Lilli hält den Kasten in der Bundesliga sauber

Oberursel
(fch). Ob Politiker oder Sportler, Künstler oder Engagierte in Vereinen, Verbänden und Institutionen: Es gibt viele interessante Köpfe in der Stadt, über die nicht so häufig berichtet wird. Ihnen wollen wir uns in dieser Serie widmen. Heute steht die 15-jährige Lilli Janouscheck, die bereits mit vier Jahren ihre Liebe zum Fußball entdeckt hat und das Ziel Nationalmannschaft ansteuert, im Mittelpunkt.

Oberursel (fch). „Er steht im Tor, im Tor, im Tor und ich dahinter“, trällerte Schlagerstar Wencke Myhre 1969. Das entsprach dem damaligen Gesellschaftsbild. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hatte 1955 auf seinem Verbandstag beschlossen, das Fußballspielen mit Damenmannschaften zu verbieten. In der damaligen Begründung hieß es, dass „diese Kampfsportart der Natur des Weibes im Wesentlichen fremd ist“, dass „im Kampf um den Ball die weibliche Anmut schwindet und Körper und Seele unweigerlich Schaden erleiden“, und dass das „Zurschaustellen des Körpers Schicklichkeit und Anstand verletzt“.

Zum Glück ließen sich ambitionierte Spielerinnen und Vereine ihren Sport nicht verbieten. Und waren bestens vorbereitet, als das Frauenfußballverbot des DFB auf dem Verbandstag in Travemünde am 31. Oktober 1970 aufgehoben wurde. 49 Jahre später kämpfen die Spielerinnen noch immer nicht nur allein gegen ihre Gegnerinnen, sondern auch noch gegen Vorurteile an. Und dies, obwohl sich die Bedingungen im Fußball für Frauen verändert haben. Sie sind zwar ihren männlichen Sportkameraden – vor allem finanziell – nicht gleichgestellt, aber sportlich mindestens so erfolgreich wie diese.

Fußball cooler als Puppen

Zu den ambitionierten Jugendfußballerinnen gehört Lilli Janouscheck aus Stierstadt. Die 15-Jährige entdeckte ihre Liebe zum Fußball bereits im Kindergarten. Damals spielte sie vor allem mit den Zwillingen Luca und Fabio Abram. „Ich fand es cooler, mit ihnen Fußball zu spielen als mit Puppen.“ Die Zwillinge begeisterten ihre Spielkameradin für Fußball und die Eintracht Frankfurt. Zielstrebig setzte die kleine Lilli ihren Wunsch – „ich will richtig kicken“ – gegen die Bedenken ihrer Mutter durch. Der Papa war selbst Fußballer und freute sich über die sportlichen Ambitionen seiner Tochter. So meldeten die Eltern ihre Kleine beim SC Eintracht Oberursel an, und die Mama fährt ihre Tochter seither ins Training und zu Spielen von Frankfurt bis München.

Bei der Eintracht Oberursel spielte Lilli als Feldspielerin „ab und zu auch im Sturm“ bis zur F-Jugend. Dann wechselte sie zum 1. FFV Oberursel. Dort erkannte Trainerin Simone Petermann das Talent der neunjährigen Lilli. „Sie hat mich gefördert, mich zur Sichtung zum Stützpunkttraining geschickt.“ Lilli, die damals bereits ab und zu im Tor stand, schaffte es bis in die Hessenauswahl. Um dann für ein Jahr als Torfrau zur Eintracht Frankfurt in die U13 zu wechseln. Beide Vereine sind bekannt für ihre erfolgreiche Nachwuchsarbeit. Lilli besuchte in den Ferien jeweils Kurse in den Mädchenfußballschulen. Neben den fußballspezifischen Inhalten werden den Spielerinnen auch Werte wie Teamgeist, Zuverlässigkeit, Fairness und Respekt vermittelt.

Seit drei Jahren steht Lilli im Tor des 1. FFC Frankfurt. Dort spielt sie jetzt in der U17 in der Bundesliga Süd. „Letzte Saison haben wir in der Hessen Liga gespielt und wurden mit der U16 gegen Kassel mit 0:2 Toren Hessenmeister“, strahlt der Teenager. Doch das ist noch nicht alles. Torfrau Lilli Janouscheck spielt zusätzlich beim FV Stierstadt. Erst als Feldspielerin und seit der C1-Jugend im Tor. „Ich kam, weil ich im Zweikampf stärker werden wollte.“ In ihrer dritten Saison beim FV Stierstadt ist sie die einzige Spielerin in der B1-Jugend. „Unser Ziel ist ein Gruppenliga-Platz in der Kreisliga Hochtaunus.“ Die Unterschiede im Spielverhalten zwischen den Geschlechtern benennt sie so: „Jungens sind meist größer und schneller, spielen mit vollem Körpereinsatz und haben einen harten Schuss. Es gibt aber auch superschnelle Spielerinnen. Beim Frauenfußball ist das Teamspiel generell stärker ausgeprägt als bei den Jungen. Das gefällt mir besser, denn Fußball ist ein Gemeinschaftssport.“

Vielleicht zu Paris Saint-Germain?

Gerade war Lilli drei Tage lang im Sommerlager des 1. FFC Frankfurt in Fischbach. Dort gehörte neben Fußball-, Lauf- und Athletiktraining auch Muskelaufbau, Ernährungslehre und Taktik zum Programm. Ihr Wissen gibt Lilli inzwischen auch als Betreuerin an junge Spielerinnen der Jahrgänge 2006 bis 2011 in der 1. FFC-Fußballschule weiter. „Das macht mir großen Spaß! Für mich ist Fußball immer die Sportart Nummer eins. Ausprobiert habe ich auch anfangs Turnen und Ballett.“

Im neuen Schuljahr geht sie aufs Gymnasium Oberursel. Ihre Lieblingsfächer sind Sport und Mathe, sie spielte im Schulorchester Querflöte, fängt jetzt mit Trompete an. „In meinen Alltag geben Schule und Sport den Takt vor. Deshalb ist es zeitlich oft schwer, einen Termin mit Freunden zu finden.“ Lillis sportliche Ziele lauten: Nationalmannschaft, 1. Bundesliga und/oder Paris Saint-Germain Football Club. Nach dem Abitur möchte sie gern in den USA studieren, „weil dort Frauen gefördert werden“, oder eine Ausbildung als Kommissarin in der Polizeisportstaffel machen.

!Wer Lilli spielen sehen und ihr die Daumen drücken möchte, hat dazu Gelegenheit beim Lokal-Derby am Samstag, 31. August, ab 14 Uhr auf dem Rasenplatz Nieder-Eschbach. Dort findet das erste U17- Bundesligaspiel zwischen der Eintracht Frankfurt und dem 1. FFC Frankfurt statt.



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