Blickachsen-Kunstpreis geht an Michael Dekker

Kunst im Park, Künstler im intensiven Gespräch: Von allen Seiten betrachtet, entfaltet „Suite“ die Komplexität, die das Werk so spannend macht. Michael Dekker im Austausch mit Sir Peter Murray (r.) und Blickachsen-Kurator Christian K. Scheffel (l.). Foto: js

Bad Homburg (js). Der Herbst kommt mit altbunten Farben über den Kurpark. Mit Nebelschwaden am Morgen, die über die Kunst fallen und dann aufsteigen. Und dann wieder mit wunderbarem Frühabendsonnenlicht, das durch die riesigen Bäume fällt, letzten Glanz versprüht. Noch einmal werden die Werke von zwei Dutzend Künstlern ins rechte Licht gesetzt. Auf der temporären Kunstinsel Bad Homburg hat die sinnliche Wahrnehmung von Kunst und Natur, von Kunst in der Natur einen hohen Stellenwert. Doch die Tage der „Blickachsen 13“ sind gezählt. Bis zum Wochenende noch offiziell können verspätete Kunstliebhaber durchs Gelände streifen, aber es wird wohl bis nach dem Feiertag am 3. Oktober dauern, ehe die Abräumkommandos im Wiesengrund und am sanften Hang zwischen Schmuckplatz und Schwanenteich auftauchen, damit die Natur im Park wieder für knapp zwei Jahre allein die bestimmende Kunst ist.

Die „Blickachsen 13“ sind dann Geschichte, es war nach ausnahmsweise vier Jahren (Corona)-Pause wieder eine schöne Geschichte in Kur- und Schlosspark im satten Frühling, heißen Sommer und nun im beginnenden Herbst. „Die gleiche Begeisterung wie zuvor“, hat Blickachsen-Gründer Christian K. Scheffel ausgemacht, zigtausende Besucher im Park, gezielte Kunstsinnige, Zufallsgäste, mehr als 300 geführte Gruppen, auch ein Rekord.

Die Skulpturen-Biennale geht traditionell seit 2003 mit einer kleinen feierlichen Zeremonie im Park zu Ende, seitdem vergeben die „Freunde der Blickachsen“, private Unterstützer des Gesamtprojekts, einen mit 5000 Euro dotierten Kunstpreis für ein besonderes Werk an einen meist jüngeren Künstler. Ausgewählt von einer dreiköpfigen Jury mit Sir Peter Murray, dem Gründungsdirektor des einzigartigen britischen Yorkshire Sculpture Park, dem „Mastermind“ und Kurator der Kurstadt-Blickachsen, Galerist Christian K. Scheffel, und Thomas Buhl von den Freunden der Blickachsen. Der Schalk blitzte dem gesetzten Sir von der Insel aus den Augen, als er bekannte, dass er schon immer mal der mit dem Umschlag auf der Bühne sein wollte, der den bekannten Spruch „The winner is …“ aufsagen darf. Der Gewinner ist Michael Dekker, Beifall von rund zwei Dutzend Gästen im Park, im Hintergrund quaken und kreischen Enten und Nilgänse wie von Sinnen in diesem Moment, die Fontäne im Schwanenteich sorgt für die passende Hintergrundmusik.

Der Kunstpreis der Freunde Blickachsen geht also an den 1983 geborenen Künstler Michael Dekker für seine in Sichtweite des Schwanenteichs aufgestellte Skulptur „Suite“ am Wegesrand. Ein schönes Loblied, das Sir Peter Murray da für den jüngsten Preisträger bisher gesungen hat, von der kraftvollen Arbeit, die darin steckt, von einem „powerful piece of work“. Eine Ausbildung zum Landwirt hat der junge Michael Dekker gemacht, später erst Kunst und Geografie studiert, alles findet man in seinen Arbeiten, wenn man genau hinschaut.

Ins künstlerische Gespräch vertieft gehen der junge Künstler und der Altmeister immer wieder um die Dynamik ausstrahlende Skulptur, betrachten sie in allen Details, von allen Seiten, treffen sich im ausgezeichneten Werk. Murray mag die Dreidimensionalität des Werks, die organische Entwicklung vom Holz zu Aluminium. Eine Arbeit, die extra für die „Blickachsen 13“ geformt wurde, für die Umgebung, in der die Suite zu sehen und zu hören ist. Ende 2022 war der Künstler aus Nordrhein-Westfalen eingeladen worden, dessen großes Hallen-Atelier in Wuppertal steht. Schnell begann „das Rattern im Kopf“, so Dekker, entwickelten sich Gedanken und Formen, entstand die Holzvorlage, die im Aluminiumguss veredelt wurde. Wer „Suite“ noch sehen will, muss sich ranhalten.



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