Große Stromfabrik auf wertvollen Äckern

Finde den Unterschied! So wie auf dem oberen Bild sieht der Blick vom Ende der Niederurseler Allee in Eschborn über die Felder in Richtung Frankfurt und A5 heute aus. Auf dem unteren Bild ist das 40 Fußballfelder große Umspannwerk zu erkennen, das ab 2031 dort stehen könnte. Auf der Internetseite des Netzbetreibers Tennet sind zahlreiche Simulationen zu finden.Grafik: Tennet/Eschborner Woche

Eschborn/Steinbach (MS). Auf den Feldern zwischen Eschborn, Steinbach und der A5 soll bis zum Jahr 2031 ein riesiges Umspannwerk gebaut werden. Bei einer Informationsveranstaltung erläuterten die Netzbetreiber Tennet und Amprion, welche Dimensionen das Bauwerk haben wird und warum es gebaut werden muss.

Rund 100 Bürger folgten der Einladung ins Mercure-Hotel im Eschborner Helfmann-Park und ließen sich das Projekt an verschiedenen Informationstischen, -schautafeln und Monitoren erläutern. Über die schiere Größe waren fast alle überrascht: Die Anlage wird rund 500 Meter lang und 400 Meter breit werden. Auf dieser Fläche von rund 20 Hektar entsteht ein wahrer Wald aus Leitungen und Masten, die bis zu 26,5 Meter hoch werden.Doch ohne solche neuen, riesigen Umspannwerke sind Digitalisierung und Energiewende nach Meinung der beiden Netzbetreiber in Deutschland nicht zu schaffen. Denn der Strombedarf wird in den nächsten Jahrzehnten massiv ansteigen und außerdem muss viel mehr Strom hin- und her transportiert werden, weil die Energie nicht mehr aus einigen wenigen Großkraftwerken, sondern aus tausenden Windparks und Photovoltaikanlagen kommt. Tennet plant, die Leistungsfähigkeit seiner Netze annähernd zu verfünffachen. Allein rund um Frankfurt müssen dafür neun Umspannwerke wie in Eschborn gebaut werden. Die Anlagen funktionieren ähnlich wie ein Trafo an einer Lampe, der den 220-Volt-Strom aus der Steckdose in 12 Volt umwandelt – nur in einer ganz anderen Dimension. Das Eschborner Umspannwerk wird dafür sorgen, dass der Strom, der künftig mit einer Spannung von 380 000 Volt ankommt, zur Weiterverteilung auf eine niedrige Spannung von 110 000 Volt gebracht wird, was immer noch das Fünfhundertfache einer Stromleitung im Haushalt ist. Damit das möglich ist, sind große Transformatoren und andere riesige technische Anlagen erforderlich.

Auf welchen der heutigen Äcker die 40 Fußballfelder große Anlage errichtet wird, ist noch offen. Tennet hat drei mögliche Flächen zwischen Eschborn, Steinbach und der Autobahn identifiziert, auf denen ein Bau grundsätzlich möglich ist. Die endgültige Entscheidung soll zwar erst Ende 2026 getroffen werden, die sogenannte „Variante E2“ kristallisiert sich aber bereits jetzt als die günstigste heraus. Dort ließe sich das Projekt laut Tennet am einfachsten umsetzen. Außerdem hat das Unternehmen in den vergangenen Monaten bereits 80 Prozent der erforderlichen Flächen aufgekauft.

Insgesamt hat Tennet nach eigenen Angaben in dem gesamten Bereich schon 40 Hektar Land gekauft, zum Teil auch für erforderliche Ausgleichsflächen. Das Unternehmen ist auch mit den Planungen weit fortgeschritten, hat den Bereich umfangreich untersuchen und kartieren lassen. Auf der Internetseite tennet.eu/de/projekte finden sich umfangreiche Informationen und Animationen zu dem Umspannwerk.

Städte wurden überrascht

Kommunalpolitik und Öffentlichkeit haben von alledem bisher wenig bis gar nichts mitbekommen. Ende Juni wurden die Pläne in den umliegenden Rathäusern bekannt. Die Städte Frankfurt, Steinbach, Eschborn, Bad Homburg und Oberursel haben daraufhin eine gemeinsame Presseerklärung veröffentlicht. Die Kommunen erkennen darin die Notwendigkeit des Netzausbaus an und befürworten eine abgestimmte gemeinsame Lösung. Sie setzen auf transparente Zusammenarbeit mit Übertragungsnetzbetreibern, Landesbehörden, Landwirtschaft, Öffentlichkeit und dem Regionalverband FrankfurtRheinMain. So solle ein „Modellraum für einen fairen, nachvollziehbaren Netzausbau“ entstehen. Ziel sei eine frühzeitige, lösungsorientierte Einbringung regional abgestimmter Trassen- und Standortvorschläge, um Belastungen gerecht zu verteilen und Konflikte früh zu klären. Die Städte fordern unter anderem, dass so wenig Fläche wie möglich verbraucht werden soll, dass hochwertige landwirtschaftliche Flächen möglichst geschützt werden sollen und dass es eine gerechte Lastenverteilung geben soll. „Den Kommunen ist bewusst, dass nicht jede Maßgabe gleichzeitig vollständig erfüllt werden kann und dass sie in den Verfahren lediglich beteiligt, nicht federführend sind. Sie fordern daher sorgfältige Abwägungen, einen fairen Ausgleich sowie einen offenen Dialog aller Beteiligten“, heißt es in der gemeinsamen Erklärung. Erwartet würden transparente Rückmeldungen der Netzbetreiber, nachvollziehbare Angaben zum Flächenbedarf und eine einheitliche Bewertungsgrundlage für unterschiedliche Technik- und Standortvarianten. Alle beteiligten Akteure seien eingeladen, den weiteren Prozess gemeinsam zu gestalten und so einen nachhaltigen, tragfähigen Netzausbau in der Region zu ermöglichen.

An Schautafeln und Bildschirmen erläutern Mitarbeiter von Tennet und Amprion ihre Pläne für ein riesiges Umspannwerk zwischen Eschborn, Steinbach und der A5. Foto: Schlosser

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