. Schultheis nannte die Stelle in Berlin scherzhaft als „Paradoxe Seelsorge“ – sein Beispiel dazu: Wenn man von Kollegen auf der Arbeit genervt ist und zur Seelsorge geht, die Seelsorgestunde jedoch noch nerviger ist, merke man dabei, dass die Kollegen gar nicht so übel sind. Auch Vogt hat kein Problem damit, sich über theologische Themen lustig zu machen. So auch in seinem Lied „Gott ist eine Frau“.

Aber das Duo hat auch ernsthafte Lieder im Programm, die zum Nachdenken anregen. Eines davon, „Einer hier ist der Messiah“, spielt im Kloster und erzählt, wie es ein besuchender Rabbi mit einem Satz schafft, das Verhalten der Mönche zu ändern. Noch bewegender war die Geschichte von Thomas Alva Edison, dem Brief der Schule an seine Mutter und seinem anschließenden Unterricht zu Hause. Zwar ist laut der Webseite „Snopes“ nur ein Teil der Geschichte wahr, aber die Story des Jungen, der in der Schule nicht klar kam und später zu einem der wichtigsten Erfinder wurde, berührte das Publikum.

Zum Abschluss des Abends wurden Begriffe aus dem Publikum gesammelt, die Fabian Vogt spontan zu einem Lied kombinierte. Sogar der Musikstil und die Tonart durfte das Publikum auswählen, obwohl die vorgeschlagene Tonart F-Dur doch noch als „nicht-christlich“ abgelehnt wurde. Der Grund: F-Dur hat kein Kreuz. Und so kam es, dass das „Duo Camillo“ zu einer Jazz-Melodie über Zombies im Kaufhaus sang, die mit dem Neun-Euro-Ticket auf dem Weg zur Blutspende unterwegs waren, im Pendelverkehr steckten und sich gleichzeitig Gedanken über den Bauwahnsinn, die Energiezulage, den Tankrabatt, Sonnenblumen, Piraten, Schlager, Gänseblümchen, Fahrradfahren und das Gendersternchen machten. Passend zum Fußballspiel fand das „Herz von Europa“ auch Erwähnung, und mit dem Vorschlag „Sundays for Future“ haben sie vielleicht sogar den Titel für ein neues Programm entdeckt.



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