Ein Blick in das Innere einer elektrischen Zahnbürste

Mit Drehen und Schrauben öffnen KFG-Schülerinnen unter Anleitung von dualen Studentinnen und einem Mechatronik-Azubi eine elektrische Zahnbürste, um an deren „Innenleben“ zu kommen. Foto: fch

hw-Ein Blick

Bad Homburg (fch). Trifft frau auf Technik, dann geht nicht das Licht aus, sondern alle Maschinen laufen rund. Oder um es mit Ada Lovelace (1815-1852) zu sagen: „Was ich will, das kann ich!“ Die britische Mathematikerin schrieb 1843 erste Programme zur Bedienung von Rechenmaschinen. Ihren allerersten Algorithmus würde man heute als rudimentäres Computerprogramm bezeichnen. Damit ist Augusta Ada Byron King wie sie mit Mädchennamen hieß die erste Programmiererin und Computerpionierin, noch bevor der Computer erfunden wurde.

Ihre Aufzeichnungen inspirieren Forscher und Wissenschaftler bis heute. Damit ist sie vor allem für Schülerinnen und Studentinnen im Zeitalter komplexer Algorithmen, die den Alltag immer mehr bestimmen, ein Vorbild. Und bestens dazu geeignet, Schülerinnen Lust auf einen MINT-Studiengang und/oder MINT-Beruf zu machen. „MINT“ steht für die Unterrichtsfächer Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. In diesen Fächern haben viele Schülerinnen zwar gute Noten, doch nur wenige entscheiden sich für eine Ausbildung oder ein Studium im mathematischen, technischen oder naturwissenschaftlichen Bereich. Deshalb sind Frauen in vielen MINT-Studiengängen und -berufen unterrepräsentiert.

Dabei werden sie aufgrund des Fachkräftemangels in diesen Bereichen dringend gesucht. Vor diesem Hintergrund hat das 2009 gegründete Bündnis „Girls go Technic“ in Zusammenarbeit mit dem Kaiserin-Friedrich-Gymnasium (KFG) zum ersten Projekttag für Schülerinnen der Jahrgangsstufe E eingeladen. Um mit Vorbildern von heute Teenager zu ermutigen, eine der letzten Männerdomänen für sich zu entdecken und zu erobern. Das langfristige Ziel, den Frauenanteil unter den Studierenden zu erhöhen, hat Gaby Pilgrim, die Frauenbeauftragte der Kurstadt, dabei fest im Blick. Gemeinsam mit Heike Stein leitet sie das Bündnis „Girls go Technic“.

Auf Augenhöhe

Den Vorteil des Projekttags am KFG benennt sie so: „Unsere Vorbilder, Auszubildende und Studentinnen aus sieben Unternehmen und Ämtern, zeigen den Schülerinnen Möglichkeiten auf, kommunizieren mit ihnen auf Augenhöhe, wollen ihnen Lust auf Technik machen.“ Ein Arbeitsplatz in einem MINT-Bereich gehöre zu den zukunftsträchtigen. Anfangs sind die ersten Bündnisveranstaltungen extern, sprich außerhalb der Schulen angeboten worden. Bewährt habe sich seit einigen Jahren die Praxis, sie intern in der Schule anzubieten. Das zeigte sich auch an der KFG, wo derzeit 1403 Schüler von 127 Lehrern und Referendaren an der G8-Schule unterrichtet werden. 624 von ihnen sind Mädchen. Die Eingangsphase der Oberstufe besuchen 69 Schülerinnen. Insgesamt sind es 168 Schüler. Organisiert haben den Projekttag am KFG die Lehrerinnen Barbara Wenzel-Stelzig (Bio und Chemie) und Karen Bingemer (Physik und Mathe). Vorgestellt haben sich am Projekttag die vier Unternehmen Li-Cor (Bad Homburg), Deutsche Flugsicherung (Langen), Dimension Data (Bad Homburg) und Procter & Gamble (Kronberg). Die drei Institutionen waren das Amt für Bodenmanagement (Limburg), die Johann-Wolfgang-Goethe-Uni Frankfurt mit dem Studiengang Astrophysik sowie Hessenforst (Königstein).

Die meist weiblichen Vorbilder stellten den Schülerinnen ihre Institutionen und Unternehmen, deren Produkte, Studiengänge, Aufgaben und Märkte vor. Die Mentoren informierten sie nach einer kurzen theoretischen Einführung in praktischen Workshops über Themen aus dem MINT-Bereich. „Echt gut“ fanden viele, wie sie bei der DFS einen Baukasten für elektronische Schaltungen aufbauten, um dann verschiedene Fragen mit Anwendungen zu beantworten. Angeleitet wurden sie von den beiden Erstsemesterstudenten Max und Julia aus dem dualen Studiengang Elek-trotechnik mit Schwerpunkt Flugsicherungstechnik an der TH Darmstadt.

Daten für den Zahnarzt

Das Innenleben einer elektrischen Zahnbürste erkundeten die Schülerinnen bei Procter & Gamble mit den Systems Engineering-Studentinnen Chiara, Sahra und Alina sowie Mechatronik-Azubi Louisa, die P&G-Ausbildungsleiter Alexander Hajek begleiteten. Die Schülerinnen zerlegten je eine Zahnbürste, um dann erstaunt festzustellen, dass diese wie ein kleiner PC aufgebaut ist. „Mit diesen Modellen können sie Daten aufs Handy für ihren Zahnarzt herunterladen“, informierte Hajek.

Einen Blick durchs Tachymeter warfen Teenager wie Anne mit Ausbilderin Sandra Peppel und ihren Azubis vom Amt für Bodenmanagement. Das Instrument wird zur geodätischen Schnellmessung eingesetzt. Mit ihm werden Vertikal- und Horizontalwinkel und Entfernungen gemessen. Biologin Dr. Christiane Kerscher wechselte aus der Forschung zu LI-COR Biosciences, einem in der Entwicklung, Herstellung und Vermarktung von Geräten für die Bio- und Umwelttechnologie tätigen Unternehmen. Ins KFG mitgebracht hatte sie einen Nah-Infrarot-Laser-Scanner, der in vielen Bereichen zur Erfassung von wissenschaftlichen Daten eingesetzt wird. Die für jede Station vorgesehenen 40 Minuten vergingen wie im Flug. Die Schülerinnen erlebten anhand konkreter Beispiele, wie interessant und spannend technische und techniknahe Themen sind. Nur wenige Schülerinnen wissen bereits heute, dass sie nach dem Abi in den mathematischen oder naturwissenschaftlichen Bereich gehen wollen.

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