Sulzbach (mas) – In der 24. Sitzung der Gemeindevertretung Anfang Juli wurde für den Bebauungsplan Nr. 85 „Bahnbegleitender Fuß- und Radweg zwischen Bahnstraße und Oberliederbacher Weg“ gestimmt (siehe KW 28, S. 1). Nun, nachdem der Plan ausgelegt und der Öffentlichkeit die Möglichkeit gegeben worden war, Stellungnahmen und Anregungen einzureichen, wurde über die Abwägungen und den Satzungsbeschluss abgestimmt.
Doch dazu gab es in der 25. Sitzung der Gemeindevertretung am vergangenen Donnerstag eine Diskussion, die es ordentlich in sich hatte und so selten zu sehen ist. Zu Beginn des Tagesordnungspunkts stellte Daniele Verges (SPD) als Vertretung für den abwesenden Vorsitzenden des Planungs- und Bauausschusses, Stefan Hartmann (FDP), den aktuellen Stand des Bebauungsplans vor. Ganze 33 Stellungnahmen wurden von Bürgern eingereicht. Dazu kommen 23 Stellungnahmen von insgesamt 40 angefragten Behörden oder Trägern öffentlicher Belange. Die Abwägung, Begründung und Auswirkung jedes einzelnen Punktes innerhalb der Stellungnahmen wurde von der Verwaltung auf insgesamt 385 Seiten festgehalten. Wie Verges berichtete, waren die häufigsten Themen die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des Bebauungsplans, der Umweltschutz und die Versiegelung der Fläche. Der Planungs- und Bauausschuss bestätigte mit sieben Ja- und zwei Nein-Stimmen die Abwägungen. Und so landete der Bebauungsplan schließlich wieder in der Sitzung der Gemeindevertretung.
Bekanntlich sind die Freien Wähler (FW) und die FDP gegen den Bebauungsplan Nr. 85, und so nutzte das neue Mitglied der Gemeindevertretung und neuer Fraktionsvorsitzender der FDP, Arnim-M. Nicklas, die Möglichkeit, sich zu dem Plan zu äußern. Nachdem er sich zunächst vorstellte und seine Vita anriss, äußerte er seine Bedenken bezüglich des Radwegs. Problem sei etwa, dass der geplante Radweg niemanden nach Sulzbach bringen würde, sondern nur dabei helfe, Bad Sodener so schnell wie möglich wieder aus der Gemeinde zu bringen. Weder gebe es eine Erschließung zur Cretzschmar-Schule, noch zur Sporthalle oder der Innenstadt. „Wir Sulzbacher haben davon überhaupt keinen Nutzen“, so Nicklas. Für die Bürger gebe es lediglich Kosten in Höhe einer halben Million Euro, wobei laut dem Fraktionsvorsitzenden zu erwarten sei, dass die Kosten deutlich steigen würden. Statt eines neuen Radweges oberhalb der Bahntrasse gebe es genügend bereits bestehende Alternativen, wie etwa den Weg durch den Park unterhalb der Trasse. Zudem kritisierte Nicklas die Grünen, da sich ihre Partei eigentlich um Themen wie Umweltschutz sorgte. Doch nun begrüße sie die Versiegelung von 4.000 Quadratmetern Grünfläche. Des Weiteren gebe es keine Bedarfsplanung und die Einbindung in die Bahnstraße sei aus Sicht der Verkehrssicherheit problematisch. Abschließend hielt Nicklas fest: „Wir von den Freien Demokraten sind nicht gegen einen Radweg“, aber es müsste ein sinnvoller und notwendiger sein.
