Steinbach. „Sie sind also fest entschlossen, sich zu trennen?“, fragte Dr. Bruhns. „Auf jeden Fall!“, rief Georg Lehnert wie aus der Pistole geschossen. „Naja…“, meinte dessen Frau Doris zögerlich. Es schien Doris Lehnert gar nicht so leicht zu fallen, das Ende der Ehe nach 26 gemeinsamen Jahren zu akzeptieren, weswegen sie auch auf die Trennungstherapie bestand. Eine Scheidung kommt in den besten Familien vor, doch auch wenn sich beide Partner vornehmen, keine Schlammschlacht daraus zu machen, tut es einfach weh. Und am Ende streitet man sich doch und wenn es dabei nur um die Frage geht: „Wer nimmt den Hund?“
Während Doris Lehnert sich noch in der Phase der Verleugnung befand, was das Eheaus betraf, war Georg Lehnert schon einen Schritt weiter. Er wirkte genervt und saß lustlos auf der ihm zugewiesenen Couch. Immer wieder wurde an diesem Abend die Bühnenhandlung für Rückblicke unterbrochen – ein besonders schönes Stilmittel, das sehr gut zum Stück „Und wer nimmt den Hund?“, nach dem gleichnamigen Spielfilm, passte.
An diesem Abend begleiteten die Zuschauer das Ehepaar Lehnert, deren Charakterzüge, Stärken wie Schwächen, Julia Bremermann und Michael Roll, beide aus einer Vielzahl deutscher TV-Produktionen bekannt, in ausgefeilter Echtheit darstellten. Nichts wirkte einstudiert oder auswendig gelernt. Hier waren Profis der Extraklasse am Werk. Sollte eine Bewegung oder eine Geste eher zufällig wirken, obgleich sie genau so im Drehbuch stand, erschien sie dem Publikum spontan. Und auch jede Pointe innerhalb der erfrischend bösen Dialoge wurde auf den Punkt abgeliefert und bescherte viele Lacher.
Woran scheiterte nun aber die Ehe von Doris und Georg Lehnert? Damals, als sie sich im Aquarium, in dem Georg arbeitet, kennenlernten, war die spätere Ehefrau von der Klugheit und dem Wissen ihres Partners in spe begeistert. Er fand hingegen ihre Nase einfach zum Dahinschmelzen. Und dann erfuhren die Außenstehenden auf den derzeit noch 172 Sitzplätzen im Saal vom eigentlichen Grund für die Trennungsgespräche: Georg Lehnert hatte sich auf eine Affäre mit der 32-jährigen Doktorandin Laura (Dominique Siassia) eingelassen. „Sie gibt mir das Gefühl noch nicht sterben zu müssen“– da war nun also die Angst eines alternden Mannes, nicht ewig zu leben und im schlimmsten Fall auch noch das Gefühl zu haben, er hätte es besser haben können. „Ach und ich tauge nur noch als Sterbebegleitung?“, fauchte Doris, bevor die Szenerie wechselte und sich die Eheleute in Trennung separiert bei ihren Freunden über einander ausließen. Bei Claudia (Sandrine Guiraud) und Peter (Hartmut Lehnert) führte die Trennung von Doris und Georg allerdings auch zum ein oder anderen Ehekrach, als sie diskutierten, ob oder wie verständlich Georg Lehnerts Lage sei.
Später eskalierte die Situation dann Stück für Stück als die eifersüchtige Doris Lauras Auto in Brand steckte und sich auch einen „Lover“ zulegte, um ihrem zukünftigen Exmann den symbolischen Mittelfinger entgegenzustrecken. Axel, der erfolgreiche Journalist mit einem Hang zu teuren Autos, trat zwar nicht auf, ebenso wenig wie der titelgebende Hund „Lewandowski“, doch sorgten beide für Trubel auf der Bühne. Und um sich endgültig unabhängig zu machen, gründete Doris eine eigene Firma. „Was soll das für eine Firma sein? Ein Bauunternehmen für Luftschlösser?“, wollte Georg wissen, der dank Zugewinn in der Ehe unfreiwillig als Sponsor für dieses Unternehmen eingespannt wurde.
Während Doris Lehnert in der nächsten Sitzung nur so vor Energie sprüht, stand ihr Mann vor dem Scherbenhaufen seiner Selbstbefreiung: Während er mit einem Bandscheibenvorfall im Krankenhaus lag, hatte Laura die Flucht aus der Beziehung mit dem doch nicht mehr so vitalen, wie jene feststellen musste, Zoologen ergriffen. Doch dann rief die gemeinsame Tochter der Lehnerts an. Lewandowski musste eingeschläfert werden. „Was? Wer wird nicht durchkommen?“, fragte Dr. Bruhns erst entsetzt und dann erleichtert, als sie erfuhr, dass es „nur“ um den Vierbeiner ging. „Ach, es geht nur um den Hund?!“– das fanden ihre Patienten wiederum überhaupt nicht erleichternd: „Es geht nicht „nur“ um den Hund. Es geht um Lewandowski!“, rief Georg entrüstet. Wenige Augenblicke später saßen die Lehnerts zusammen auf der Couch in ihrem Wohnzimmer und kramten in Erinnerungen an früher. Ein Verlust schweißt zusammen, denn es fielen Sätze wie „Ich will nur, dass du glücklich bist“ und dann landeten die beiden unerwartet aber auch irgendwie unvermeidlich gemeinsam im Bett.
Doch obwohl Georg es daraufhin nochmal mit Doris versuchen wollte, entschied sich diese, es erst einmal allein zu probieren. Sie trennten sich im Guten. „Viel Glück“, wünschten sie einander.
Anrufen? Die Nummer des anderen löschen? Es blieb offen, wie es weitergehen könnte. Großartige Vorstellungen liegen hinter den treuen Zuschauern des Steinbacher Theaters. Es wird etwas fehlen, bis im Oktober der Vorhang wieder aufgeht für „Nein zum Geld“, worauf sich das Publikum bereits freuen darf.