Bad Homburg/Kronberg. – 99 Jahre haben sie zusammen im Dienst des DRK Hochtaunus Senioren beim Älterwerden unterstützt und sie durch Gymnastik und Tanz am Rasten und Rosten gehindert – jetzt wurden die sechs Damen, die alle längst selbst Seniorinnen sind, nach bis zu 30-jähriger ehrenamtlicher Tätigkeit in den Ruhestand verabschiedet. Dass es für einige wohl doch eher ein Unruhestand wird, verwundert bei so viel Engagement nicht wirklich…
Im Deutschen Bundestag sprechen George W. Bush und Michail Gorbatschow zum 10. Jahrestag des Mauerfalls, Weimar wird Kulturhauptstadt Europas, Steffi Graf und Max Schmeling werden Sportler des Jahrhunderts – all das geschah im November 1999. In gewisser Weise sportlich ging es aber auch in Kronberg zu – Hildegard Hutzenlaub nahm ihren Dienst beim Deutschen Roten Kreuz Hochtaunus als ehrenamtliche Übungsleiterin für Seniorentanz und -gymnastik im Kronberger Altkönigstift auf. Mit heute 81 Jahren ist sie natürlich längt selbst Seniorin und tritt nun von ihren Posten ab. Nach 23 Jahren. In der Begegnungsstätte des DRK-Kreisverbandes Hochtaunus in Bad Homburg wurde sie jetzt von der Leitung des Fachbereichs Soziale Dienste mit größtem Dank entlassen. Noch länger dabei, seit 1991 und damit mehr als 30 Jahren, war die jetzt 83-jährige Lydia Zenser. Auch sie hat im Auftrag des DRK ältere Menschen mit Gymnastik im wahrsten Sinne jahrzehntelang fit gehalten, im Bürgerhaus Köppern. Dritte im Bunde der jetzt mit allen Ehren und einem Blumenpräsent in den „Unruhestand“ verabschiedeten Übungsleiterinnen war Gerda Onorato. Die ebenfalls 83-jährige Oberurselerin hat ihre Gymnastikgruppe vor immerhin auch schon zehn Jahren übernommen. Bei der Abschiedsfeier verhindert waren Monika Fendler, seit 25 Jahren Gymnastik-Übungsleiterin in Kronberg, Wilma Gilb, sie hat mit Qigong Körper und Geist ihrer Kursteilnehmer fünf Jahre lang mit Meditations-, Konzentrations- und Bewegungsübungen gesundgehalten, und Karin Nicolai, die seit 2015 Gymnastikübungsleiterin in Seulberg war.
Kathrin Kiefer und Dagmar Dörrhöfer-Sünder vom Leitungsteam sowie der stellvertretende Geschäftsführer Sebastian Fischer betonten während der kleinen Verabschiedungsfeier, wie wichtig es sei, den „Kampf gegen das Rasten und Rosten“ aufzunehmen und dabei so viele Jahre aktiv, engagiert und zuverlässig ehrenamtlich für das DRK, in erster Linie aber für die Senioren, zu arbeiten. „Unsere Gesellschaft lebt vom Ehrenamt und auch unsere DRK-Organisation würde ohne freiwillige Dienste, wie sie gerade diese sechs Damen über so viele Jahre geleistet haben, einfach nicht funktionieren“, sagte Fischer. Wie wichtig ehrenamtliches Engagement sei, stelle man oft erst fest, wenn es durch widrige Umstände, etwa eine Corona-Pandemie, erschwert, wenn nicht sogar verhindert werde. Am Kreisverband sei es, gemeinsam mit den DRK-Ortsvereinen auch für die Zukunft Rahmenbedingungen neu zu schaffen und bestehende zu erhalten, damit die Kurse weiter stattfinden können. Die Raumbeschaffung sei aber nicht immer ganz einfach, sagte Fischer, gab sich aber zuversichtlich, dass es gelingt, gemeinsam mit den Kommunen und Schulen im