Es folgte eine Antwort von Verges, die erklärte: „Die SPD hatte es sich mit der Entscheidung nicht leicht gemacht.“ Eine Entscheidung wäre erst nach zwei Begehungen der betroffenen Fläche und internen Diskussionen getroffen worden. Zudem soll es ein dreistündiges Gespräch mit drei Mitgliedern der Bürgerinitiative (BI) Radweg gegeben haben, das Verges als gut betitelte. Die BI hätte die Argumente der SPD als schlüssig empfunden. Aus dem Gespräch entstand der kürzlich eingebrachte Antrag der SPD, der die Prüfung eines möglichen Radwegs in der Wiesenstraße beantragte. Aufgrund der vorhandenen Parkplätze und weiterer Aspekte sei diese Alternative jedoch nicht umsetzbar (siehe KW 22, S. 5) gewesen, weswegen sich die SPD wieder hinter den ursprünglichen Antrag stellte. Die Fraktion widerspreche somit vehement der Behauptung, sie hätte weder den Bürgern noch der BI zugehört. „So funktioniert Demokratie nicht. […] Die Mehrheit entscheidet, die Minderheit akzeptiert.“ Zudem widersprach Verges der Gültigkeit des Arguments Nicklas’, dass der Radweg den Sulzbachern nichts bringen würde: „Wir dürfen nicht nur für Sulzbach denken.“ Diese Denkweise wäre nämlich zu klein, stattdessen müsse es Investitionen geben, die es überhaupt ermöglichen, über Ortsgrenzen hinauszukommen. Ansonsten würde es auch keine Autobahnen oder Ähnliches geben.
Die Diskussion über den Bedarf griff auch Helmuth Christian (FW) auf, der zunächst darüber berichtete, dass ihn vermehrt Bürger darum gebeten haben sollen, „den Mist“ zu verhindern. Auch Christian sagte, dass es keine Bedarfsanalyse gebe. Stattdessen seien die Zahlen „aus der Luft gegriffen“. Um den Bedarf des Radwegs zu decken, schlug er vor, dass man mit Lautsprechern durch Bad Soden fahren solle. Dabei solle man dazu aufrufen, den Radweg zu nutzen. Auch auf das Gegenargument der SPD ging er ein und erwähnte, dass ortsübergreifende Themen Aufgabe des Bundes und des Landes seien. Für die FW sei der Weg unterhalb der Bahntrasse der bessere, zudem gebe es in Sulzbach Projekte mit höherer Priorität.
Die Versiegelung der Fläche wurde wieder von Dieter Geiß (CDU) aufgegriffen, der mitteilte, dass sich auch die CDU mit einer Entscheidung nicht leichtgetan hätte. Man habe sich intensiv mit den verschiedenen Argumenten auseinandergesetzt und sei schließlich zu dem Entschluss gekommen, dass die Argumente für den Radweg überwiegen. Außerdem handele es sich nicht um 4.000, sondern um 3.051 Quadratmeter versiegelter Fläche. Die Zahl sei von der BI verbreitet worden und entspreche nicht der Wahrheit. Außerdem gbe es eine Bedarfsanalyse, über deren Ergebnis Geiß sagte: „Man kann die glauben oder nicht glauben.“ Nach seinem Beitrag erklärte Nicklas, dass er die Größe der versiegelten Fläche selbst ausgerechnet und diese nicht von der BI hätte. Er bot an, seine Rechnung mit Geiß zu teilen.
Als letzte Fraktion äußerten sich die Grünen, für die Ruth Schoeffel das Wort ergriff. Dabei ging sie auf die zu Beginn geäußerte Kritik von Nicklas ein: Der Radweg sei ein zukunftsweisendes Projekt, die Fahrradmobilität müsse gefördert werden. Die Versiegelung übertreffe nicht die positiven Aspekte des Radwegs. Gebe es ein Problem mit versiegelten Flächen, so solle man durch Sulzbach laufen und sich anschauen, wie viele Schottergärten es gebe. Zudem betonte Schoeffel, weshalb der Weg unterhalb der Bahntrasse zu sozialen Problemen führen würde. So habe man als Fußgänger Probleme und Konflikte mit Radfahrern, die etwa nicht klingeln oder zu schnell fahren. Für ihre Fraktion hielt sie fest: „Wir wollen Fahrradwege.“
Schließlich stimmten die Vertreter über den Bebauungsplan Nr. 85 „Bahnbegleitender Fuß- und Radweg zwischen Bahnstraße und Oberliederbacher Weg“ ab. Die CDU, die SPD und die Grünen stimmten für den Plan, die FDP und FW dagegen. Somit fand der Bebauungsplan eine Mehrheit. Der Gemeindevorstand wurde dadurch beauftragt, den Bebauungsplan Nr. 85 zur Rechtskraft zu führen.