Kronberg/Bad Soden (mg) – Im Jahr 1955 wurde der „Kronberger Tiergarten“ gegründet, seit vielen Jahrzehnten nun als Opel-Zoo bekannt. Das 27 Hektar große Reich der ungefähr 1.700 Tiere aus über 200 Ländern weltweit – meist aus Afrika, Asien und Europa – ist ein attraktives Wahrzeichen des vorderen Taunus, an sich des gesamten Rhein-Main Gebiets und mittlerweile weit über dessen Grenzen hinaus bekannt. Im Jahr 2022 kamen 601.046 Besucherinnen und Besucher in den Zoo; eine stolze Anzahl von Menschen, kleine und große, junge und alte und viele im Alter dazwischen. Erinnert man sich an seine eigene Kindheit und wuchs in dieser Gegend auf, so sind diese Gedankenbilder doch von „Sonne und T-Shirt“ im Opel-Zoo geprägt, bestenfalls ein Pullover kommt da noch ins Spiel. Es tummelt sich so allerhand an Sommertagen auf dem Gelände, ab und an reichen die Menschenschlangen vor dem Eintrittsbereich bis hinauf zum Parkplatz. Man fragt sich womöglich hin und wieder während dieser Tage, wer sich hier wie ein Tier benimmt – diejenigen vor oder in den Gehegen.
Kältere und „ruhige“ Jahreszeit
Nun ist Winter im Taunus und damit auch im Zoo. Es herrscht eine gänzlich andere Stimmung als zu wärmeren und warmen Kalenderabschnitten im Jahr, wenn man durch die Pforten tritt. Kaum jemand begegnet dem Besucher zunächst; es ist ungewohnt ruhig, gleichzeitig angenehm lebendig. Die Bewohner des Zoos nehmen sich nun mehr Raum. Es scheint, als ob einige der Tierarten die Menschenleere annehmen und dafür in Erscheinung treten. Und das tun sie bisweilen lautstark, wenn man beispielsweise am Gehege der Lemuren und auch der Berberaffen vorbeikommt.
Schwarzstörche, Ibisse und Enten
Nahezu mystisch, in jedem Fall fantastisch außergewöhnlich wird es, wenn man die grün bewachsene, fast verwunschene Schiebetür zur Freiflugvoliere öffnet und hindurchgeht, insbesondere, wenn es die Tage zuvor schneite und der Schnee liegen blieb. Ein Hauch Jurassic Park kann einem dort schon einmal in den Sinn kommen, wenn man inmitten des Geländes steht, das auch einen großen Weiher beherbergt. Es piepst, schnattert, kreischt, krächzt, ruft und flötet durch das Areal. Die Vogelarten kommunizieren scheinbar unter- und miteinander. Flügelschläge in der Luft sind ebenso akustisch wahrnehmbar wie Start- und Landegeräusche des Federviehs im Wasser. Der Schnee liegt in großen Teilen geschlossen auf dem gespannten Maschendach und lässt sinnlich noch mehr Abgeschiedenheit vom Rest der Welt atmosphärisch zu. Schaut man nach oben, mutet der in der Luft gleitende Schwarzstorch im Gegenlicht für einen kurzen Moment fast prähistorisch an. Es ist ganz herrlich, man fühlt sich geerdet, frei und doch geschützt. Natürliche Entspannung tritt trotz des bisherigen Alltags ein, man möchte zunächst „für immer hier bleiben“. Man atmet durch. Neben den frei fliegenden Vogeltieren ist auch die Architektur der Voliere beeindruckend, unaufdringlich bietet sie genug Raum für alle Beteiligten. Es ist ein ganz besonderer Ort auf dem Gelände des Zoos, im Winter einmal mehr. Ein Besuch zu ruhigen Zeiten dort ersetzt vermutlich die eine oder andere Entspannungsübung, ganz selbstständig und ohne etwas tun zu müssen. Es reicht aus, einfach nur dort zu sein.
Besonderheiten
Giraffen, selbst dem Laien wird das rasch verständlich, dürfen bei Schnee, Frost und Eis nicht auf ihr großes Außengehege zu den Zebras, denn galoppierende oder auch nur spazierende Giraffen im Winter sind so eine Sache. Auf die langbeinigen Tiere muss seitens der Zoomitarbeiterschaft wegen der Verletzungsgefahr aufmerksam geachtet werden, denn für sie kann das Ausrutschen auf einer Eisplatte mehr als folgenschwer sein. Ein kleiner Bereich steht für das „frische Luft Schnappen“ zur Verfügung, denn nur dort kann gewährleistet werden, dass man keine gefrorenen „Rutschfallen“ übersieht. Das großzügige Giraffengebäude lädt jedoch ausreichend zum Verweilen von Tier und Mensch ein. Viele andere Tierarten im Zoo kommen mit winterlichen Verhältnissen auch im Außengelände gut zurecht, sind es gewohnt oder sie passten sich im Laufe der Zeit an. Exoten wie Geparden und Zebras sind Kälte durchaus gewohnt, Zebras stammen im Ursprung aus den Kältesteppen Nordamerikas. Andere Protagonisten fühlen sich bei kühlen Temperaturen und entsprechenden Witterungsbedingungen sichtlich besonders wohl. Der Eisfuchs – oder auch Polarfuchs genannt – und die Schnee-Eule machen ihren Bezeichnungen alle Ehre und liegen an diesem Tag im Gehege, als würden sie sich sonnen, oder sie blinzeln aufmerksam und interessiert, auf dem Hochsitz hockend, entlang ihres Umfelds. Säugetiere und Vogelarten besitzen einen Bereich der Körpertemperatur, der ihnen dienlich ist und sie in ihrer Existenz unterstützt.
