Gruselige Gestalten geistern durch die Stadt

Gruselkobold Hilde (2) und Gruselprinzessin Ella (5) finden das Kürbisschnitzen im Hof des Brauhauses fürchterlich schön. Foto: pit

Von Petra Pfeifer

Oberursel. Schrecklich schön und gar nicht eklig! fokus O. und die Oberurseler Einzelhändler haben den Bogen raus, wie Halloween herrlich schaurig und publikumswirksam gestaltet werden muss, damit der Strom der Besucher am jeweils letzten Samstag im Oktober stimmt. Und die Kinder hatten mal wieder ihre helle Freude.

„Eigentlich stellen wir nichts anderes her, als das, was wir sonst auch verkaufen“, lacht Andreas Ruppel, der in diesem Jahr 38 unterschiedliche leckere Halloween-Produkte in seiner Backstube erdacht und hergestellt hat – und damit noch zwei mehr als 2018. Der Zulauf und vor allem das „Ah!“, „Oh!“ und „Hihi!“ will den ganzen Tag nicht abreißen. Mit sichtlicher Freude und verständlichem Stolz präsentiert er den Liebhabern ungewöhnlicher und durchaus witziger Gebäckstücke „Blutboller“, „Vampir“-Berliner oder Baiser- und Muffin-Geister. Auch ein Hexenbesen lässt sich in den Regalen hinter dem Tresen entdecken: „Das ist eigentlich ein ganz normales Franzosenbrot“, schmunzelt Andreas Ruppel, der mit dieser Aktion ganz nebenbei eine ganz simple Werbebotschaft transportiert: „Eine solche Produktionsumstellung kann nur ein Handwerksbetrieb ‚einfach mal so‘ machen.“

Doch das ist nicht das Einzige, was ihn umtreibt. Vor dem Ladenlokal hat er auch eine Reihe nachgeahmter Grabmale an Strohballen gelehnt, die auf die allmählich aussterbende Rasse „Einzelhandel“ aufmerksam machen – das ist echt gruselig. Vor allem in Hinblick darauf, dass die bevorstehende Schließung der Firma Rompel beschlossene Sache ist und es somit mal wieder ein Traditionsunternehmen weniger in Oberursel geben wird.

Süßes oder Saures

Die vielen Kinder allerdings, die an diesem Tag durch die Vorstadt und die angrenzenden Gassen ziehen, können und müssen sich damit nicht auseinandersetzen. Sie und alle Mitwirkenden haben an diesem Samstag einzig ihren Spaß vor Augen und so sollte das ja auch sein. „Süßes oder Saures“ lautet die verheißungsvolle Devise an insgesamt zwölf Stationen.

Im Tabak-Carree-Rhode empfangen Katharina Rhode und Jessica Scharpenberg die jungen Besucher und überreichen ihnen altersgerechte Suchbilder, in denen sie die Fehler entdecken müssen. Erst dann gibt es einen Stempel in die Laufkarte, mit der sie – wenn sie alle Stempel enthält – an der anschließenden Tombola teilnehmen können. „Es läuft gut und macht unheimlich viel Spaß“, lacht Katharina Rhode mit sichtlicher Begeisterung über den fürchterlichen Trubel. Immerhin haben sie und ihre Mitstreiterin schon jede Menge Blätter austeilen können, und sie ist sicher: „Wir werden bestimmt die 430 vom vergangenen Jahr noch toppen.“

„Hui Buh, das Schlossgespenst geht um“, ertönt derweil vor dem großen Schaufenster von „Artiqum“ aus Lautsprecherboxen. Hier wurden Tische und Bänke aufgestellt, an denen die zahlreichen jungen Hexen, Teufel und Vampire schauerliche Gruselbilder malen können. Nur wenige Meter entfernt stehen ihre spukenden Kameraden regelrecht Schlange, um im Nullkommanix einen Hexenturm aus Bauklötzen zu bauen. Und noch ein paar Schritte weiter sind sie beim Oberurseler Brauhaus an der richtigen Adresse angelangt, um beim Kürbisschnitzen teilzunehmen. Spätestens dort wird klar: Nicht nur die Kinder finden, dass „Oberursel spuuukt…“ eine tolle Aktion ist. Mütter und vor allem Väter lassen es sich nicht nehmen, ihren Sprösslingen hilfreich zur Seite zu stehen, wenn doch mal etwas mehr Kraft in Händen und Armen erforderlich ist als „nur“ beim Entfernen der Kerne oder des Fruchtfleischs.

Kürbis, Kinder-Katzenstreu

Schlangestehen heißt es auch bei Bernd Steinecker, der in dem Geschäft, in dem er normalerweise mit Betten und Gardinen handelt, eine riesige historische Waage mit einem eindrucksvollen Kürbis darauf installiert hat. Weil das Gewicht der großen Frucht geschätzt werden soll, ist die Waage selbstverständlich nicht aktiviert. Interessant also die Methoden der Schätzung, die zumeist von den Erwachsenen angewandt werden, die Vergleiche mit dem Gewicht der Kinder oder der Packung Katzenstreu, die sie regelmäßig haben. Auf jeden Fall können sich diejenigen, die den tatsächlichen 24,5 Kilogramm am nächsten kommen, freuen, denn für sie gibt es neue Bettwäsche samt Kissen auf Kosten des Hauses Steinecker. Bernd Steinecker wird da einiges zu durchforsten haben, denn er hat nicht weniger als 350 Tippzettel verteilt.

Überaus fröhliche Stimmung herrscht auch bei den Akustikern von Pavel Hörgeräte. Dort sollen kleine Reifen über spitze Hexenhüte geworfen werden: „Es ist unheimlich schön! Wir sind das erste Mal mit dabei, und es macht riesig viel Spaß“, versichert Filialleiterin Sandra Heere lachend. Ebenso zufrieden ist Heiko Scholl von City Zweirad. Zwar liegt sein Ladenlokal etwas abseits der anderen Unternehmen, aber die Laufkarte gibt den Teilnehmern den Weg vor, sodass er feststellt: „Die Aktion an Halloween bringt innerhalb viel weniger Stunden mehr Frequenz als ein gesamter verkaufsoffener Sonntag.“ Denn nach dem „offiziellen“ Ladenschluss hätten er und sein Team lediglich zwei bis drei Stunden an die normalen Öffnungszeiten drangehängt und seien in dieser Zeit gespenstig oft heimgesucht worden: „Eine gigantische Frequenz.“

Gespenstisch frühes Ende

Groß ist der Ansturm auch, als fokus-O.-Eventmanagerin Brigitte Zimmermann, Andreas Ruppel und Alexander Weisel zur Verlosung schreiten. In die hölzerne Tonne sind alle Teilnehmerzettel gekommen, die Stempel von allen zwölf Stationen hatten – und großzügiger Weise auch welche, die zwei weniger trugen. Denn zur Enttäuschung aller Beteiligten hatten sowohl „Intersport Taunus“ nach Ladenschluss als auch das Oberurseler Brauhaus nach dem allzu frühen Verebben der Kürbisse ihre Stempelstationen geschlossen. Zum Glück der Kinder, die diese beiden Nachweise nicht mehr erbringen konnten, zeigten sich die Veranstalter großzügig und nahmen ihre Zettel trotzdem in die Lostrommel auf. Trotzdem: „Wir werden darüber in der nächsten Versammlung sprechen müssen“, meinte Andreas Ruppel.

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