Mit „Was bleibt“ die eigene Endlichkeit im Blick

Der Blick zurück auf das eigene Leben ist sehr persönlich – und was bleibt von mir, wenn ich nicht mehr da bin? Am Freitag, 10. März, beginnen die Veranstaltungen zur Ausstellung „Was bleibt“, die die evangelischen Pfarrer Andreas Hannemann (l.) von der Erlöserkirche und Jörg Marwitz von der Gedächtniskirche vorstellen. Foto: a.ber

Bad Homburg (a.ber). Ein Foto, ein Lieblings-Lied der besten Freundin, eindrückliche Momente aus der Kindheit wie das Gute-Nacht-Gebet mit den Eltern, ein Haus oder Geldkonto oder dasTagebuch der Großeltern, der erinnerte Duft des Apfelkuchens bei Familiengeburtstagen? Wenn wir einmal aus diesem Erdenleben abtreten, was wird dann von uns bleiben? Wer wird sich an uns erinnern – und wie werden wir anderen Menschen in Erinnerung bleiben? Können wir beeinflussen, ob unsere Angehörigen, Freunde und Nachbarn mit Dankbarkeit und guten Gedanken an uns zurückdenken – oder ob wir die Lebenden mit kritischen und ungelösten zwischenmenschlichen Problemen zurücklassen, wenn wir sterben? Und wie möchten wir selbst uns an unsere Verstorbenen erinnern? Die Ausstellung „Was bleibt.“, die vom 16. März bis 2. April, in der Erlöserkirche zu sehen ist, holt diese Fragen, die oft an den Rand geschoben werden, mitten hinein ins Leben. Die evangelischen Kirchengemeinden der Erlöserkirche und Gedächtniskirche in Bad Homburg laden zu zahlreichen Begegnungen mit dem Thema ein: Filmabend, Kunstausstellung und Erzählcafé, Gottesdienste, Musik und Vorträge über wichtige materielle Fragen am Lebensende werden bei freiem Eintritt angeboten. Zum Auftakt führt der Theologe und Autor Fabian Vogt am Donnerstag, 16. März um 19 Uhr in der Erlöserkirche ein Kabarett auf: „100 Dinge, die du nach dem Tod auf keinen Fall verpassen solltest“.

„Wir können nicht planbar eine gute Fußspur hinterlassen, wenn wir sterben. Aber die Ausstellung ‚Was bleibt.‘ fordert uns auf, das in den Blick zu nehmen, was unausweichlich ist, die eigene Endlichkeit. Und sie regt an, über das persönliche Leben nachzudenken: Was hat mir im Leben gut getan, an wen und was erinnere ich mich gerne, und was soll denn einmal von mir selbst bleiben?“, sagt Pfarrer Andreas Hannemann von der Erlöserkirche bei der Vorstellung des Ausstellungs-Konzepts. „Ich bin jetzt 21 Jahre Pfarrer an der Gedächtniskirche, und wenn ich nachdenke über Spuren, die ich vielleicht hinterlasse, dann wünsche ich mir, am Ende in Erinnerung zu sein als ein Mensch, der etwas in anderen angestoßen und bewegt hat. Bei Architekten, da bleibt etwas Sichtbares stehen, wenn sie einmal nicht mehr da sind, bei Schriftstellern ein Roman – aber bei vielen anderen ist es etwas Ideelles, das Da-Sein an sich, Treue und Nähe“, meint Pfarrer Jörg Marwitz.

