Berührungspunkte von Malerei und Fotografie

„Rotes Haus“ heißt dieses Werk, das ebenfalls in der Englischen Kirche zu sehen ist.

Hochtaunus (how). Der Maler Lutz Krüger und der Fotograf Willi Mulfinger, beide aus Oberursel, zeigen in der Ausstellung „Canaris Textur“, die derzeit im Kulturzentrum Englische Kirche in Bad Homburg, Ferdinandsplatz, gezeigt wird, dass zwei Kunstrichtungen in origineller Art und Weise zusammengehen können. Ihre Exponate sind keine Symbiose, sondern sie präsentieren spannende, individuelle und eigenständige Berührungspunkte von Malerei und Fotografie, jeder in seinen eigenen Bildern.

Hildburg Krüger sagte bei ihrem Vortrag zur Einführung der Fotografien von Willi Mulfinger: „Auf den ersten Blick bezaubern gerade die architektonischen Arbeiten des Fotografen mit ihrer Farbigkeit, dem allgegenwärtigen Licht und dem damit mitschwingenden Oberton der Lebensfreude. Schauen wir ein zweites Mal hin und rationalisieren wir unseren ersten Eindruck, entdecken wir erstaunliche Parallelen zu den malerischen Werken des britischen Pop-Art-Künstlers David Hockney. Ähnlich wie in dessen kalifornischen Arbeiten werden die vorgefundenen architektonischen Artefakte durch die Reduktion auf die Zweidimensionalität abstrakt verfremdet und lösen sich damit vom Dokumentarischen. Es öffnen sich Räume für neue Assoziationen.“

„Ich sammle bei meinen fotografischen Exkursionen im wahrsten Sinn des Wortes Flächen. Dabei erkenne ich das Charakteristische beziehungsweise Außergewöhnliche des Bildausschnittes, das sich vor meinem Auge öffnet an und lege in meiner Komposition die Flächen zueinander, übereinander, nebeneinander“, ergänzte dazu der Fotograf.

„Eine spannende Ergänzung zu den Architekturbildern stellen seine Landschafts- und Porträtbilder dar. Als Antipoden zu den farbenfrohen Fotografien zeigen sie im charakteristischen Grau oder im dezenten kühlen Blau die Insel La Palma nach dem verheerenden Vulkanausbruch. Aber auch hier entdecken wir nicht nur als raffiniertes kompositorisches Element Farbtupfer, die das langsam zurückkehrende Leben inmitten der verwüsteten Landschaft bezeugen – ein Keim der Hoffnung“ , so Hildburg Krüger.

Die Zusammenarbeit mit dem renommierten Fotografen Jacques Decaux legte die Grundlagen für Mulfingers heutiges künstlerisches Schaffen. Der Satz von Decaux, der Willi Mulfinger nachhaltig beeindruckte, war: „Du musst stets das Große Ganze sehen, wenn Du an die Details denkst.“

Im kontrastreichen Dialog zu den fotografischen Arbeiten stehen die Gemälde von Lutz Krüger. Hier bildet zwar auch das Thema „Landschaft“ den Mittelpunkt des Œvres, aber vollkommen anders interpretiert. Der Betrachter erkennt sehr wohl landschaftsartige Strukturen, jedoch verwehren sie eine Erinnerung an landläufige Beispiele dieses Genres. Es handelt sich auch nicht um abstrakte Interpretationen realer Landschaftsräume, sondern um innere Bilder des Künstlers, in denen er atmosphärisch verdichtet, seine Ängste und pessimistischen Befürchtungen über den Zustand der Welt zum Ausdruck bringt. Nicht als Resümee einer resignativen Haltung will er dies verstanden wissen, sondern eher als eindringliche Mahnung, die Realitäten ungeschminkt zur Kenntnis zu nehmen.

Hildburg Krüger erläuterte dazu: „Seine Landschaften, farblich äußerst sparsam verwaltet, entwickeln eine autonome Energie, ja eine bedrohliche Anmutung, als sei die Natur nicht nur Opfer menschlicher Eingriffe, sondern mittlerweile reagierender Akteur, den Menschen zu fürchten haben. Aber auch eine gegenteilige Interpretation lassen seine Werke zu, nämlich – noch unberührt von den Allmachtsfantasien der Menschheit – die Darstellung einer archaischen Urwelt, die ihre majestätische Kraft demonstriert. Es ist Ihre Entscheidung, welche Variante Ihrer Betrachtung am nächsten kommt.“

Außer diesen Werken, die als Serie entstanden sind, sehen die Betrachter eine andere serielle Werkschau des Künstlers, in der gerade die Farbe einen ermutigenden Kontrast zur Strenge der grafischen Formationen aufbaut. Ebenfalls landschaftliche Fragmente gesellen sich zu architektonischen Strukturen – typisch für die konstruktive Darstellungsform. Charakteristisch für diese Kunstrichtung ist das geometrisch-technische Gestaltungsprinzip mit Farbflächen, Linien und geometrischen Grundformen.

Lutz Krüger erfuhr seine künstlerische Ausbildung an der Zeichenakademie Hanau. Seine aktuellen Werke sind in regelmäßigen Abständen in der Galerie Artlantis des Kunstvereins Bad Homburg ausgestellt, aber auch an anderen Orten wie in einer Dauerausstellung im Rathaus Oberursel, in der ein umfangreicher Überblick über verschiedene Schaffensphasen zu sehen ist.

Die Bad Homburger Kulturamtsleiterin Dr. Bettina Gentzcke eröffnete die Ausstellung in der Englischen Kirche. Die Künstler Willi Mulfinger und Lutz Krüger begrüßten die Gäste, bevor Hildburg Krüger die künstlerischen Inhalte der Exponate präsentierte. Laurids B. Green begleitete die Veranstaltung am Flügel.

!Zu sehen ist die Ausstellung „Canaris Textur“ in der Englischen Kirche, Ferdinandsplatz in Bad Homburg, bis zum 17. März. Geöffnet: eine Stunde vor Beginn von Veranstaltungen sowie samstags und sonntags von 11 bis 14 Uhr.

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