Kreis gibt Startschuss für zukunftsfähiges Radverkehrsnetz

Die Macher: Projektleiter Paul Fremer vom Planungsbüro RV-K und die Mobilitätsbeauftragte des Hochtaunuskreises, Lisa Meier-Ebert, bei der Präsentation. Im Hintergrund der Landrat bei einer Testfahrt auf der Landstraße zwischen Steinbach und Oberhöchstadt. Ein Abschnitt, der jetzt zum Pilotprojekt wird.Foto: Streicher

Hochtaunus (js). Das Ziel ist klar definiert, bis 2031 soll Radfahrern für den Alltagsverkehr ein Netz von über 800 Kilometer ausgebauten Radwegeverbindungen im Landkreis zur Verfügung stehen. So steht es im Radverkehrskonzept für den Hochtaunus mit Blickwinkel auf die nächsten zehn Jahre. Landrat Ulrich Krebs nannte es bei der Vorstellung am Montag eine „fundierte Grundlage für eine Mobilitätswende“. Das Konzept listet einen Katalog von 187 baulichen Maßnahmen auf. Der Hochtaunuskreis muss nach ersten Berechnungen mit einem Finanzbedarf von rund 28 Millionen Euro für die Umsetzung der Ideen rechnen, kalkuliert wird mit einer finanziellen Förderung von 70 Prozent.

Paul Fremer und sein Team vom Frankfurter Planungsbüro RV-K sind im vergangenen Jahr rund 1400 Kilometer mit dem Rad durch den Kreis gefahren. Haben mehr als 22 000 Fotos vom Ist-Zustand gemacht, zwischen Steinbach im Westen und Emmershausen weit draußen hinter dem Taunuskamm. Haben mit Kommunen verhandelt und mit Akteuren an Ort und Stelle gesprochen, mit Forstleuten und Landwirten diskutiert, potenzielle Nutzer befragt und dabei vor allem das Interesse von Radfahrern im Auge gehabt. Und aus all dem Datenmaterial einen „Netzentwurf“ von 850 Kilometern Länge gebastelt, erstmals einen „systematischen Ansatz“ für den möglichen Radverkehr der Zukunft entwickelt, so Landrat Krebs, der gar von einem „Meilenstein zur Klimaneutralität“ spricht. Und den Kreis und seine politischen Gremien jetzt in der Pflicht sieht, das aufgestellte Programm abzuarbeiten. Überschrift: „Die Zukunft fest im Sattel“. Der Kreisausschuss hat das Papier am Montagabend bekommen.

Großes Ziel ist die Vernetzung aller Städte und Gemeinden, Orts- und Stadtteile mit mehr als 500 Einwohnern und darüber hinaus mit angrenzenden Kommunen der Nachbarlandkreise. Radverkehrsplaner Fremer sieht das Modell auf vier Ebenen, vom Radhauptnetz Hessen über die Strecken des Regionalverbands Frankfurt RheinMain und den Hochtaunuskreis bis hinunter zu den Kommunen, auf dem Weg in die kleinste Einheit verdichtet sich das Netz der Verbindungen immer mehr. Heißt: Im integrativen Konzept sind Radschnellwege und Fernverbindungen genauso enthalten wie Pendelbeziehungen zwischen Orten und innergemeindliche Verbindungen, für die jeweils die Kommunen verantwortlich sind. Um 244 Kilometer regionale Verbindungen wird es in den nächsten zehn Jahren gehen, um 578 Kilometer „nahräumliche Verbindungen“, gebündelt zu einem Zielnetz von ungefähr 822 Kilometern für den „Alltagsradverkehr“. Wobei es dabei auch um „Mischverkehr“ gehen kann, wie es Paul Fremer nennt, gemeint ist die gemeinsame Nutzung von kleineren Landstraßen oder landwirtschaftlichen Wegen von unterschiedlichen Fahrzeugtypen.

„Friedliche Koexistenz“

Mancherorts wie am Kronenhof in Bad Homburg werben bereits Piktogramme auf dem asphaltierten Feldweg für friedliche Koexistenz aller Nutzer, manchmal sei dies aber auch ein „schwieriges Thema“, räumt Paul Fremer ein. Aber „wir haben gute Kompromisse auch mit Förstern herausgearbeitet“, sagt der Planer mit Blick etwa auf Verbindungsstücke durch den Wald. „Ich glaube an den Kompromiss“, sagt auch Landrat Krebs, ohne Umdenken werde eine Verkehrswende nicht zu erreichen sein. Oder einfach eine bessere Lösung im Einzelfall. Für den Hochtaunuskreis sei nun der Startschuss zur Umsetzung des Konzepts gefallen, die politischen Beschlüsse vorbereitet, das Budget für die kommenden Jahre im Haushalt eingestellt, im laufenden Jahr 1,4 Millionen Euro, 2023 eine Million Euro.

Auch beim „Pilotprojekt“, so Krebs, musste verhandelt werden, es geht um eine Radwegverbindung zwischen Steinbach und Oberhöchstadt, hoch frequentiert voraussichtlich, genutzt vor allem vom Schülerverkehr. Die Entscheidung ist nach einer prominent besetzten Testfahrt im vergangenen Jahr unter anderem mit Landrat, Lokalpolitikern und Fachplanern für einen „straßenbegleitenden Radweg“ gefallen statt für einen ebenfalls möglichen Ausbau von Wirtschaftswegen durch die Feldgemarkung. Nun soll der Radweg entlang der Kreisstraße geführt werden, mit einer 2,50 Meter breiten Doppelspur für Fahrten in beide Richtungen auf einer Straßenseite.

Der neue Radweg steht aktuell auf dem Programm, ein Beispiel nur auf einer langen Liste von kleineren und größeren Projekten, von denen viele einfach umzusetzen sind wie die zahlreichen eher kosmetischen Aufwertungen und Verbesserungen an bestehenden Radwegen. Das „eigentlich Spannende“ sind für den Fachplaner die richtigen Baumaßnahmen mit Neuordnung des Straßenraums, verkehrsberuhigender Umgestaltung ganzer Bereiche, Neuordnungen im Straßenraum und etwa Maßnahmen für Radschnellverbindungen. Krebs nennt da etwa den erwünschten Anschluss der Taunuskommune Usingen an bereits bestehende Wege von Friedrichsdorf über Bad Homburg und Oberursel Richtung Frankfurt. Die sei unbedingt erwünscht, so Krebs, es geht um knapp 23 Kilometer.

Der Abschlussbericht zum Radverkehrskonzept kann im Internet unter www.hochtaunuskreis.de eingesehen werden. Dort ist auch ein Link zu einer interaktiven Karte mit allen geplanten Maßnahmen hinterlegt.

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