Knallbunt statt Schwarz-Weiß

Die stimmgewaltige Performance des Oberurseler Musical-Ensembles „Voice:Ten“ begeistert das Publikum in Oberstedten mit einer turbulenten Sound-and-Light-Show und einer klugen Botschaft. Foto: sura

Von Anne-Katrin Sura

Oberursel. Wie schön wäre eine Welt, in der Menschen nicht gegeneinander kämpfen, sondern miteinander leben, eine bunte Welt, in der die Liebe siegt, nicht der Hass. Im Musical „SchwarzWeiß“ in der Inszenierung von Peter Bohländer und Markus Oeffinger, der als schwarzer König Richard die Vision von einer besseren Welt hat, geht es drunter und drüber.

Mit viel Humor und Klamauk, aber auch nachdenklichen Momenten und vor allem tollem Gesang wird dem Publikum in der Tau-nushalle Oberstedten eine fulminante Performance geboten. „Was wäre, wenn wir alle gemeinsam spielen?“, so fragt der schwarze König. Sein Gegenspieler, der weiße König Wilhelm (Robert Hohmann mit launigem Wiener Dialekt) versteht zunächst nichts. „Bist deppert?“ Schließlich sei Schach ein Spiel der Logik und der Strategie – und das seit über 1500 Jahren. Selbst in einer Demokratie sollten nicht ständig alle „mittratschen“, sondern die Regeln befolgen, so lautet das Verdikt des weißen Königs. Doch die schwarzen und weißen Schachfiguren scheinen mit der verkrusteten Struktur unzufrieden zu sein.

Es sieht so aus als wollten sie aus den alten Rollen ausbrechen. So träumt der weiße Turm (Volker Neuenburg) von einer Karriere als Zahnarzt – ganz in Chirurgengrün. Unter professioneller Führung der Diplom-Psychologin (Kerstin Ostermaier ganz in Rot), die außerdem Life-Coach und Autorin ist, autoritär und doch mit großem Verständnis für alles Menschliche, soll die Verbrüderung mit allerlei Team-Übungen und wissenschaftlichen Erklärungen gelingen.

Die zehn Sänger sind stimmlich und choreografisch bestens trainiert und textsicher – sogar auf Englisch. Die Disco-Atmo mit rotierenden Scheinwerfern zu rockigen Beats und viel (!) Nebel – der Technik von Jochen Strunk sei Dank – ist mitreißend und macht gute Laune. Das zahlreich erschienene Publikum ist an diesem Abend zum größten Teil Schwarz, Weiß und auch bunt gekleidet und klatscht und singt nach Herzenslust zu den bekannten Songs mit.

Die Frauenpower auf der Bühne ist nicht nur gesangstechnisch, sondern auch schauspielerisch überwältigend. Musical-Hits aus „Moulin Rouge“, „The greatest Showman“, „My fair Lady“ und „Chicago“ werden von der schwarzen Königin (Julia Müller) ebenso gemeistert wie von der weißen Königin (Julia Oeffinger), die ihre Emotionen in verschiedenen Stimmlagen ausdrücken, begleitet von Monika Krick und Ella Oeffinger. Die Damen lassen sich nicht unterkriegen, und so zeigt die kecke schwarze Läuferin (Monika Krick) als Influencerin auf Tiktok, wie man unliebsame Kerle wieder loswird. Am Ende sind es die Frauen, die zusammenhalten und das Motto im Schach, das „Gens una sumus“ (wir sind eine Familie) herbeiführen. Viele Lacher bekommt der weiße „Läufer“ (Alexander Albert), mit Migranten-Slang: „Bruder, ich küss dein Herz“ und der „kein Bock“ auf das Chaos und die Unzufriedenheit in der Gruppe hat und nach Bangkok zu seinem Kumpel abhaut. Neben „krassem“ Slang singt er in akzentfreiem Englisch den Ohrwurm „One Night In Bangkok“ von Murray Head und holt die Zuschauer aus der allerletzten Reserve. Die Psychologin ruft bei so viel Reiselust und Eigensinn zur Ordnung und hat wieder einmal eine gruppendynamische Übung parat, damit „alle mal raus aus dem Wettmodus“ kommen. Ihr kluger Rat: „Ihr müsst zusammenbleiben, wenn ihr was ändern wollt.“ Am Ende siegen Liebe und Freundschaft auf der Bühne. Beim großen finalen Medley zu „All You Need Is Love“ fliegen den zehn Darstellern von „Voice:Ten“, vor fast 25 Jahren gegründet, die Herzen zu. Die kluge Botschaft: „Das Leben kann so viel schöner sein, wenn man sich respektiert.“

Projektleiter Harald Strub vom Kultur- und Sportförderverein Oberursel (KFSO) gratulierte zum erfolgreichen Auftritt und lud die Zuschauer zu weiteren Veranstaltungen im Sommer im Zelt der Begegnung an der Klinik Hohe Mark ein:



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