Am Erntedankfest zur Besinnung kommen

Vikar Krombacher verteilt die Oblaten beim Erntedank-Abendmahl vor der Kulisse der Strohballen als Erinnerung das letzte Abendmahl von Jesus mit seinen Jüngern und als Aufforderung, auch in diesen herausfordernden Zeiten die Gemeinschaft mit Gott zu suchen. Foto: HB

Von Hans-Jürgen Biedermann

Steinbach. An diesem Erntedankfest überwogen die kritisch-hinterfragenden Gedanken die reine Freude über den Wohlstand. Mahnende Worte gab es beim ökumenischen Gottesdienst der evangelischen St.-Georgs-Gemeinde.

In der Pandemie hat die Kirche die große Bühne entdeckt. Die evangelische St.-Georgs-Gemeinde feierte am vergangenen Sonntag das Erntedankfest zum zweiten Male in einer Scheune auf dem Fohlenhof. Diesmal bildete ein ökumenischer Gottesdienst mit Abendmahl nach evangelischem Ritus den Rahmen. Doch am Klagelied über die bedrohte Schöpfung hat sich im Vergleich zum Vorjahr nichts geändert. Ohne Gottes Hilfe, so die pastorale Botschaft, werde die Rettung des Planeten Erde nicht gelingen.

Die Strohballen türmten sich auf sechs Reihen bis unter das Dach. An der Stirnwand saß das achtköpfige Orchester. Den mit einem Laib Brot dekorierten Altar säumten Maispflanzen. Davor stand eine Vase mit Sonnenblumen, lag ein Bündel Karotten, ein Korb mit Äpfeln. Die Ernte symbolisierten Kürbisse und Baum-obst, gemalt von Kindern aus den kirchlichen Einrichtungen. Das Geläut der Glocken kam vom Band, derweil die Protagonisten Stuhl an Stuhl saßen: Pfarrer Herbert Lüdtke, Margit Koschel vom Leitungsteam der St. Bonifatius-Gemeinde und Vikar Sebastian Krombacher.

Das Gros der knapp 150 Besucher verteilte sich auf Bänke mit und ohne Lehne. An den Seitenwänden gab es Sitzgelegenheiten aus gepresstem Stroh, auf denen Gastgeber Andreas Jäger mit Frau und Sohn Platz genommen hatte. Bald darauf gab die musikalische Leiterin, Ellen Breitsprecher, die Losung aus: „Jeder darf mit Maske singen.“ Herbert Lüdtke begleitete den Chor mit der Ziehharmonika.

Essen gehört nicht in den Müll

Vergangenen Freitag hatte es weltweit Klimaalarm gegeben und überall sind Demon- stranten auf die Straße gegangen. Nunmehr wurde der Protest in den Steinbacher Gottesdienst getragen, mit Plakaten und Sprechchören wollten Mitglieder der Familienkirche und der Ökumenischen Arbeitskreises die Gemeinde aufrütteln. Pfarrer Lüdtke skandierte lauthals „Ökodiktatur jetzt.“ Essen gehöre nicht in den Müll und Steaks aus Südamerika nicht auf den Tisch. Es gab in diesem Gottesdienst nichts mehr zu lachen, weil „Wälder brennen und Arten sterben.“ Der Mensch sei seiner Verantwortung gegenüber der ihm von Gott anvertrauten Schöpfung nicht gerecht geworden. „Die Ehrfurcht vor dem Leben ist verloren gegangen,“ beklagte der Pfarrer.

Margit Koschel sprach für die katholische Gemeinde am Ende einer Woche, in der die Bischofskonferenz in Fulda die Frauenfrage wieder einmal aufs Abstellgleis geschoben hat.

Wille zum Umweltschutz fehlt

Es fehle in der Politik, aber auch bei jedem Einzelnen der Wille zum Umweltschutz. Koschel zitierte aus der Lobpreisung des Franz von Assisi über die unvergleichliche Schöpfung, die zu dessen Lebzeiten im 13. Jahrhundert noch in Takt war. Für ihn ist die „Umwelt“ eine „Mitwelt“ und ihre Geschöpfe sind um ihrer selbst willen da, nicht als „Gebrauchswert“ für den Menschen Für ihn sind die Gestirne und Elemente, die Pflanzen und Tiere „Brüder“ und „Schwestern“ und die Erde wird zur „Mutter“. Alles verweise auf Gott als den Schöpfer allen Seins.

Zum Abendmahl gingen die Christen aus den beiden Gemeinden nahezu geschlossen. Vikar Krombacher erkannte darin die Gemeinschaft mit Gott und die Erinnerung an Jesus Christus, der am Tag vor seiner Kreuzigung Brot und Wein mit den Jüngern geteilt hat. Wegen der Coronaregeln versammelte sich die Gemeinde nicht am „Tisch des Herrn“, sondern blieb nach dem Empfang der Oblate an ihren Plätzen.



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