Vom Wertebewusstsein als Schlüssel zum Erfolg

Bischof Dr. Peter Kohlgraf spricht zur Umwelt- und Sozialenzyklika „Laudato si‘“ von Papst Franzsikus. Foto: pit

Oberursel (pit). Entstehung und Bewahrung der geistigen und körperlichen Gesundheit, Lebensqualität der Menschen und Erfolg lokaler Unternehmen im internationalen Umfeld, europäische Werte in einer globalisierten Welt. All das waren Themen des fünften Werte- und Wirtschaftskongresses, den der fokus O. – Forum der Selbständigen Oberursel in Kooperation mit der Industrie- und Handelskammer Frankfurt und der Stadt ausrichtete.

Somit standen gleich eine ganze Reihe topaktueller Themen auf der Tagesordnung, von denen jedes für sich gesehen schon abendfüllend gewesen wäre. In ihrer geballten Zusammenführung auf einen einzigen Kongresstag und in Anbetracht der angekündigten Redner und Podiumsteilnehmer war ein spannender Verlauf absehbar.

Für einen gelungenen Start sorgte als Keynotespeaker Bischof Dr. Peter Kohlgraf, der sich unter der Überschrift „Über die Sorge für das gemeinsame Haus“ mit der Umwelt- und Sozialenzyklika „Laudatio si‘“ von Papst Franziskus auseinandersetzte. Es handelt sich hier um ein eher wissenschaftlich als theologisch gehaltenes Rundschreiben, in dem der Papst die unterschiedlichsten Fragen miteinander in Zusammenhang stellt: „Dabei wirft er einen sehr kritischen Blick auf die Realität in der Wirtschaftswelt.“ Der Mensch sei die Wurzel der ökologischen Krise, weshalb Leitlinien für Orientierung und Handeln, für Politik und Wirtschaft zu entwickeln seien und dabei der Bogen von globalen Fragen bis zur Haltung jedes Einzelnen gespannt werden müsse. „Dabei geht es dem Papst sowohl um die ökologische Erziehung als auch die Spiritualität in Bereichen wie Lebensstil, Respekt vor dem Anderen, Dankbarkeit und Genügsamkeit“, stellte der Mainzer Bischof heraus, der sich gerne auch kritischen Fragen stellte.

Etwa hinsichtlich der Geburtenkontrolle in Anbetracht einer Weltbevölkerung von sieben Milliarden Menschen: „Das ist eine ernst zu nehmende Frage, doch eine Empfängnisregelung hängt auch mit Bildung zusammen.“ Und die Bildung wiederum befinde sich in Gebieten, in der manche Kultur schwer wandelbar sei, auch im Verantwortungsbereich der Kirche. Die Milliardenwerte im Besitz der katholischen Kirche, die etwa Investitionen im ökologischen Umbau dienen könnten, bezeichnete Kohlgraf wiederum als überschätzt: „Der Vatikan ist nicht die Kirche und das Bistum Mainz hat ein Jahresdefizit von 28 Millionen Euro.“

„Man braucht Humor“

„Sich gegenseitig helfen schadet keinem“, lautete das Credo von Claus Wisser, der statt als nächster „Vortragshalter“ lieber als Erzähler einen kleinen Einblick in die Entstehung seines Konzerns Wisag AG gab und sein Erfolgsgeheimnis in die einfachen Worte fasste: „Man braucht Humor!“ Nicht nur, um „das alles“ auszuhalten, sondern auch, um auf andere zuzugehen. Insofern habe es überhaupt keine Strategie gegeben, als die ersten Wurzeln des späteren Dienstleistungsgiganten sprossen. Es seien immer Zufälle gewesen. „Aber man darf den Zufall auch nicht allein lassen“, schmunzelte Wisser. Dass er zu putzen angefangen habe, sollte eigentlich nur dazu dienen, sein Studium zu finanzieren. Dann aber wurden offenbar die Aufträge immer größer, sodass der Studentenjob mit der Zeit zu einer stetig wachsenden Aufgabe heranwuchs.

Im Grunde sei er selbst ein Zahlenmensch: „Doch es ist auch wichtig, dass man sich ausdrücken kann.“ Mindestens ebenso wichtig sei die menschliche Komponente, die Frage, „wie gut, sympathisch und tüchtig ist jeder“. Daher setze er sich bei jeder Entscheidung auf den Stuhl des anderen und stelle sich die Frage, was für den anderen interessant sein könnte, warum er die Zusammenarbeit mit ihm würde haben wollen. „Das ist ein wesentliches Element für den Erfolg im Unternehmen und sich anständig zu verhalten eine wichtige Eigenschaft“, betonte Wisser und stellte heraus, dass er an seinen Niederlagen am meisten gelernt habe, sie ihm die wichtigsten Kontakte geschaffen hätten.

Selbstwertgefühl

Kompetenz in eigener Sache, Mehr-Wert-Gefühle und das erfolgreiche „Zusammen-Wirken“ waren auch Themen von Dr. Walter Kromm, seines Zeichens Arzt, Master of Public Health und Buchautor mit betriebswirtschaftlicher und philosophischer Ausbildung – und „analoge Kompetenz für die digitale Welt“, wie Moderatorin Patricia Küll bei der Begrüßung hinzufügte. In seinem kurzweiligen Vortrag erläuterte Kromm die Grenzen betrieblichen Gesundheitsmanagements in Bezug auf nicht verhandelbare Bedürfnisse eines jeden Arbeitnehmers: „Das hat etwas mit Selbstwertgefühl oder -erhöhung zu tun.“ Menschen, die mitgestalten dürften, bekämen damit eine Möglichkeit eingeräumt, in Verbundenheit in einem Unternehmen wachsen zu dürfen, und gleichzeitig die Überzeugung, dass sich die eigene Anstrengung lohne.

Der Diplom-Oecotrophologe, Systemische Berater und Lehrtrainer (DGFS) Hubertus Spieler widmete sich der „Wertebewussten Führungsstruktur“ und versicherte: „Die Veränderung wird immer am Erlebten gemessen.“ Nicht ohne Grund suchten immer mehr Menschen in Zeiten eines „unglaublichen Veränderungsdrucks“ Ruhe im Kloster. Es fehlten heutzutage Übergangsrituale, die Zeit zur Stärkung der inneren Stabilität, die dazu befähige, äußere Veränderungen zu bewältigen.

Rege Diskussion herrschte nach zwei parallelen Foren auch bei der abschließenden Podiumsdiskussion zum Thema Europa. So seien Dieselskandal oder die Entwicklung der Deutschen Bank noch im Jahr 2011 im deutschen Wertebewusstsein undenkbar gewesen, ein Bewusstsein, das nunmehr geschärft sei. „Wer nicht werteorientiert handelt, begeht eine Bauchlandung“, lautete das eine Fazit.

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