Stadtparlament kommt zeitweise vom Pfad der Tugend ab

Steinbach (HB). Am Tisch des Stadtverordnetenvorstehers herrschte viel Betrieb. Die Fraktionsspitze der Koalition, Astrid Gemke (FDP) und Jürgen Galinski (SPD), steckte mit Bürgermeister Steffen Bonk, mit Unionsmann Heino von Winning und Parlamentschef Manfred Gönsch die Köpfe zusammen. Man feilte mit Erfolg an einem interfraktionellen Antrag zu einem kommunalpolitischen Dauerbrenner – den Kita-Gebühren. Um diese Zeit, nach 22 Uhr am Montag im Bürgerhaus, hatte das Parlament auf den Pfad der Tugend zurückgefunden.

Zuvor wurde ziemlich heftig gestritten. Der Vorsteher musste die Sitzung dreimal wegen Beratungsbedarfs unterbrechen, was ihm vorher noch nie passsiert war. Der vom Bürgermeister angemahnte gemeinsame Antrag lag nun wirklich nahe, denn Koalition und CDU-Opposition lagen nahe beieinander. Beide Seiten wollen die Gebührenerhöhung für U3-Kinder wenigstens so lange aussetzen, bis der Etat 2021 in trockenen Tüchern ist. Der Haushaltsentwurf des Magistrats lässt auf sich warten, weil ihm noch keine belastbaren Zahlen über die Steuereinnahmen in Corona-Zeiten vorliegen.

Gleichwohl präsentierte jedes Lager einen Antrag. Doch die Sozialliberalens hatten sich sprachlich vergaloppiert und mussten sich von der CDU sagen lassen, der Text enthalte eine „doppelte Verneinung“, mithin die „Aussetzung der Aussetzung“. Die Emfehlung, sich dem Änderungsantrag der CDU anzuschließen, mochte die Koalition freilich nicht beherzigen, und so kam der Bürgermeister als „Friedensstifter“ ins Rennen.

Für die betroffenen Eltern ist wichtig: Die Gebühren werden bis auf weiteres nicht erhöht. Zugleich haben Familien, die von Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit oder Insolvenz betroffen sind, die Mögloichkeit, Antrag auf Stundung der Betreuungskosten für ihre Kinder zu stellen. Darüber werden die Eltern von der Stadt schriftlich informiert. Die Grünen sind in dieser Frage am konsequentesten. Sie wollen gar keine Kita-Gebühren und sehen darin eine Investition in die Bildungszukunft.

Zur Gesichichte dieser denkwürdigen Sitzung gehört auch, dass CDU-Fraktionschef Holger Heil die Mäkelei wegen eines Änderungsantrags „zum Kotzen“ fand. Vorsteher Manfred Gönsch wiederum fühlte sich dem Verdacht der „Manipulation“ zum Nachteil der Grünen ausgesetzt und wehrte sich mit aller Schärfe. Die Grünen waren zu bedauern, denn ihre Anträge standen erneut am Ende der Tagesordnung. Sie werden noch einmal aufgerufen.

Beobachter meinen , diese Sitzung sei erst der Auftakt zu einem Wahlkampf, der im Parlament aus dem Ruder laufen werde. Dann muss der Vorsteher in Bestform sein.



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