Lichterkette für Solidarität und Frieden

Rund 500 Steinbacher säumen den Bürgersteig entlang der Bahnstraße, um bei einer Lichterkette ihre Solidarität mit den Menschen in der Ukraine zum Ausdruck zu bringen und gegen den Krieg zu protestieren. Foto: fk

Von Hans-Jürgen Biedermann

Steinbach. Der Krieg in der Ukraine macht viele Menschen fassungslos aber nicht tatenlos. Die Steinbacher haben am vergangenen Freitag ihre Verbundenheit mit der Ukraine eindrucksvoll bewiesen. Der kurz zuvor gebildete „Arbeitskreis für Solidarität und Frieden rief zu einer Lichterkette auf und 500 Steinbacher kamen.

Zunächst sah es so aus, als sei es ein ganz gewöhnlicher Freitagabend in der Bahnstraße. Vor dem Dönerladen standen die Leute Schlange, in der Sportsbar „Adler Place“ erwarteten die Gäste den Anpfiff des Bundesligaspiels im Fernsehen, der Barber bediente die letzten Kunden und aus dem Lokal “Holzwurm“ schimmerte blau-rotes Licht. Doch um 19.10 Uhr gingen dort zwei junge Frauen mit Laternen vorbei – Vorboten der Lichterkette, zu der sich gegen 19.30 Uhr die Reihen zwischen Gartenstraße und Freier Platz schlossen. Zu der Aktion aufgerufen hatte der Arbeitskreis, dem die beiden Kirchengemeinden St. Georg und St. Bonifatius, die muslimische Ahmadiyya-Gemeinde, der Vereinsring, das Stadtparlament, die politischen Parteien und der Magistrat angehören.

Es sollten Lichter der Hoffnung für die vom Krieg betroffenen Ukrainer sein. Es leuchteten Wind- und Teelichter, es brannten Laternen und Kerzen. Jemand trug sogar eine batteriebetriebene Glühbirne um den Hals. Überall brachten Taschenlampen Licht ins Dunkel.Bürgermeister Steffen Bonk nannte die Resonanz „überwältigend“.

Für die allermeisten Steinbacher war die Teilnahme an einer Steinbacher Lichterkette eine Premiere. Etwas Vergleichbares gab es nur in den neunziger Jahren, als Reaktion auf die Angriffe Rechtsradikaler auf Ausländer im sächsischen Hoyerswerda. Stefan Naas war bei beiden Solidaritätsbekundungen dabei. Damals als blutjunger Stadtverordneter und heute als Landtagsmitglied.

Mit ihm stand aber zum Beispiel auch Doris Fiekers am Straßenrand, die am Morgen eine Fernsehrede von Wladimir Klitschko, dem Bruder des Kiewer Bürgermeisters Vitali Klitschko, zu Tränen gerührt hatte und nunmehr ein Licht auf dem freien Platz leuchten ließ. Genauso wie ihre Begleiterin Ursula Hofmann, die beim Stichwort Ukraine-Krieg zuerst die Bilder von den „armen Leuten in den U-Bahnschächten“ abruft. Die beiden stehen genauso in der Menschenkette wie Erster Stadtrat Lars Knobloch, Pfarrer Herbert Lüdtke, Pastoralreferent Christoph Reusch, die Fraktionsspitzen Sabine Schwarz-Odewald, (Grüne), Kai Hilbig (FDP) und Christian Breitsprecher (CDU). SPD-Chef Moritz Kletzka hatte am Donnerstag vor dem Rathaus in einem parteipolitischen Alleingang die ukrainische Fahne entfaltet, aber am Freitagabend fehlte er.

Es bleibt aber nicht bei Symbolik, sondern es sind auch Hilfsaktionen in Steinbach angelaufen. Im Rathaus wurde eine Meldestelle für Wohnungsgebote eingerichtet und auf ihrer Homepage nennt die Kommune Adressaten für Geldspenden. Die evangelische Kita „Regenbogen“ nimmt in der Untergasse 29 Sachspenden entgegen, die an den Ukraine-Verein in Mainz gehen, der sie wiederum in das Kriegsgebiet weitergeleitet. Die Liste der benötigten Sachen ist lang. Sie umfasst beispielsweise Medizinprodukte, Winterkleidung, Taschenlampen, Hygieneartikel und haltbare Lebensmittel. Auch in einer privaten Garage einer Steinbacher Familie stapeln sich Kisten mit Hilfsgütern für Kiew. In wenigen Tagen haben rund 100 Steinbacher durch Spenden Hilfe geleistet. Den Abtransport organisierte Anfang der Woche der Ausländerbeirat in Frankfurt. Die gelb-blaue Fahne der Ukraine, dekoriert mit einer Friedenstaube, hat Platz auf der städtischen Homepage gefunden. Dort sind jene Hilfsgüter aufgelistet, von denen im Zielgebiet Mangelware herrscht. Steinbacher, die Wohnraum für Flüchtlinge zur Verfügung stellen, werden an eine Kontaktperson in der Stadtverwaltung verwiesen. Erste Angebote seien bereits eingegangen, heißt es von seiten der Stadt. Diese kann in der Sodener Straße und der Kirchgasse Unterkünfte in Häusern zur Verfügung stellen, in denen früher Asylbewerber untergebracht wurden. Bürgermeister Steffen Bonk geht aber davon aus, dass zunächst einmal kein Bedarf besteht, weil Menschen aus der Ukraine entweder bei Landsleuten oder in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes in Gießen eine Bleibe finden. Für Geldspenden empfiehlt die Stadt gemeinnützige Initiativen wie „Ein Herz für Kinder“, „Luftfahrt ohne Grenzen“ und „Aktion Deutschland“ hilft.

Die Kirchengemeinden und die Ahmadiyya -Gemeinde beten bis auf weiteres jeden Abend ab 19 Uhr auf dem Freien Platz um Frieden. Die Flüchtlingshilfe Steinbach trifft sich sarüber hinaus am Mittwoch, 23. März, zu einer außerordentlichen Sitzung.

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