Oberursel (gt). Es war eine schwere Geburt, aber immerhin hat Oberursel nun einen Haushalt. In der Stadtverordnetenversammlung wurden die Haushaltssatzung, das Investitionsprogramm sowie der Ergebnis- und Finanzplan zwar alle beschlossen, jedoch nur mit den Stimmen von CDU, SPD und OBG. Alle anderen stimmten dagegen. Nun muss er nur noch vom Landrat genehmigt werden. Der BSO-Wirtschaftsplan wurde mit großer Mehrheit genehmigt.
Martin Bollinger eröffnete für die CDU die Aussprache über den Haushaltsentwurf. Er zeigte sich dankbar dafür, dass die meisten Fraktionen aus „Vernunftsgründen“ von großen Änderungen zum Haushaltsplan abgesehen hatten. „Es ist nicht immer einfach, die richtigen Entscheidungen zu treffen“, sagte er und nannte als Beispiel die notwendige Erhöhung der Kindergartengebühren, nachdem Kosten und insbesondere Gehälter der Mitarbeiter in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen seien. Erfreut zeigte er sich über die Möglichkeit, die Aufträge für das Gefahrenabwehrzentrum (GAZ) auszuschreiben, sobald der Haushalt vom Landrat genehmigt ist. Das Projekt sei „ein überfälliger Meilenstein“. Abschließend stellte er den Antrag zur Schaffung einer neuen Stelle im Bereich Wirtschaftsförderung, allerdings durch das Umwidmen anderer Teilzeitstellen im Stellenplan und somit ohne die Gesamtanzahl der Stellen im Rathaus zu erhöhen.
Wolfgang Schmitt machte für die Grünen darauf aufmerksam, dass man „reichlich spät“ den Haushalt verabschiede. Er hatte einige Kritikpunkte, aber Empörung gab es nur über die Änderung des Stellenplans. Er lehnte die Erhöhung der Kita-Gebühren für das Jahr 2024 ab, vor allem weil es jetzt so spät sei, um Wirkung zu zeigen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass es eine gute Idee ist, den Leuten den geänderten Gebührenbescheid unter den Weihnachtsbaum zu legen“, sagte er. Außerdem kritisierte er die Planungskosten für den Anschluss der Nassauer Straße an die Weingärtenumgehung in Höhe von 200 000 Euro.
Elenor Pospiech sagte für die SPD, dass es „wunderbar“ sei, das GAZ jetzt auf den Weg zu bringen. Allerdings beinhalte „Haushalten“ auch die „Bereitschaft, unpopuläre Entscheidungen zu treffen, wenn sie im besten Interesse unserer Gemeinschaft liegen“. Es falle der SPD schwer, die Kitagebühren zu erhöhen. Zwar sei die Kinderbetreuung aus Sicht der SPD eine öffentliche Aufgabe, die allen Familien kostenfrei zugänglich sein soll, aber die Entscheidung, die Gebühr abzuschaffen, könne man nicht in Oberursel treffen. Da der Vorschlag, die Gebühren zu erhöhen, vom zuständigen Sozialdezernenten Christof Fink stammte, sei man bei der SPD überrascht, dass die Fraktion der Grünen diesem nicht folge. Um die Eltern einzubeziehen, hoffe sie, dass es schnell gelingt, den Stadtelternbeirat (STEB) wieder zu reinstallieren. Ab 2025 wolle die neue Koalition einkommensabhängige Gebühren einführen. Die neue Stelle im Bereich Wirtschaftsförderung trage sich „durch mehr Einnahmen wahrscheinlich selbst“, so Pospiech. Zu den Planungskosten für den Anschluss an die Weingärtenumgehung sagte sie: „Wenn eine Kommune aufhört, zu planen, um die Stadt weiter zu entwickeln, dann kann sie auch gleich die Tür vom Rathaus abschließen.“
Michael Planer (ULO) kritisierte die neue Koalition aus CDU, SPD und OBG dafür, keinerlei Anstrengungen für eine Senkung der Grundsteuer B zu unternehmen. Er vermisste auch Anträge der Koalition, um den Hebesatz zu senken. „Brüllende Tiger, die im letzten Jahr noch lautstark Einsparungen gefordert hatten, verstummen in den diesjährigen Beratungen und werden zahnlos, wenn es um die Besetzung von Dezernatsstellen geht“, sagte er. „Wenigstens Einsparungen von 25 Punkten zur Reduzierung des Hebesatzes wäre ein Zeichen an die Bürgerschaft gewesen, dass es der neuen Koalition wichtig ist, den Haushalt zu konsolidieren“, behauptete Planer. „So wie bisher kann es für Oberursel nicht weitergehen.“ Außer der Erhöhung der Kitagebühren waren auch den Planungskosten für den Anschluss an die Weingärtenumgehung ein Grund für die ULO, den Haushalt abzulehnen. Planer schlug vor, lieber die Entwicklung des Bahnhofsareals anzugehen, um Einnahmen für die Stadt zu erzielen.
