Warum kommt Wasser aus dem Hahn?

Henry Oestreich, Leiter des Technischen Betriebshofs der Stadtwerke (hellblaues T-Shirt), erklärt den Teilnehmer der Wasserwanderung die Entsäuerungsanlage Hohemark. Foto: Semeras

Von Julia Semeras

Oberursel. Woher kommt eigentlich unser Wasser? − Aus dem Wasserhahn… Ja genau. Doch wie gelangt es dorthin? Zahlreiche Erklärungen finden sich dazu im Internet. Vermutlich gibt es dazu auch eine Folge von „Die Sendung mit der Maus“. Doch wer genauer wissen und vor allem erleben will, der hatte die Möglichkeit, an einer der beiden „Wasserwanderungen“ der Stadtwerke Oberursel teilzunehmen.

Bereits Tage vorher waren beide Termine ausgebucht. In einem kleinen Bus werden die Teilnehmer vom Treffpunkt am Wasserhochbehälter Borkenberg zur Entsäuerungsanlage Hohemark (ESA) gefahren. Nach Besichtigung der ESA geht es zu Fuß über das Pumpwerk Hohemark wieder zurück zum Wasserhochbehälter Borkenberg, wo die Wasserwanderungen enden.

Aufmerksam hören die über 20 Wanderer den Ausführungen von Henry Oestreich, Leiter des Technischen Betriebshofs der Stadtwerke, zu. Er erläutert an der ersten Station, der ESA Hohemark, deren Funktionsweise: „Wir sind da, wo unser Wasser beginnt.“ Die Ultrafilteranlage entfernt kleinste Partikel, die nicht im Wasser sein sollen, bis in den 0,0001-Millimeter-Bereich. Dafür sorgen unter anderem vier große Filter, die von den Besuchern genauer betrachtet werden.

Bakterien im Rohrsystem

Wer bei der Wasserwanderung mit dabei ist, interessiert sich für das Thema. Und so werden auch viele − teils sehr spezifische − Fragen gestellt. Zum Beispiel, wie viele Liter pro Stunde die Anlage verarbeitet. „In diesem Moment sind es 52 Kubikmeter pro Stunde.“ Das klingt zunächst wenig, liegt aber an der Maßeinheit. Denn ein Kubikmeter entspricht 1000 Litern.

„Wir wollen mehr Wasser aus dem Taunus verwenden, durch den Stollen und Schürfung“, erzählt Oestreich. Und die Anlage solle die Desinfektion des Trinkwassers überflüssig machen. „Wie kann das dann gehen?“, will eine Teilnehmerin wissen. Dafür sorge die ESA. „Wir haben ein geschlossenes Rohrsystem“, antwortet Oestreich. „Doch was bei Ihnen zu Hause ist, das liegt in ihrer Verantwortung. Sie müssen die Leitungen, auch die Spülung nutzen.“ Oestrichs Antworten sind ausführlich, ohne zu lang zu sein, für den Laien gut verständlich sowie hilfreich. Denn jeder sollte wissen, dass sich im Wasser, das sich zu lange in den hauseigenen Rohren befindet, Bakterien leichter vermehren können.

Momentan wird manchmal noch Chlor zur Desinfizierung in das Wasser gegeben. Allerdings nur das absolute Minimum. „Wir schmecken das aber nicht“, wirft ein Besucher ein. Das liege daran, dass er wohl weiter unten in der Stadt wohne, meint Oestreich.

Pumpen werden bei der Wasserversorgung nicht eingesetzt, denn alles laufe von selbst über die Wasserhochbehälter (HB). Etwa vom Stollen, der sich bei der „Applauskurve“ befindet, gelangt das Wasser in die ESA, von dort in die HB und dann weiter zum Verbraucher. „Wie handhaben Sie denn den unterschiedlichen Druck?“, wird gefragt. „Eigentlich ist der Druck immer gleich. Und der dynamische Druck liegt im Bereich unter einem bar“, so Oestreich. Für die, die es genau wissen wollen: „Das Wasser kommt mit 3,0 bis 3,5 bar in der ESA an“ und schwankt damit maximal um 0,5 bar.

Langwieriges Bauverfahren

Die Ausführungen Oestreich unterstreichen seine Aussage, dass die Wasserversorgung nicht einfach sei. Sichtbar wird das auch in der ESA. Denn noch ist sie eine Baustelle, obwohl sie bereits fertiggestellt sein sollte. „Es ist eine lange Planungszeit, wir haben vor zehn Jahren angefangen.“ In der Gruppe ist ein ungläubiges Lachen zu vernehmen. Aber Oestreich fährt fort: „Es müssen Untersuchungen gemacht, dann die Rohre gelegt werden und so weiter. Es gebe nur wenige Spezialisten. In Hessen gibt es maximal zwei bis drei weitere solcher Anlagen.“ Erstaunen macht sich breit. „Wo sind denn die anderen?“ „Ich weiß von einer in Butzbach“, erzählt Oestreich. Die Verzögerung komme des Weiteren durch die Firmen, etwa durch Überlastung der Baufirmen. Auch hierbei sei man auf spezielle Unternehmen angewiesen. Doch „hoffentlich ist die ESA im Oktober fertig“, sagt Oestreich. Dann können die Teilnehmer der Wasserwanderungen im nächsten Jahr vielleicht die fertige Anlage bestaunen.

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