Bad Homburg (a.ber). Einen Glockenturm hat sie nicht, und im Sommer duckt sie sich fast hinter laubgrünen Bäumen zwischen den sie umgebenden Häusern – und dennoch ist die Christuskirche in der Berliner Siedlung eine Größe in dem Bad Homburger Stadtteil jenseits des Hessenrings. In der vergangenen Woche ist das evangelische Gemeindezentrum Christuskirche 50 Jahre alt geworden. Seit dem ersten Kirchweihfest am 3. Juni 1974 entwickelte sich der schlichte, bungalow-artige weiße Klinkerbau in der Stettiner Straße 53 zu einem Treffpunkt für evangelische Christen. „50 Jahre, reich an Kreativität und vielen Aktivitäten, reich auch an unendlich vielen positiven menschlichen Begegnungen und feierlichen Gottesdiensten“, wie Kirchenvorsteher Ralf Jankowski beim Open-Air-Gottesdienst anlässlich des Jubiläums vor der Christuskirche sagte.
Dass die Christuskirchengemeinde im Laufe eines halben Jahrhunderts in der Berliner Siedlung eine Fülle von Aktivitäten entwickelt hat und das Gemeindezentrum auch ein Ort der Begegnung besonders für Musikbegeisterte, Kunst- und Bücherfreunde über die Gemeindegrenzen hinaus werden konnte, dafür legte ursprünglich Pfarrer Heinrich Unger, einer der drei Pfarrer an der evangelischen Erlöserkirche, Ende der 1960er-Jahre den Grundstein. Sein Pfarrbezirk „Am Platzenberg“, eine der drei Pfarrstellen der damals etwa 14 000 Gemeindeglieder umfassenden Erlöserkirchengemeinde, erhielt 1969 ein eigenes neues Pfarrhaus, in das Pfarrer Unger einzog. Er förderte noch den Bau eines Gemeindezentrums mit großem Kindergarten gegenüber, der bis heute viel Lebendigkeit verkörpert.
Als das Gemeindezentrum Christuskirche, konzipiert vom Regierungsbaumeister Hufnagel, 1974 eingeweiht wurde, war Heinrich Unger schon in den Ruhestand getreten. Sein Nachfolger im Pfarrbezirk wurde Pfarrer Gerhard Blaurock, der vielen Bad Homburgern noch in Erinnerung ist. Die Gründung des „Clubs der Begegnung mit Körperbehinderten“ war ein Herzensanliegen des Pfarrers: von den sorgfältig vorbereiteten und von Pfarrer Blaurock begleiteten Erholungs- oder Studienreisen – bis hin nach Israel, Irland und zu anderen fernen Zielen – schwärmen manche noch heute.
Im Januar 1976 wurde aus dem Pfarrbezirk III der Erlöserkirchengemeinde schließlich die selbstständige Christuskirchengemeinde mit etwa 3000 Gemeindegliedern. Pfarrer Blaurock prägte die jung entstandene Gemeinde gemeinsam mit allen Aktiven, bis er im Jahr 2000 in Ruhestand ging.
Wie die Kirchenvorsteher Ralf Jankowski und Daniel Thomsen bei der Feier „50 Jahre Christuskirche“ Revue passieren ließen, war die Kirche mit ihren Nebenräumen von Anfang an Ort der Vielfalt: „Das Gemeindezentrum ist nicht nur Ort des Gottesdienstes, sondern auch ein Ort, an dem wir als Gemeinschaft wachsen können als lebendiges Herz unserer Kirchengemeinde“, heißt es im jüngsten Gemeindebrief. Konfirmanden- und Jugendarbeit, Eltern-Kind-Gruppen, Gesprächsabende und Seniorentreff, eine Trauergruppe für Erwachsene fanden und finden hier Raum. Viele Gruppen, wie der 1980 gegründete Tanzkreis mit Leiterin Evi Seidel oder die Gruppe der ehrenamtlich für die gutsortierte Gemeindebücherei Engagierten, erfahren das Gemeindezentrum als einladenden Ort.
Dass hier auch Kunst und Musik stets einen Platz zur Entfaltung finden, lag nicht zuletzt an den Pfarrern. Gerhard Blaurock hatte in den 1990er-Jahren die Entstehung einer „Figurenwerkstatt“ mit anderen Ehrenamtlichen initiiert, hier wurde unter anderem eine Weihnachtskrippe mit 24 lebensgroßen Figuren erstellt, „die fast jede Weihnachten in unserer Kirche zu sehen ist“, wie KV-Mitglied Daniel Thomsen erzählte.
Vor dem Gemeindezentrum steht die Plastik „Der Still-Zuhörende“, im Gemeindehaus hängen viele Kunstwerke. Musik gehört zum Glaubensleben: Pfarrer Dr. Wilhelm Meng förderte in den Jahren 2001 bis zu seinem Ruhestand 2022 besonders die Konzerttradition und Kirchenmusik: eine Konzertreihe, Einzelkonzerte und ein einladendes Haus für viele Musikgruppen und die Musikschule Hochtaunus – dafür ist die Christuskirche ein wichtiger Ort in Bad Homburg. Beim Jubiläumsfest war auch Professor Dr. Karl Gottfried Brunotte anwesend, der in Andachten und Gottesdiensten oft die Gemeinde auf der Orgel begleitet.
„Es gilt doch zuallererst Gott zu danken für das viele Gute, was uns und vielen anderen in diesen 50 Jahren geschenkt wurde“, hieß es jüngst bei der 50-Jahr-Feier. Nun hat das Evangelische Dekanat Hochtaunus angesichts sinkender Kirchenmitgliedszahlen die Pfarrstelle der Christuskirche bereits auf eine halbe Stelle gekürzt, die seit 2022 von Pfarrerin Annika Marte von der Gedächtniskirchengemeinde versehen wird.
Im Zuge der sogenannten „Sommerkirche“ aller sechs evangelischen Kirchengemeinden in Bad Homburg wird außerdem zwischen 14. Juli und 25. August erstmals nur ein Gottesdienst in der Christuskirche stattfinden: Am 14. Juli um 11 Uhr sind alle Evangelischen dorthin eingeladen, es gibt anschließend Kaffee und Kuchen. Das 1969 erbaute Pfarrhaus gegenüber der Kirche steht derzeit zum Verkauf, wie die Gemeinde mitteilt. Man mag es kaum glauben.