Die beiden Stiftungen „Zukunft gestalten“ der Gedächtniskirche und „Kirche in der Stadt“ der Erlöserkirche haben als Veranstalter die von der Badischen Evangelischen Landeskirche konzipierte und deutschlandweit gezeigte Wanderausstellung nun nach Bad Homburg geholt und mit beiden Gemeinden ein Begleitprogramm entwickelt. Auf zwölf Schauseiten und an sieben Stationen, die im Kirchenraum der Erlöserkirche aufgebaut sind, öffnen sich „Schatzkästchen des Lebens“. Man erfährt in Texten und Gegenständen von Erinnerungen verschiedener Menschen, kann sich anrühren und bewegen lassen und ist eingeladen, seine eigene Schatzkiste des Lebens symbolisch oder gedanklich zu füllen. Und wird angeregt, über Fragen von Sterben und Zuversicht, Versöhnen und Vererben und über das, was bleibt und bleiben soll, ins Nachdenken und Gespräch zu kommen. Zu den Besichtigungszeiten der Ausstellung sind am Ort ehren- und hauptamtliche Ansprechpartner der Gemeinden zugegen. Ergänzt wird das Ganze um eine virtuelle Präsentation besonderer Gräber des Evangelischen Friedhofs am Untertor. An einem Ort in der Ausstellung können Besucher auch Gedanken oder einen Gegenstand ablegen, die ihnen wichtig sind für ihr Leben.

Bereits vom 10. März an bis 10. April ist in der Gedächtniskirche (Unterkirche) die Begleit-Ausstellung „Kurzes Leben – viele Bilder“ des unmittelbar vor seiner ersten Vernissage frühverstorbenen Bad Homburger Künstlers Hartwig Mildner (1951-1970) zu sehen; dazu gibt es am 26. März um 15 Uhr dort ein offenes Erzählcafé unter dem Titel „Menschen gehen – Erinnerungen bleiben“ mit Klaviermusik. Alle übrigen Veranstaltungen bis auf den Abschlussgottesdienst finden in der Erlöserkirche statt; dort gibt es nach jeder Veranstaltung auch einen geführten Rundgang durch die Ausstellung. Dem Kabarett-Abend mit Fabian Vogt am 16. März um 19.30 Uhr (Einlass ab 19 Uhr) folgt am 19. März um 10 Uhr ein Eröffnungsgottesdienst zum Thema „Was bleibt.“ mit den Pfarrern Andreas Hannemann und Jörg Marwitz. Am 22. März um 19.30 Uhr geht es in einem Impulsvortrag der Rechtsanwältin und Notarin Ulrike Schmidt-Fleischer um das Thema „Vererben und Stiften“; am 29. März um 19.30 Uhr trägt Peter Oldorf über „Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung“ vor und beantwortet Fragen auch über ethische Aspekte. Der Filmabend am 25. März um 19.30 Uhr mit dem japanischen, Oskar-Preisgekrönten Film „NOKAN. Die Kunst des Ausklangs“ reflektiert über den Tod als Gefühl mit lebensbejahender Botschaft. Im Orgelkonzert mit Erlöser-Kantorin Susanne Rohn am 31. März um 19.30 Uhr erklingen thematisch passende Musikstücke mit Erläuterungen. Der Abschlussgottesdienst am 2. April um 10 Uhr in der Ev. Gedächtniskirche Bad Homburg nimmt die Themen der Ausstellung und der Veranstaltungen noch einmal auf.

Die Ausstellung „Was bleibt.“ der evangelischen Stiftungen „Zukunft gestalten“ der Gedächtniskirche und „Kirche in der Stadt“ der Erlöserkirche findet vom 16. März bis 2. April 2023 im Kirchenraum der Erlöserkirche, Dorotheenstr. 3, Bad Homburg, statt. Sie ist dienstags bis sonntags von 12 bis 16 Uhr und nach den Begleitveranstaltungen geöffnet. Das Veranstaltungsprogramm liegt in den Kirchen und im Tourist Info-Laden im Kurhaus aus. Die Ausstellung „Kurzes Leben – viele Bilder“ mit Werken von Hartwig Mildner ist vom 10. März bis 10. April in der Gedächtniskirche, An der Gedächtniskirche 1 in Bad Homburg, zu sehen (Unterkirche; jeweils nach Gottesdiensten und Veranstaltungen sowie nach Vereinbarung unter Tel. 06172/9189600). Eintritt in Ausstellungen und Veranstaltungen frei, keine Anmeldung erforderlich.



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