Für ein paar Stunden im Rausch der Flower-Power-Zeit

Fast 60 Jahre nach der Uraufführung macht das Love-and-Peace-Spektakel „Hair“ heute in der Taunushalle ebensoviel Spaß wie damals in den Musiktheatern auf den Broadway. Foto: jbr

Oberursel (jbr). Flower Power, Peace and Freedom, Hippies… man fühlte sich schon am Eingang der Taunushalle in die 60er-Jahre zurückversetzt. Ein halbes Jahr hatten die Sänger und Instrumentalisten der Musikschule Oberursel für ihr Programm geprobt, Texte auswendig gelernt, und sie krönten das Projekt rund um den Musical-Klassiker „Hair“ nun vielmehr mit einer rauschenden Party als mit einem Konzert im eigentlichen Sinne.

Anstatt des sonst üblichen Fracks trugen die Mitglieder des „Mixed-Generation-Orchestras“ bunte Hemden, farbenfrohe Sonnenbrillen und Bandanas, und der Dirigent Peter Majer reckte dem Publikum auf dem Weg zu seinem Pult lässig den Arm mit der Peace-Geste entgegen. Ein schneller Beat kam schon zum Opener vom Schlagzeug, mit dem das Blasorchester mit Mitgliedern zwischen zwölf und 70 Jahren jedoch locker mithielt. Von Beginn an war die Stimmung im vollen Saal der Taunushalle ausgelassen. Die Zuhörer schienen schnell in Feierlaune gekommen zu sein.

Auch der Projektchor unter engagierter Leitung von Marleen Hornung, deren Geduld und musikalisches Feingefühl jetzt sichtbare Früchte trug, trat unter einem großen, wattigen Peace-Zeichen auf, gehüllt in weite, blumige Hemden und Blusen, Sonnenbrillen im Elton-John-Look – eben so, wie es damals zur Zeit der Hippiebewegung gewesen ist.

Auf dem Programm standen nun die besten Songs aus dem aufregenden und bewegenden Musical, das später auch von Miloš Forman verfilmt wurde, dessen Handlung einige Chormitglieder auch mit kurzen Wortbeiträgen dem Publikum noch einmal in Erinnerung riefen – nur, falls sich nicht mehr alle erinnerten.

Befreit und ganz „beseelt im Hier und Jetzt“, die Hände zum Himmel gereckt tanzend, eröffneten die Sänger das Konzert mit „Aquarius“. Mit Enthusiasmus und sichtbarer Freude brachten die rund 30 singenden Projektbeteiligten in Begleitung des Blasorchesters die Oberstedter Mehrzweckhalle zum Klingen.

Und obwohl natürlich die Freude an der Musik im Vordergrund stand, zeigten Sänger und Bläser großes Potential und ansteckende Dynamik, welche die Zuhörer besonders zum Ende des Konzerts zum Mitklatschen- und Tanzen animierte.

Änne Haas, Cornelia Schelhorn und Ian Rubik bewiesen dazu besonderen Mut, indem sie Soloparts der ursprünglich von den Protagonisten des Musicals gesungenen Songs übernahmen. „Frank Mills“, „Donna“ und „I Got Life“ handeln von Liebe, Sehnsucht und der Rebellion gegen ein Establishment alter, weißer Männer. Die Solisten spiegelten in ihrem Gesang die exakt richtige Stimmung der thematischen Vielfalt der verschiedenen Lieder wider, unterstützt vom Rest des Ensembles, welcher, wenn gerade nichts zu singen war, notfalls auch mit authentisch benebelten Gesichtsausdrücken über die Bühne lustwandelte oder auf dem Boden herumlag.

Mitreißend, thematisch brandaktuell und schön zum Zuhören – Zweck erfüllt! Das viele Proben hatte sich gelohnt und sowohl die Mitwirkenden als auch ihr Publikum hatten riesigen Spaß mit den Hits eines der erfolgreichsten Musicals der 60er-Jahre.



X