Hundert Hände bauen aus tausenden Legosteinen eine Stadt

Wenn 100 Kinderhände mit Unterstützung ihrer Betreuer anpacken, wächst die Lego-Stadt im Nu. Beim gemeinsamen Bauen sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Foto: Theuner

Oberursel (sth). 800 Kilogramm Lego, über 100 000 Steine – da lässt sich einiges mit anfangen. Das dachten sich auch Vertreter der Freien evangelischen Gemeinde Oberursel (FeG) und luden 50 Kinder zwischen sieben und zwölf Jahren zum gemeinsamen Bauen ein. Entstanden ist innerhalb von anderthalb Tagen eine beeindruckende Lego-Stadt.

Schwer beschäftigte Baumeister lassen sich nur ungern stören. Schließlich ist höchste Konzentration gefragt. Wenn die Kirche, häufig Wahrzeichen, meist geschätzter Rückzugsort einer jeden Stadt, immer weiter in die Höhe wächst, muss jeder Stein sitzen. Die Arbeiten befinden sich bereits auf der Zielgeraden, nur das Dach muss noch gefertigt werden. Aus den großen Sammelbehältern werden daher immer wieder Schalen mit vielen kleinen roten Steinen herangeschafft.

Das Baumaterial droht trotz der imposanten Größe der Kirche vorerst nicht knapp zu werden. Die Bauleiter haben vorgesorgt. Über 100 000 Legosteine stehen den Kindern am Freitagnachmittag und den gesamten Samstag über zur Verfügung, um eine eigene Legostadt zu errichten. Gekommen waren sie auf Einladung der FeG Oberursel. Diese hatte die „Lego-Bautage“ im Gemeindezentrum in Bommersheim ausgeschrieben. An zwei Tagen bauten und werkelten die Kinder an Kirche, Hotel und Rathaus, sowie an ihren eigenen Traumhäusern – alles, was eine Stadt eben so braucht. Feierlich eröffnet wurde die Lego-Stadt am Sonntag im Rahmen eines Familiengottesdienstes. Gleichzeitig wurde die Einweihung zur Wahl der Bürgermeister genutzt – welche freilich aus dem Kreis der kleinen Baumeister kamen.

„Es klappt überraschend gut“

Nadine Crüger hat die Bau-Tage mitorganisiert. Die Idee war ihr durch ihren Sohn gekommen, der schon einmal an einer ähnlichen Veranstaltung teilgenommen hatte. Ungewiss, wie die Premiere unter eigenem Dach laufen wird, zeigt sie sich am Samstagnachmittag gemeinsam mit der Gemeindereferentin für Kinder- und Jugendarbeit Hanna Günther hocherfreut: „Es klappt überraschend gut, die Kinder sind voll dabei.“ Sogar der Lärmpegel hält sich trotz 50 Baumeister in Grenzen. Die Kinder sind total auf ihre Lego-Werke fokussiert. Bei einer solchen Arbeitsmoral wächst die Stadt rasant. In der Mitte des Gemeinderaumes ist längs eine riesige Legoplatte mit markiertem Straßennetz ausgelegt, rechts und links der Fahrbahn wird ein fertiges Gebäude nach dem anderen gesetzt.

Sofort ins Auge fällt der riesige Aussichtsturm, das höchste Bauwerk der Stadt, für welches wohl einer der Frankfurter Bankentürme als Vorbild gedient hat. Das Rathaus steht dem Spitzenreiter in Sachen Höhe nicht viel nach. Doch die Kids können nicht nur Wolkenkratzer, sie zeigen auch ein feines Gespür für liebevolle Details. Stolz präsentieren Patrick und Mylo, beide neun Jahre alt, das Hotel der Stadt, in dessen Bau sie gemeinsam mit zwei Kollegen mehrere Stunden investieren mussten. Gelbe Fasade, rote Fenster – und in jedem der neun Stockwerke drei Balkone, von welchen lustige Gestalten auf die Stadt herunterblicken.

Von dort sehen sie unter anderem den Skatepark und das Freibad – beide gut besucht von sportlichen Lego-Kameraden. An die 20 Betreuer kümmern sich an dem Wochenende um die kleinen Baumeister. Für Getränke und Snacks ist stets gesorgt, am Samstag gibt es ein gemeinsames Mittagessen. Wird die Bauphase vom Klingen der Glocke unterbrochen, dürfen die Kinder die Baustelle für eine Weile hinter sich lassen. Dann wird zusammen gesungen und gebetet, bevor es mit voller Kraft wieder an die Erweiterung der Stadt geht.

Als Orientierung dienen den Kids Fotos einzelner Bauabschnitte der jeweiligen Gebäude. Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung gibt’s jedoch nicht, was das Bauen sowohl für die Kinder als auch für die Betreuer zu einer echten Herausforderung macht. Gleichzeitig sehen Crüger und Günther hierin den Sinn der Sache: Gemeinsam im Team sollen die kleinen und großen Hürden eines jeden Hausbaus gemeistert werden. Gleichwohl tummeln sich unter den Kids eine Menge Freigeister, die sich ihrem eigenen Traumhaus widmen. Die siebenjährige Eva und der achtjährige Bruno hatten zuvor schon bei anderen Gebäuden mitgeholfen. Wenn sie ihrer Kreativität beim Bauen nach eigenen Vorstellungen freien Lauf lassen können, haben sie jedoch besonders viel Spaß. Dank der vielen Steine könne man hier „total viel machen“, freut sich Eva.

Die Begeisterung steht einem jeden der kleinen Baumeister förmlich ins Gesicht geschrieben. Das gemeinsame Bauen schweißt zusammen, die fertigen Werke lassen stolze Kinderaugen und glückliche Betreuer zurück. Die Stadt muss nach der Eröffnung wieder abgebaut, die Steine müssen zurückgegeben werden. Neben den positiven Erfahrungen der ersten Lego-Bautage der FeG Oberursel vielleicht ein zweiter Grund für die Betreuer, zukünftig erneut Bauaufträge zu vergeben.

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