Ingmar Schlegel (Linke) kritisierte den späten Zeitpunkt der Haushaltsverabschiedung: „Das Hinauszögern bis in den Juni war sicher nicht zum Wohle der Stadt“, sagte er. Es sei gar nicht versucht worden, mit offenen Mehrheiten einen Konsens zu finden, sondern der Plan der neuen Koalition sei es gewesen, „erst die Posten zu sichern und dann politisch zusammenzuarbeiten“. Die Linke wolle ein „Orschel für alle“, so Schlegel, mit bezahlbarem Wohnraum, bezahlbarer Kinderbetreuung und Förderung von ehrenamtlichem Engagement. Die Grundsteuer B sei unsozial hoch, der ÖPNV solle zum Brunnenfest wieder kostenfrei sein, und eine Zweitwohnsitzsteuer solle geprüft werden. Schlegel ist es auch ein Anliegen, dass die Ortsbeiräte ernstgenommen werden. Er bedauerte, dass es keinen Automatismus gibt, die Anträge aus den Ortsbeiräten zum Thema Haushalt in den Haushaltsberatungen zu berücksichtigen. Für die Abstimmung über den Haushalt seien für die Linke allerdings die Kitagebühren der Knackpunkt. Da auch das Essen in diesem Jahr teurer werde, seien die Betreuungsgebühren nun eine Doppelerhöhung. „Wenn sich untere Einkommensgruppen einen Platz nicht mehr leisten können, dann ist das auch ein Weg, genügend Plätze frei zu machen und die Betreuung zu einem Privileg zu machen. Das kann nicht unsere Intention sein“, so Schlegel.
Paul Beuter kritisierte für die AfD, dass keine nennenswerten Sparanstrengungen gemacht würden, und forderte eine Senkung der Gewerbesteuer sowie die Ansiedlung neuer Firmen in Oberursel. Verkehrsprojekte wie der Umbau der Frankfurter Landstraße und des Zimmersmühlenwegs seien zurückzunehmen. Die Fahrradstraße in der Dornbachstraße werde den Verkehr eher behindern als verbessern, so Beuter. Er sehe ein, dass sich das Klima verändert, plädiere allerdings dafür, die Sachen in Relation zu sehen. Daher beantrage die AfD die Streichung von 350 000 Euro für Klimamaßnahmen aus dem Haushalt, außerdem den Verzicht auf neue Stellen zur Vermittlung von Menschen, die derzeit in der Flüchtlingsunterkunft in der Karl-Hermann-Flach-Straße untergebracht sind.
Claudia von Eisenhart Rothe (Klimaliste) unterstrich hingegen, Klimaschutz und Klimaanpassung hätten für die Klimaliste höchste Priorität. Sie begrüße die Aufstockung der Mittel für Hochwasserschutz. Aber Oberursel sei zwischen zwei ganz großen Themen gefangen: den Kosten für die Kinderbetreuung und dem ständigen Drang nach noch mehr Baugebieten. Im Haushalt stünden in der Summe Millionen, um neue Baugebiete voranzubringen. Beim Bauvorhaben der VDE „ist genau der Punkt gekommen, der zeigt, was in Oberursel schon seit Jahrzehnten schief läuft“, sagte sie, denn „der VDE zahlt so gut wie gar keine Steuer“. Der VDE sei ein eingetragener Verein und habe „gar kein Interesse daran, so viel Gewinn zu machen, dass er Steuern zahlen muss.“ Aber Oberursel rolle den roten Teppich aus, mache teure Planungskonzepte, hoffe dadurch auf Mehreinnahmen, die dann ausbleiben.
OBG in ungewohnter neuer Rolle
Als letzter sprach Andreas Bernhardt von der OBG. „Es ist für uns eine sehr neue Situation, in der Opposition einen Haushalt zu beraten und während der Beratungszeit dann zur Mehrheit zu gehören“, kommentierte er. Er wies darauf hin, dass Stadtkämmerer Jens Uhlig beim Einbringen des Haushalts deutlich gemacht habe, dass die Kostenquote bei der Kinderbetreuung anders verteilt werden müsse. Aber „wir haben hier leider mit keinem Geld- oder Goldregen zu rechnen“, und dann sei es angemessen, die Kostenquote der Elternbeteiligung zumindest zu halten, so Bernhardt. Notfalls müsse man die Erhöhung verschieben, bis die Anhörung der Eltern stattgefunden habe. In Sachen Grundsteuer erinnerte er Planer daran, dass ULO die Erhöhung im vergangenen Jahr unterstützt habe. „Ich verstehe auch, dass man politisch den Ansatz verfolgt, sie zu senken“, aber Anfang 2025 erfolge sowieso die große Umstellung durch die Grundsteuerreform, so Bernhardt. Eine kleine Reduzierung wäre absurd, „wenn wir schon wissen, dass wir im nächsten Jahr wieder hoch gehen müssen“, machte er deutlich. Das verunsichere die Bürger noch mehr. Außerdem fehle der klare Weg, wie man 25 Prozentpunkte refinanzieren soll.
Nach Abarbeitung der Änderungsanträge, die bis auf den CDU-Antrag zur Änderung des Stellenplans allesamt abgelehnt wurden, wurde über die Vorlagen abgestimmt