Bad Homburg (js). „Wir dürfen nicht schweigen, wir dürfen keine Spaltung zulassen, nicht tolerieren, dass Hass und Hetze Normalität werden.“ Der Angriff auf einen Rabbiner der Jüdischen Gemeinschaft in Bad Homburg hat die Bürgermeister fast aller Kommunen des Hochtaunuskreises, hauptamtliche Dezernenten, die Kreisbeigeordneten Thorsten Schorr (CDU) und Antje van der Heyden (SPD), die Parlamentschefs von Kreis und Kreisstadt, Renzo Sechi (FW) und Alfred Etzrodt (CDU), Vertreter der jüdischen Gemeinde aus der Stadt und aus Frankfurt und Männer der muslimischen Gemeinde Ahmadiyya Muslim Jamaat gemeinsam auf die Straße getrieben. „Der Angriff auf den Rabbiner war ein Angriff auf uns alle, auf unsere Freiheit, Werte und unser Zusammenleben“, sagte Oberbürgermeister Alexander Hetjes (CDU), Initiator der Aktion, der engen persönlichen Kontakt zum Rabbiner pflegt.
Über die obere Louisenstraße zum Kurhaus zog nach einigen kurzen Reden bei der Solidaritätsveranstaltung auf dem Marktplatz die Gruppe der Demonstrierenden, die gemeinsam ein „klares Zeichen gegen Antisemitismus“ setzen wollten. Und dies auch von allen Bürgerrinnen und Bürgern des Hochtaunuskreises erhoffen. Mit Kippas auf dem Kopf und einem Banner zogen die meisten durch die Innenstadt, der Oberbürgermeister, die Kreisbeigeordneten und der Rabbiner vorneweg, der selbst nicht zu den Teilnehmern der Protestaktion gesprochen hat. „Zusammenstehen, Haltung zeigen, Antisemitismus bekämpfen“ stand in drei Zeilen auf dem großen gelben Transparent mit dem Hessenlöwen. Deutlich zu sehen für alle, die an diesem Spätnachmittag auf der Einkaufsmeile unterwegs waren.
Es war ein Vorfall in der vorvergangenen Woche, der das größer werdende Problem des Antisemitismus in Deutschland aufzeigte. So betonte es Hetjes, auf dessen Initiative auch eine gemeinsame Erklärung des Landkreises, der Städte und Gemeinden im Hochtaunuskreis gegen Antisemitismus und für ein respektvolles Miteinander formuliert wurde und von allen Dezernenten des Kreises und den Stadtoberhäuptern unterschrieben wurde. „Antisemitismus – ob in Worten oder Taten – hat in unserer Gesellschaft keinen Platz“, heißt es da. „Jüdinnen und Juden gehören seit Jahrhunderten zu unserer Region, ihre Sicherheit und ihr uneingeschränktes Recht, ihren Glauben frei und ohne Angst zu praktizieren, sind unverhandelbare Grundpfeiler unserer Demokratie.“ Die Mahnung ist klar und deutlich: „Wir dürfen nicht zulassen, dass Intoleranz, Hass und Hetze Normalität werden.“
Genau dieses sei aber der Fall. Fast täglich gebe es Vorfälle, in denen sich jüdische Mitbürger bedroht fühlten. Im Falle des Bad Homburger Rabbiners Shalom Dov Ber Rabinowitz war der Mann von einem Unbekannten angegangen worden, als er mit Frau und Kindern in einem Homburger Einkaufsmarkt unterwegs war. Der Unbekannte habe ihm laut „Free Palestine“ zugerufen und dann aggressiv reagiert, als der Rabbiner mit seinem Handy ein Foto von ihm machen wollte. Das Handy habe er ihm aus der Hand geschlagen und ihn angerempelt, bevor er den Laden verließ. Der Angriff auf den Rabbiner sei ein „Mahnzeichen“, heißt es in der Erklärung. „Wir dürfen nicht schweigen, wir stehen geschlossen an der Seite unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger.“
Dies betonte auch Hamza Naseer Ahmad, Imam und Theologe der Ahmadiyya. Niemand dürfe angegriffen werden, wenn doch, dürfen wir nicht schweigen, sondern Solidarität und Unterstützung zeigen. Ein wahrer Muslim sei, wenn jeder vor seiner Zunge und seiner Hand geschützt sei. Religion und Nahostkonflikt müssten klar getrennt werden.
Während eines Marschs über die Louisenstraße zeigen sich Bürgermeister und Kreisspitze solidarisch gegen Antisemitismus.Foto: js
Der Erste Kreisbeigeordnete des Hochtaunuskreises, Thorsten Schorr (l.) und Oberbürgermeister Alexander Hetjes präsentieren die gemeinsame Erklärung des Landkreises der Städte und Gemeinden im Hochtaunuskreis gegen Antisemitismus.Foto: js