Hochtaunus (js). Wenn Manfred Kopp aus dem Fenster seines Arbeitszimmers in der Altstadt schaut, fällt sein Blick auf die Wiege der Oberurseler Druckkunst. Ein bisschen Phantasie braucht er natürlich, aber die hat der Historiker neben nie versiegendem wissenschaftlich orientiertem Forschergeist. Mehr als 450 Jahre und zwei Brände nach der Einrichtung einer ersten Druckerei zu Füßen der St.-Ursula-Kirche stammen nur noch die Grundmauern des Hauses direkt unterhalb der Kirchmauer aus der Zeit, als der Drucker Nicolaus Henricus dort 1557 eine sogenannte Winkeldruckerei gründete.
Knapp vier Jahrzehnte arbeitete Henricus in „Ursel“ oder „Ursellis“, der letzte Druck auf seine Kosten ist im Jahr 1600 auf der Herbstmesse in Frankfurt erschienen. Seine Nachfolger hielten die Geschäfte bis 1623 aufrecht. Manfred Kopp kann darüber erzählen, als hätte er jeden Tag zwischen Lettern und Druckfahnen, Farben und Papier, zwischen den streitbaren „Lutheranern“ und ihren Kritikern und ihren Druckwerken verbracht. Seit fast 60 Jahren beschäftigt sich der ehemalige Pfarrer und Religionspädagoge mit der Geschichte der Oberurseler Druckerei. Jede Menge Texte und Bücher zu seinem Lieblingsthema hat er veröffentlicht.
Zwischen Buch und Internet
„Gedruckt zu Oberursel – nicht weit von Frankfurt am Main“ lautet der Titel von Manfred Kopps jüngsten großformatigen Buch, das nun druckfrisch auf den Markt gekommen ist. Es beinhaltet die Essenz von sechs Jahrzehnten Forschung zu einem Zeitraum von nur ein paar Jahren mehr in einer weit zurückliegenden Zeit. Eine abenteuerliche Reise durch eine Welt, als es noch Messzeitungen gab und die heutigen Tages- und Wochenzeitungen noch nicht geboren waren. Und ein Buch, das eine Verbindung zieht zwischen altertümlicher Druckkunst und ihrer Darstellung im Internet, in dem dank der unermüdlichen Arbeit von Manfred Kopp nun bereits 363 von den insgesamt 550 aufgenommenen Titeln „Gedruckt zu Ursel“ im Internet-Verzeichnis unter www.ursellis.de frei zugänglich sind und gelesen werden können.
Selbstredend hat Kopp mit Hilfe seines Sohnes auch die Homepage etabliert und sich um die Digitalisierung der einzelnen Drucke als Volltext bemüht. Längst nutzt der Pfarrer im Ruhestand und ehemalige Religionspädagoge als renommierter Heimat- und Lokalhistoriker beide Medien, Buch und Internet, sich ergänzend nebeneinander. Spurensuche modern: Das Fenster in einen bedeutenden Abschnitt der Oberurseler Stadtgeschichte ist weit geöffnet.
Durch das Werk von Kopp werde „ein wichtiger Baustein jener Stadtgeschichte und der Geschichte der Region an Rhein, Main und Taunus ausführlich beleuchtet“, lobte Bürgermeister Hans-Georg Brum bei der Vorstellung des Lebenswerks von Manfred Kopp, das wieder einmal auch bisher unbekannte neue Erkenntnisse biete. „Früher hat er mich immer abgefragt“, erinnert sich Brum, stets sei es um wichtige Daten der Zeitgeschichte gegangen. Kopp, ein Lexikon der Oberurseler Zeitgeschichte, eine Koryphäe auf dem Gebiet der Druckkunst. Zum Ehrenbürger haben sie ihn in Oberursel ernannt, mit der Bürgermedaille ausgezeichnet, vom Hochtaunuskreis hat er den Saalburgpreis für Geschichte und Heimatpflege bekommen. Landrat Ulrich Krebs nannte das 155-Seiten-Werk mit zahlreichen Abbildungen im Hochformat „Ergebnis und Frucht“ von mehr als 50 Jahren Forschung. Es sei „Maßstab und Rahmen für zukünftige Forschung“. Bis zu 20 tägliche Aufrufe notiert Kopp für das Verzeichnis im Internet, vor allem als Quelle für andere Forscher ist www.ursellis.de von unschätzbarem Wert.
Manfred Kopp, Jahrgang 1933, war Student der Theologie, als er 1962 auf Anregung von Kultur-Stadtrat Wilhelm Wollenberg und Bürgermeister Heinrich Beil mit den Nachforschungen zur Druckerei-Geschichte begonnen hat. Zum Stadtfest 1964 hat er sein erstes Buch dazu vorgelegt, zum Stadtjubiläum 1990 erschien „Die Druckerei zu Ursel, 1557-1623, Versuch eines Porträts“. Damals setzte mit der Digitalisierung eine rasante Erschließung der Bibliotheksbestände ein, eine neue Buch-Zeit begann. „Ich musste noch nach Wien fahren, um ein bestimmtes Buch zu sehen“, schmunzelt Manfred Kopp heute. Er hat seine früheren Bibliotheksreisen geschätzt, für den Hobbyforscher waren sie „Erholung“ zwischen dem Arbeitsalltag. „Ich liebe Lesesäle“, sagt Kopp von ganzem Herzen.
!„Gedruckt zu Ursel – nicht weit von Frankfurt am Main“ ist ab sofort im Kreisarchiv zu Bad Homburg und im örtlichen Buchhandel für 20 Euro erhältlich. Herausgeber sind der Hochtaunuskreises und der Magistrat der Stadt Oberursel. Gedruckt wurde das Buch – natürlich in einer „Urseler“ Druckerei.