Frischer Wind im Saal bei „Symphonie des Augenblicks“

Sie sorgen für Action auf der Bühne (v. l.): Amy Wappler, Robin Sommer, Isabell Reiter und Marc Wappler. Foto: bg

Oberursel (bg). Kaum zu glauben, aber im Gemeindezentrums St. Crutzen wurde tatsächlich Theater gespielt. Aufgeführt wurde „Die Symphonie des Augenblicks“, Untertitel „Eine Komödie“. Verfasst wurde das Stück von Marie-Luise Ette, die auch Regie führte. Für den großen Auftritt vor Publikum probt das sechsköpfige Ensemble bereits seit Juli. Wegen der Corona-Auflagen erst mal getrennt und nach den Lockerungen dann gemeinsam im Ferdinand-Balzer-Haus.

Zuschauer waren nur sehr sparsam zugelassen. Insgesamt durften nur 31 Stühle im Gemeindesaal mit Abstand platziert werden. Da saßen nun die Theaterfreunde, verpackt in ihren warmen Jacken, denn es wurde kräftig gelüftet, bevor die Aufführung begann. Die Freude bei allen Akteuren, dass sie trotz wieder steigender Fallzahlen vor Publikum spielen konnten, war groß. Sie hatten viel Zeit und Energie in das Projekt gesteckt. Das betonte auch die Regisseurin. „Wir mussten einiges umstellen, um den Auflagen gerecht zu werden. So kann zum Beispiel die geplante Kuss-Szene nur angedeutet werden“, erzählte sie. Und weiter: „Wegen des Durchlüftens werden wir zur Halbzeit eine Pause einlegen“. Dann wurden die Fenster geschlossen, die Vorhänge zugezogen, am Mischpult ließ Matthias Nitsch den Gong ertönen, das Spiel konnte beginnen. Auf der Bühne standen zwei Paravents für die Auf- und Abgänge der Personen. Requisiten wurden während des Spiels von den Akteuren auf- und abgebaut.

Alles dreht sich um einen jungen Mann namens Christian, dargestellt von Robin Sommer, der sich gekonnt schüchtern und verlegen in Szene setzen kann. Man weiß nicht so recht, ist er auf dem Weg zu sich selbst oder was ist wirklich mit ihm los. Nach seinen Angaben ist er eigentlich ein ganz gewöhnliches Kind mit einer ganz gewöhnlichen Familie, dessen Leben auf einmal durcheinandergewirbelt wurde durch den mysteriösen Tod seiner Eltern. Er hat Erinnerungslücken.

Das Spiel im Spiel

Auf der Bühne spielen sich unterschiedliche Szenen ab. Das junge Ensemble agiert mit großer Spielfreude. Isabell Reiter als Lehrerin, Kundin, Arzt, Marc Wappler als Schüler, Freund, Bösewicht und Amy Wappler als Schülerin und Emilia. Sie sind im Einsatz in der Schule, im Coffee-Shop einer bekannten Kaffee-Kette aus Amerika, beim Schachspiel mit einem Freund, beim Arzt, in einer Klinik. Christian erlebt seltsame Dinge, er wird verfolgt, er verliebt sich, die Ereignisse folgen Schlag auf Schlag. Angefeuert durch die zweite Ebene des Stück.

Während des laufenden Spiels sitzen im Vordergrund am Tisch Annette Stieniczka als Chefin Britta und Monika Witt als Mitarbeiterin Anna. Beide sind für Aufführungen des Theatervereins schon in viele Rollen geschlüpft und standen schon oft auf der Bühne. Sie sind auch bei dieser Produktion wieder mit Leib und Seele im Einsatz. Gerade bearbeiten sie das Stück, das gerade aufgeführt wird, sozusagen direkt am Herzen. Ihr Ziel: aus dem eher introvertierten – viel zu langweiligen – Werk einen dem „Mainstream“ angepassten Knaller mit Superhelden, Monstern zu machen, das ordentlich fetzt. Denn dafür gibt es richtig viel Kohle. Die Zeit ist knapp, das umgeschriebene Drehbuch aus der Feder des Produzentensohns Krychinski muss am nächsten Morgen vorliegen.

Bemerkenswerte Aufführung

Eigentlich hatte sich Anna auf einen gemütlichen Abend zu Hause gefreut. Sie führt das anschaulich vor, singt verträumt „Bitch, ich bin für dich den ganzen Weg gerannt, den ganzen Weg alleine“ der Indie Pop-Band „Von wegen Lisbeth“ aus Berlin vor sich hin, als plötzlich ihre Chefin Sturm klingelt. Anna ist deutlich genervt von der Situation, macht sich eher widerwillig ans Werk, während Chefin Britta, immer empört und aggressiv, den Ton angibt. Unterstützt von viel Wodka machen sich die beiden ans Werk. Und so überzeugend wie Annette Stieniczka ein Glas nach dem anderen herunterkippt, so schön wankt sie zum späteren Zeitpunkt der Toilette entgegen. Während Christian sich endlich ein Herz gefasst und seine Herzensdame Emilia angesprochen hat – wunderschön wie die beiden sich gemeinsam anhimmeln und anschweigen –, stellen die beiden Damen die Handlung schon wieder völlig auf den Kopf. Wie soll das Ganze enden und was sind sie bereit, für Geld alles zu tun?

Das kurzweilige Stück war nach gut eineinhalb Stunden mit Pause zu Ende. Die begeisterten Zuschauer bedankten sich mit lange anhaltendem und stürmischem Applaus für eine bemerkenswerte Theateraufführung, gestemmt in schwierigen Corona-Zeiten.

Zum Ensemble gehörten: Monika Witt als Anna, Annette Stieniczka als Britta, Robin Sommer als Christian, Amy Wappler als Emilia und Isabell Reiter und Marc Wappler in mehreren Rollen. Als Souffleusen wirkten Anette Hack und Cornelia Rauscher. verantwortlich für die Maske war Christine Bandy, für Licht und Ton Sven Hochwitz, Matthias Nitsch und Hagen Geitner,

Weitere Aufführungen sind geplant für Samstag, 24. Oktober, um 19.30 Uhr und Sonntag, 25. Oktober, um 17 Uhr im Gemeindezentrum St. Crutzen in Weißkirchen, Bischof-Brand-Straße 13. Der Eintritt kostet zehn Euro. Anmeldung mit Kontaktdaten per E-Mail an info[at]theatervereinoberursel[dot]de.

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