Oberursel (js). Das Rheingauer Weinfest ist den „Orschelern“ und ihren Gästen in all den Jahren seit der erfolgreichen Premiere lieb und wert geworden. Immer wieder gerne trifft sich das trinklustige Volk am ersten August-Wochenende, meist parallel zur mittelalterlichen „Feyerey“ im Wiesengrund am Urselbach, zum dreitägigen geselligen Umtrunk auf dem Marktplatz. Auch die Winzer kommen immer wieder gerne, man kennt sich inzwischen, jeder hat seinen Favoriten. Die Menschen frönen ihrer Feierlust, die Winzer verdienen gutes Geld, die Altstadt ist belebt.
Das Weinfest kostet aber auch Geld, im Gegensatz zu den Winzern muss die Stadt regelmäßig drauflegen, weil die Einnahmen aus den Standgebühren die Kosten für Infrastrukturleistungen wie Verkehrs- und Sicherheitsmaßnahmen, die Bereitstellung von Toiletten und andere externe Dienstleistungen plus Energiekosten nicht aufwiegen. Einnahmen von rund 14 000 Euro standen zuletzt Ausgaben von 27 000 Euro gegenüber, berichtete Bürgermeisterin Antje Runge in der jüngsten Sitzung des Stadtparlamentes, für dieses Jahr wurde mit einer Kostensteigerung auf 35 000 Euro kalkuliert. Dies passt nicht zur Vorgabe, durch Feste mehr Geld als zuvor in die Kasse zu bekommen, insgesamt wurde in den Fachausschüssen die Summe von 15 000 Euro genannt. Es dauerte nicht lange, da kursierten erste Gerüchte, das Weinfest werde abgesagt, in diversen diffusen Medien, der Aufschrei der Empörten blieb nicht aus.
Antje Runge blieb nur eine klare Antwort: „Der Magistrat hat das Weinfest nicht abgesagt. Es findet vom 4. bis 6. August statt.“ So lautet der erste Satz der Antwort auf mehrere Fragen, die von der OBG eingebracht wurden. Dann kommt schon das Wort „Synergie“ ins Rennen, denn das „Rheingauer Weinfest“ soll in den inzwischen ebenfalls beliebten „Oberurseler Weinsommer“ integriert werden, der seit einigen Jahren gleich von Mitte Juli bis Anfang September die Weinkultur in der Stadt belebt. Nicht auf dem Marktplatz, aber auf dem Rathausplatz als festen Standort.
Der Vorteil leuchtet für die Stadt als Veranstalter ein: Durch die gemeinsame Nutzung der Infrastruktur können Kosten eingespart werden, die sonst doppelt anfallen. Der Weinsommer wird am ersten August-Wochenende einfach über das übliche Format hinaus um einige Wein- und Imbissstände erweitert, die Kundschaft muss sich nur mit den veränderten Platzverhältnissen arrangieren. Keine Hanglage, nur flacher Grund, Ponto-Brunnen statt St.-Ursula-Brunnen, keine lauschige Atmosphäre unter Altstadt-Leuchten auf Kopfsteinpflaster, Weinstände zwischen Rathaus und Stadthalle, an denen es sich trefflich über die Zukunft der beiden wichtigen zur Disposition stehenden Gebäude diskutieren lässt.
Dem Vernehmen nach wollen die meisten Winzer auch zum Reserve-Ort kommen, „die Stadtverwaltung stimmt derzeit die Konzeption des Weinfestes am neuen Standort mit der Geschäftsführung des Rheingauer Weinverbands ab“, sagte die Bürgermeisterin. Außerdem: „Einsparungen sind schwer, Verzicht gehört dazu.“ Es war die Antwort auf eine fragende Anmerkung von Claudia von Eisenhart-Rothe, die wissen wollte, warum die Attraktivität des historischen Marktplatzes keinen hohen Stellenwert mehr habe, wenn es um das Weinfest geht.