Oberursel (bg). In der Christuskirche brachte Philipp Schreck die große Orgel ins Schwingen. Mit seinem anspruchsvollen Spiel verzauberte er die Zuhörer. Es war eine Freude, dem Spiel des jungen Mannes, der an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt Kirchenmusik studiert, zu lauschen. Er war mit Leib und Seele am Werk. Seit vier Jahren ist er als Organist nicht nur in den evangelischen Kirchen in Oberursel im Einsatz und dabei gerade 22 Jahre jung. Musik begleitet ihn seit vielen Jahren und ist sein Lebenselixier. Geboten wurden in diesem Orgelkonzert am Sonntagabend außer dem bekanntesten Orgelwerk von Johann Sebastian Bach, der Toccata d-Moll BWV 565, im Beethoven-Jahr, dessen Feierlichkeit wie so viele der Corona-Pandemie zum Opfer fielen, dessen bekannte Mondscheinsonate. Ein großer Genuss waren im weiteren Verlauf des Konzerts die herrlichen Improvisationen über das bekannte Kirchenlied „Nun danket alle Gott“ aus der Feder des Geistlichen Martin Rinckar. Der junge Orgelspieler interpretierte dabei virtuos den Choral im Stil verschiedener Komponisten. Angefangen von Bach, über Mozart, Brahms, Chopin bis zu Dupré.
Filmmusik auf der Orgel
Der Soundtrack bekannter Film- und Musicalmelodien, gespielt auf einer alten Kirchenorgel, konnte das gutgehen? Es passte hervorragend zusammen. Die Klangfülle, die Philipp Schreck mit seinem handfesten, sorgfältigen, aber auch sehr einfühlsamen Spiel der Orgel entlockte, war unglaublich. Bei „He’s a Pirate“ aus dem „Fluch der Karibik“ schwamm man förmlich auf dem stürmischen Wellenklangbad mit. Poetisch-romantisch auch das zu Herzen gehende Stück aus dem Musical „König der Löwen“, „Can You Feel The Love Tonight“. Ganz unverfroren kam das „Let It Go“ aus der „Eiskönigin“ daher, und bei Star-Wars-Melodien fühlte man sich in die unendlichen Weiten des Weltalls versetzt. Und erst die Zugabe! Ganz locker, frech und heiter erklang „Always Look On The Bright Side Of Live“ aus dem Film „Das Leben des Brian“.
Es gab stürmischen Applaus für den jungen Musiker, der sich viel vorgenommen hat. Er geht das Gesamtwerk für Orgel von Johann Sebastian Bach an. Das erste Konzert findet am Sonntag, 23. August, im 17 Uhr in der Christuskirche statt, gab er bekannt. Bach hat über 200 Werke für die Königin der Musikinstrumente komponiert. Philipp Schreck wird alle einstudieren und sie jeweils samstags, vor der üblichen Wochenschlussandacht sukzessive erklingen lassen. Mit diesem ehrgeizigen Vorhaben wäre die Christuskirche die dritte evangelische Kirche in der Hessen und Nassau, die alle Bach’schen Orgelkompositionen aufführen wird.
Orgelreinigung steht an
Das Konzert kostete keinen Eintritt, aber am Ausgang wurde um Spenden für die Orgel gebeten, die dringend einer Überholung bedarf.Dazu erläutert Kantorin Gunilla Pfeiffer, die den jungen Organisten unter ihre Fittiche genommen hat, dass die Orgel in den nächsten Jahren musikalisch sehr im Mittelpunkt stehen werde. Sie plant – sobald es die Coronasituation zulässt – Konzerte, in denen die Orgel eine wichtige Rolle übernimmt.
Die jetzige neobarocke Orgel in der Christuskirche wurde 1965 von der Firma Hillebrand gebaut. Mit ihren drei Manualen, 37 Registern und über 200 Pfeifen gehört sie schon eher zu den größeren Orgeln im Umkreis. Bei ihrem Einbau durfte das Orgelprospekt (Gehäuse) aus Denkmalschutzgründen nicht allzu sehr verändert werden. Beim Bau der Christuskirche 1913/1914 war von Anfang an an prominenter Stelle eine Orgel geplant und eingebaut worden. Dabei handelte es sich um eine romantische Walcker-Orgel. Orgeln müssen allen 15 – 20 Jahr komplett ausgeräumt und gereinigt werden. Eine solche Grundreinigung steht nun dringend wieder an. „Nun kommt hinzu, das inzwischen auch einige Teil der Orgel einfach nicht mehr so gut funktionieren, das sind ganz normale Abnutzungserscheinungen“, berichtet die Kantorin. „Tatsache ist: Das wird viel Geld kosten. Zur Zeit sind wir mit Orgelbausachverständigen und Orgelbauern am Planen, welche Möglichkeiten wir haben.“