Kreisgebiet Übungsräume in Bürgerhäusern oder auch Turnhallen zu finden.Auch Dagmar Dörrhöfer-Sünder, selbst seit vielen Jahren aktive Übungsleiterin, zeigte sich beeindruckt von der erbrachten Leistung, die zusammenaddiert nicht weniger als 99 Jahre ergab: „Seit Lydia Zenser vor 30 Jahren ihre Gruppe übernommen hat, hat sich sehr vieles verändert, damals kam die Musik zur Gymnastik noch vom guten alten Kassettenrekorder, oft mit Bandsalat, dann irgendwann vom CD-Player und nun kommt sie vom Handy…“
Bei Kaffee und Kuchen ergaben sich viele Gespräche und auch Anekdoten kamen zur Sprache. So erzählte Hildegard Hutzenlaub, dass sie bei ihren Kursteilnehmern bisweilen an sprachliche Grenzen gestoßen ist. So sei es schwierig gewesen, das Lockern der Arme bei bestimmten Übungen zu erläutern, bis eine ältere Dame sie im Dialekt als Souffleuse unterstützt habe: „Die Ärm‘ bambele lasse – das haben sie dann verstanden“, lacht Hutzenlaub, die übrigens mit ihren 81 Jahren noch lange nicht ans Aufhören denkt. Sie zieht nur an den Bodensee, und zum Schrecken ihres Mannes befindet sich genau gegenüber der neuen Wohnung eine DRK-Station… Auch Lydia Zenser drängt es nicht in den Lehnstuhl, eher schon in ihren großen Garten, für den sie nun mehr Zeit habe. Als sehr erfüllend habe sie es immer empfunden, dass sie sich mit ihrem Kursangebot auch an bewegungseingeschränkte Senioren wenden konnte: „Seniorengymnastik geht immer, was im Stehen geht, geht auch im Sitzen.“ Für Gerda Onorato war es häufig eine Herausforderung, den Generationswechsel in der Gruppe zu kompensieren: „Ältere bleiben irgendwann weg und jüngere kommen dazu, das funktioniert nicht immer gleich auf Anhieb und erfordert von uns Übungsleitern oft viel Fingerspitzengefühl.“
Auch Kathrin Kiefer, Dagmar Dörrhöfer-Sünder und Sebastian Fischer hoffen auf einen geschmeidigen Generationswechsel im Team und haben die Suche nach neuen Kräften, die in die Fußstapfen der sechs verabschiedeten Damen treten können, bereits aufgenommen. Damen und Herren, die sich vorstellen können, Übungsleiter beim DRK zu werden, können sich jederzeit bei Kathrin Kiefer und Dagmar Dörrhöfer-Sünder telefonisch (06172-129557) melden. Es gibt auch die Möglichkeit, vor der endgültigen Entscheidung in der einen oder anderen Gruppe zu hospitieren. Wer sich dann für eine Übungsleitertätigkeit entscheidet, erhält vom DRK kostenlose fachbezogene, teils mehrtägige Schulungen und Auffrischungskurse. „Die Ausbildung kostet das DRK viel Geld, deshalb sind wir an einer gewissen Kontinuität interessiert, das ist natürlich auch für die Arbeit in der Gruppe, die schließlich gemeinsam älter wird, sehr wichtig“, hofft Kiefer auf reges Interesse. Wichtig ist es Kiefer und Dörrhöfer-Sünder, „dass wir Menschen suchen, die Freude am Umgang mit Senioren und an der Bewegung haben“. Kreisweit gibt es momentan 20 Übungsleiterinnen in den Bewegungsprogrammen des DRK. Nach Möglichkeit soll das Team aber weiter ausgebaut und durch neue Kräfte gestärkt werden. „Die Tätigkeit ist natürlich ehrenamtlich, dennoch bekommen unsere Übungsleiter eine Pauschale zum Ausgleich ihrer Aufwendungen“, sagt Kiefer.