Thermoneutrale Zone
Als thermoneutrale Zone wird der Temperaturbereich bezeichnet, in dem die Körpertemperatur konstant gehalten werden kann, ohne dass das Verhalten eines Säugetiers oder eines gleichwarmen Wirbeltiers, wie es Vögel sind, angepasst werden müsste. Die obere und untere kritische Temperatur stellt die Grenzen dieses thermoneutralen Bereichs dar. Ist die Umgebungstemperatur niedriger als die untere kritische Temperatur, wird das Tier Wärme produzieren, um die Körpertemperatur aufrechtzuerhalten. Bei einem Anstieg der Umgebungstemperatur über die obere kritische Temperatur steigert das Tier die Wärmeabgabe. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie sich beispielsweise das Säugetier, zu dem bekanntlich auch der Primat Mensch gehört, erwärmt. Dazu gehört auch die Nahrungsaufnahme.
„Dem Eisfuchs im Übrigen beginnt erst ab einer Temperatur von -40 Grad Celsius ,kalt zu werden‘, dann beginnt er, auszugleichen. Er besitzt die größte Anzahl von Fellhaaren pro Flächeneinheit; sein Fell ist sogar dichter als das des Eisbären. Im Vergleich zu seinen Fuchskollegen besitzt er recht kleine Ohren. Große Ohren sorgen für eine große Körperoberfläche – also viel Platz zum Kühlen. Der Wüstenfuchs hat sehr große Ohren, über die er die überschüssige Wärme abgeben kann. Der Polarfuchs dagegen besitzt kleine Ohren und eine kurze Schnauze. So hält er seine Körperwärme und spart Energie. Beim Säugetier Mensch beginnt der Bereich, in dem Temperatur ausgeglichen werden muss, nebenbei bemerkt, bereits in etwa unter 20 Grad Celsius“, erklärt dann auch Dr. Martin Becker der Redaktion. Becker leitet seit 25 Jahren die Zoopädagogik im Kronberger Freigehege. Von Beginn an hat der engagierte Biologe das pädagogische Angebot aufgebaut, um immer neue Facetten erweitert und so federführend dafür gesorgt, dass der Opel-Zoo heute mit über 20.000 zoopädagogisch betreuten Personen im Jahr einer der bestgenutzten außerschulischen Lernorte Hessens ist.
Zoopädagogik
Der zoopädagogische Bereich ist eine der Herzkammern des Opel-Zoos. Das kann man im zweifachen Sinn verstehen, denn zum einen werden durch das Team vor Ort Kindern, Jugendlichen, aber auch Erwachsenen zahlreiche Lernangebote gemacht, wie beispielsweise im Winter themenspezifische Führungen oder Zoo-Rallyes, bei denen man bei einem Zoorundgang mit Broschüre sein Wissen unter Beweis stellen oder etwas dazu lernen kann. Artenvielfalt und Erhaltung von Biodiversität sind Themen in aller Munde und so aktuell und wichtig wie nie. Zum anderen werden auch die Tiere beschäftigt, die beschäftigt werden müssen. Sind die Gehege der Tiere adäquat, dann beschäftigen sich die Bewohner dort selbst und miteinander. Auch Tiere dürfen sich zudem einmal langweilen, genauso wie das Menschen auch tun und häufiger einmal ausprobieren sollten. Es gibt jedoch auch Phasen, in denen die Zoopädagogik für das „Unterhalten“ der Tiere sorgen muss. Wenn Tiere zu lange im Stall stehen, sind sie nicht ausgeglichen. Spielerisch werden sie dann im Zoo beschäftigt, auch bei der Futtergabe. Futter wird dann häufig versteckt, die Tiere müssen es suchen und kommen in dieser Zeit „nicht auf dumme Gedanken“. Ein paar Streicheleinheiten mehr, wenn gewünscht, gibt es natürlich auch.
Tierpflege
Neben den Zoopädagoginnen und Zoopädagogen ist der Bereich der Tierpflege ein wesentlicher Stützpfeiler, wenn es um das Wohl der Zoobewohnerschaft geht. Im Winter muss bisweilen noch mehr angepackt werden, als es ohnehin schon der Fall ist. Die Wege müssen schnee- und eisfrei gehalten, Schlösser enteist, die Ställe häufiger ausgemistet werden, wenn die Tiere sich dort länger aufhalten, grundsätzlich muss vermehrt „zugefüttert“ werden – auch Heu, außerdem geht es um die Mischung des Futters. Bei niedrigen Temperaturen und kalter Witterung werden der Tiernahrung Vitamine und Nährstoffe hinzugefügt, um die Abwehrkräfte zu stärken. Denn auch Tiere können „Schnupfen“ und mehr bekommen, das steht außer Frage.
Winterschläfer gibt es im Opel-Zoo selbstverständlich auch. Dazu zählen unter anderen Hamster, Haselmäuse und Ziesel sowie die wechselwarmen Tiere, beispielsweise Eidechsen und Schildkröten. Apropos, die Brillenpinguine in Kronberg stammen aus Südafrika. Kälte ist gar nicht mal so sehr ihre Sache, was man klischeehaft vermuten könnte. Gerade einmal fünf der insgesamt 18 Pinguinarten weltweit haben ihren Lebensbereich in der Arktis.