Oberursel (sem). „Wie alt, denken Sie, ist die Herstellung von Mehl?“, fragt Monika Lepold, Getreidetechnologin, in die Runde. Die Schätzung des Publikums liegt zwischen dem dritten und fünften Jahrtausend vor Christus.
Die Geschichte des Mehls ist nur ein Thema, das beim ersten Oberurseler „Brot-Kulturtag“ in den Fokus gesetzt wird. Die Organisatoren, Monika und Thomas Lepold, ebenfalls Diplom-Ingenieur für Getreidetechnologie, haben „schon lange mit dem Thema Brot“ zu tun. „Ursprung war für uns, aufgrund des Studiums, ein gutes, gesundes und heilsames Brot zu backen“, erzählt Monika Lepold. Dabei würden unter anderem auch philosophische Ansätze sowie historische Betrachtungen berücksichtigt. Mittlerweile habe man sich als Bäckerei positioniert. So entwickelte das Ehepaar Lepold zum Beispiel ein Backferment, das ohne den Zusatz von Backhefe auskommt.Da sie dadurch zwar viel Kontakt zu Bäckern, aber nur wenig mit den Endverbrauchern hätten, sei die Idee des „Brot-Kulturtages“ entstanden.
An diesem Tag können sich Interessierte in der Alten Apotheke eine Brotausstellung ansehen, sich am Büchertisch informieren und im „Brot-Café“ an einer Verkostung teilnehmen. Des Weiteren werden drei verschiedene Veranstaltungen angeboten. Beim Vortrag „Vom Korn bis zum Brot“ berichtet Monika Lepold von der Historie des wichtigen Lebensmittels. Und es ist eine lange Geschichte. Denn der Mensch habe – zum Erstaunen der Zuhörer – bereits vor 30 000 Jahren mit der Mehlproduktion begonnen. Dies belegten neuste Forschungsergebnisse von Anne Revedin. Die Darstellungen von Monika Lepold verweisen auf unbekannte Seiten des alltäglichen Nahrungsmittels. Denn welcher Endverbraucher weiß schon, dass der russische Botaniker und Genetiker Iwan Wawilow für seine Theorie von den geographischen Genzentren der Kulturpflanzen im stalinistischen Russland zum Tode verurteilt wurde? Diesen Umstand hat sicher niemand vor Augen, der eine Bäckerei betritt.
Bei der Backvorführung „Das ideale Brot“ bekommt das Publikum Einblick in einen Backvorgang, wie es ihn sonst nicht erhält. Einen ebenso ungewöhnlichen Blickwinkel auf das ansonsten gewöhnliche Backwerk gibt die „Brotmeditation“, die Monika Lepold als realitätsorientierte Vorstellungs- und Empfindungsübung mit einem gewählten Inhalt beschreibt. In diesem Fall ist der Inhalt, sich das Getreidewachstum in Verbindung zu den vier Elementen, Feuer, Wasser, Luft und Erde empfindungsmässig zu vergegenwärtigen. Nach diesem Tag steht fest, dass Brot nicht nur gesund und lecker, sondern auch durchaus spannend sein kann.