Oberursel (bg). Im grauen November wird der Toten gedacht: am Totensonntag und am Volkstrauertag. Seit 1952 wird an diesem staatlichen Gedenktag bei vielen Veranstaltungen an die Opfer von Krieg und Gewalt aller Nationen erinnert. In der Christuskirche wurde am Sonntag das Requiem von Mozart aufgeführt. Die berühmte, unvergleichliche Totenmesse gilt aus Höhepunkt der Gattung und zog viele Besucher an. Das evangelische Gotteshaus war bis auf den letzten Platz besetzt. Alle erlebten eine ergreifende Darbietung, ein musikalisches Gesamtkunstwerk mit dem Markenkern „Oberursel“. Denn Chor, Kammerphilharmonie und Gesangssolisten, wie Nathalie Franken oder Christos Pelekanos, wirken und entfalten sich in der Taunusstadt. Die Empore der Kirche war nach dem Einzug aller Mitwirkenden voll bestückt, der Platz reichte gerade so aus, alle angemessen zu platzieren.
Die Komposition stellt höchste Anforderungen an die Aufführenden, um ihre Entstehung ranken sich geheimnisvolle Umstände. Ein grauer Bote gab bei Mozart ein Requiem in Auftrag und leistete eine großzügige Anzahlung, die der immer in Goldnöten verstrickte Komponist gut gebrauchen konnte. Es gilt als gesichert, dass es sich bei dem Auftraggeber um den Franz Graf Welsegg-Stuppach handelte, dessen Frau gestorben war. Im Sommer 1791 dürfte Wolfgang Amadeus Mozart mit der Arbeit an der Totenmesse begonnen haben. Die zeitgleiche Beschäftigung mit den Opern „La clemenza di Tito“ und der „Zauberflöte“, eine Krankheit und sein früher Tod, verhinderten, dass er das Werk vollenden konnte. Komplett waren „Introitus“ und „Kyrie“, weitere Teile hatte er lediglich skizziert, die Singstimmen, den Bass und den Orchestersatz in Andeutungen niedergeschrieben, die drei letzten Sätze „Sanctus“, „Benedictus“ und „Agnus Dei“ fehlten ganz. Die zweifelsfrei von ihm komponierten Partien, es sind etwa zwei Drittel des Requiems, markieren ihn auf dem Gipfel seines Schaffens.
Nach seinem frühen Tod – Mozart starb im Dezember 1791 mit nur 35 Jahren – war seine Frau Constanze finanziell auf die Fertigstellung des „Requiem“ angewiesen. Sie beauftragte Franz Xaver Süßmayr damit, das Werk zu vollenden. Dessen Fassung wird bis heute am häufigsten aufgeführt.
Beim Konzert in der Christuskirche erklang das Requiem in d-Moll, KV 626 – ergänzt von Süßmayr, dessen Aufführungszeit etwa eine Stunde beträgt. Die Kantorin hatte der Totenmesse ein kurzes sakrales Werk Joseph Haydns „Libera me“ vorangestellt. Dem folgte das berühmte „Adagio for Strings“ des US-amerikanischen Komponisten Samuel Barber, ein Musikstück für Streichorchester. Es gilt als sein populärstes Werk, das oft bei Beerdigungen gespielt wird, ebenso als Filmmusik.
Die Kammerphilharmonie Rhein-Main in Reqiuem-Besetzung neben Violine und Viola, mit Cello, Kontrabass, Bassetthorn, Fagott, Trompete, Posaune und Pauke beeindruckte bei dieser traurig-schönen Komposition. Der Klangkörper wurde bereits 1987 vom Geiger und Leiter der Musikschule Oberursel, Holger Pusinelli, gegründet. Durch seine vielfältigen Auftritte ist das Orchester inzwischen weit über das Rhein-Main-Gebiet hinaus bekannt.
Die evangelische Kantorei unter der Leitung von Gunilla Pfeiffer präsentierte sich bei der Aufführung dieses anspruchsvollen Werks exzellent. Sie setzt sich aus 80 Sängern unterschiedlichen Alters zusammen. Lange hatten sie sich mit diesem Werk auseinandergesetzt und es gründlich einstudiert, durch wöchentliche Chorproben, Stimmproben an Wochenenden und Chorfreizeiten. Seit Jahrzehnten widmet sich die Kantorei der Christuskirche geistlichen Chorwerken des 16. bis 20. Jahrhunderts, a cappella oder begleitet mit großem oder kleinem Instrumentarium. Traditionell führt sie alle Jahre im November ein anspruchsvolles Chorwerk auf.
Zum Solistenquartett gehörten Natalie Franken (Sopran), Julia Diefenbach (Alt), Jonas Boy (Tenor) und Christos Pelekanos (Bass). Alle vier bestachen bei ihren Vorträgen mit ihren schönen, sorgfältigen akzentuierten Stimmen. Als Solisten beim „Tuba mirum“ ebenso wie in den fein ineinandergreifenden Duetten, als Quartett oder im Zusammenwirken mit dem Chor.
Der Auftakt des Requiem mit dem wuchtig kraftvollen „Introitus“, zu dem sich noch der Sopran gesellte, schlug das Publikum gleich in seinen Bann mit den Worten, „Requiem aeternam“. Nach dem „Kyrie“ folgte für den Chor das aufwühlende „Dies irae“ – Tage des Zornes. Auch das erschütternde, mächtige „Confutatis“ oder das temporeiche, bewegte „Offertorium“ stellte große Herausforderungen an den vierstimmigen Chor, der alle weiteren Klippen auch im Zusammenspiel mit den Solisten bravourös meisterte.
Einem strahlenden „Sanctus“ des Chores, folgte der harmonisch-schöne Viererklang der Solisten beim „Benedictus“. Nach dem befreienden „Angus Die“ und dem Schluss-Satz „Communio“ herrschte atemlose Stille in der Kirche. Dann ertönten die Schläge der Gebetsglocke. Erst nachdem der letzte Ton verklungen war, brandete begeisterter Jubel und Beifallsstürme auf. Das Publikum feierte begeisterte alle Musiker.