Casino im Kurhaus: Einsatz für die Zukunft?

Das 1984 eröffnete Kurhaus entspricht nicht mehr dem Zeitgeist. Die energetische Ausstattung, Technik und Akustik sowie die Tiefgarage genügen den heutigen Standards nicht mehr. Mit dem Umzug des Casinos wäre ein Neubau finanzierbar. Foto: csc

Von Christine Šarac

Bad Homburg. Von einem Casino-Coup ist bei diesem Termin mehr als ein Mal die Rede und von einer Win-Win-Win-Situation. Ein Hauch von „Oceans Eleven“ kommt auf bei der Pressekonferenz zum Finanzierungskonzept des sanierungsbedürftigen Kurhauses. Nur dass nicht wie im Hollywood-Film ein Casino ausgeraubt werden, sondern die François-Blanc-Spielbank als Anker-Pächter in den Kurhaus-Neubau in der Stadtmitte ziehen soll.

Der eigentliche Geniestreich ist jedoch, dass die „Finanzierung des Projekts über die Pachteinnahmen und damit aus den Erlösen aus dem Spielbetrieb des Casinos getragen werden soll“, so Oberbürgermeister Alexander Hetjes. „Somit sind keine zusätzlichen Belastungen für den städtischen Haushalt und den Steuerzahler vorgesehen.“ Diese Lösung impliziert jedoch auch, dass die Sanierungs- und die Instandhaltungsvariante, die bereits vor eineinhalb Jahren vorgestellt wurden, somit vom Tisch und ein Neubau zwingend nötig wäre.

Eine Sanierung, macht der Rathauschef noch deutlich, hätte mit voller Wucht den städtischen Haushalt getroffen. Durch die neue Version erhofft man sich dagegen, gleich mehrere Probleme elegant zu lösen. Die Wettbewerbsfähigkeit der Spielbank, immerhin Mutter von Monte-Carlo, sei so gegeben, denn eine bauliche Erweiterung des jetzigen Standorts im Kurpark sei durch Denkmalschutzbestimmungen nicht möglich. „Dabei hat das Casino bereits im dritten Jahr hintereinander Rekorde bei den Erlösen und Besucherzahlen verzeichnet“, erklärt Kurdirektor Holger Reuter. Rund 250 000 Gäste – Tendenz steigend – verzeichne die Spielbank Bad Homburg jedes Jahr. „Ein Neubau gibt zudem die Möglichkeit, Reserveflächen einzuplanen, um auf eine sich ändernde Spielkultur flexibel reagieren zu können.“

„Wir lassen jedes Jahr im Casino Geld liegen“, formuliert Hetjes es plakativ. Rund 50 zusätzliche Spielautomaten könnten in der neuen Spielbank aufgestellt werden, das entspräche einem Mehrerlös von 13 Millionen Euro pro Jahr. Weitere Stützpfeiler in der Neubau-Planung sind der Kongressbereich, das Theater und das Parkhaus. Mit dem angrenzenden Maritim-Hotel wolle man Gespräche wieder aufnehmen und klären, ob es für das Unternehmen nicht sinnvoll wäre, sich an den Planungen zu beteiligen“, so Hetjes. Mit der Hessischen Landesregierung als Trägerin der Glücksspielaufsicht hätten sowohl das Innenministerium als auch das Finanzministerium grünes Licht für das Vorhaben gegeben, das nun zur Beratung in die Gremien gegeben werden soll. Von höheren Bruttospielerlösen durch steigende Kapazitäten am neuen Standort der Spielbank würde auch das Land profitieren. Bauherr und somit Herr des Verfahrens sowie Eigentümer des Grundstücks würde die KuK Immobilienverwaltungsgesellschaft (KuKi) bleiben, die für den Betrieb, die Verwaltung und das Management von städtischen Immobilien und Immobilien städtischer Eigenbetriebe verantwortlich ist. „Klingt, wie die Quadratur des Kreises“, sagt der Oberbürgermeister und tatsächlich drängt sich die Frage auf, wie es zu dieser Idee gekommen ist, das Casino in das Herzstück der Stadt zu verlegen. Des Rätsels Lösung fand sich zwischen Buchdeckeln, genauer gesagt im Roman „Der Zauberer von Homburg und Monte-Carlo – Die Rückkehr des Glücks“ von Egon Caesar Conte Corti, der im vergangenen Jahr neu aufgelegt wurde. Er erzählt nicht nur die Geschichte der Blanc-Brüder, sondern auch die Entwicklung des Casinos, das zwischen 1841 und 1863 bereits in den ersten beiden Bad Homburger Kurhäusern beheimatet war. Er habe das Buch „an einem Tag durchgeackert“, erzählt Hetjes die Anekdote. Als gelungene Beispiele für zentral gelegene Casinos mit Synergieeffekten für die Innenstadt zieht Kurdirektor Holger Reuter Wiesbaden und Mainz heran.

Sollten auch die politischen Gremien ihr Okay für die Idee geben, müssten die bisherigen Planungen überarbeitet werden. Im Oktober 2023 hatte die Stadt die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie vorgestellt, die vier Varianten zum Thema Kurhaus vorsah: ein historischer und ein moderner Neubau, ein Sanierungskonzept sowie die Kosten für die Revitalisierung, also Instandhaltung des bestehenden Gebäudes. Da die damaligen Planungen nicht den Umzug der Spielbank berücksichtigt hatten, müsste das Konzept noch einmal überarbeitet werden. „Wir würden mit einem Architekturbüro weiterarbeiten, wobees nur noch zwei Varianten gäbe, Neubau historisch oder modern“, erläutert Oberbürgermeister Hetjes. „Welche Lösung den Bad Homburgern besser gefällt, soll dann in einem Bürgerbeteiligungsverfahren geklärt werden“, stellt er in Aussicht.

Damals rechnete man mit Kosten zwischen 150 und 160 Millionen Euro. Die Spielbank würde mit rund 7 Millionen Euro Pacht pro Jahr das durch einen Kredit finanzierte Projekt tilgen. Hinzu kämen aber auch Einnahmen durch die Tiefgarage, das Kurtheater und den Kongressbereich. Die damals zugrunde gelegten 4,3 Prozent Zinsen hätten sich derzeit auf 2,8 Prozent verringert, informiert Hetjes. Für die Realisierung des Neubaus sind sechs Jahre – zwei Jahre Planung und vier Jahre Bauphase – angesetzt. Die Mieter der Ladengalerie im Untergeschoss des Kurhauses haben Verträge bis Ende 2026, frühester Startschuss für den Neubau wäre somit 2027 und würde alles nach Plan laufen, könnte das neue Kurhaus 2031 fertig sein.

Was mit dem jetzigen Standort des Casinos an der Brunnenallee passieren soll, ist noch unklar. „Eine andere Nutzung ist in Planung, aber noch nicht spruchreif“, sagt Holger Reuter.

Nun wird es spannend, ob das Projekt von der Politik eine „Carte blanche“ bekommt.



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