„Doppelfehler“: Spiel, Satz und Tod in der Spielbank

Am Ort des Geschehens, vor dem Kaiser-Wilhelms-Bad, präsentiert Autor Peter Borstel seinen neuen Bad-Homburg-Krimi „Doppelfehler“. Foto: Streicher

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Bad Homburg (js). Die Kurstadt träumt von Klein-Wimbledon. Ein Hammer, der Deal mit der großen Schwester im Londoner Südwesten. Mit den „Bad Homburg Open“ wird die Stadt in der Tennis-Weltrangliste um einige Plätze aus dem Niemandsland in vordere Ränge aufsteigen. Stars des Sports werden auf dem frischen Rasen im Kurpark auftreten, mit weiblicher Kraft und Eleganz und viel Gestöhne Tennis vom Feinsten zelebrieren. Und mittendrin vielleicht ein echter Knaller, die Lokalmatadorin Amelie Hammer. 16 Jahre alt wird sie bei ihrer Premiere auf dem Ableger des heiligen Rasens sein. Ein Name, der nach einer Mischung aus knallhartem Aufschlag und künftiger Wimbledon-Siegerin klingt, fast wie einst „Bum Bum Boris“, der neulich mal zu Besuch im „Steigenberger“ war. Schade eigentlich, dass es am Samstag kein großes Finale wie für diesen Tag geplant vor ausverkauftem Haus geben wird, dass der Traum von Klein-Wimbledon aufgrund von Corona um ein Jahr verschoben werden musste.

Zugegeben, da hat sich eben die aktuelle Wahrheit ein wenig mit Fiktion vermischt. Aber das ist ja im Roman auch oft so, selbst wenn hochheilig versichert wird, dass die Handlung frei erfunden ist und Ähnlichkeiten mit Personen rein zufällig und nicht beabsichtigt sind. Das hat natürlich auch Peter Borstel dem ersten Mord vorangestellt. Amelie Hammer ist eines seiner literarischen Geschöpfe, die den inzwischen schon dritten Bad-Homburg-Krimi des Autors beleben. Das Titelbild mit dem Schatten einer Tennisspielerin auf grünem Rasen vor der leicht verzerrten Silhouette des Kaiser-Wilhelms-Bad lässt ahnen, worauf die Geschichte zielt. „Doppelfehler“ nimmt ein natürlich fiktives Tennis-Milieu in den Blick und sollte eigentlich eine schöne Beigabe zum großen Turnier in dieser Woche sein. Vielleicht statt Erdbeeren mit Sahne, wie sie in London Southwest an den Ständen vor dem Centre Court angeboten werden, eine erste Lesung vor Publikum wäre auch nett gewesen.

Kuss am Hölderlin-Denkmal

Nun ist der Krimi trotzdem auf dem Markt, und die Fans der Kurstadt-Krimis von Peter Borstel können sich auf neue Abenteuer der einschlägigen Protagonisten und auf eine spannende und kurzweilige Story freuen, die durchaus zur Kompensation eines nun nicht möglichen epischen Dreisatz-Finales taugt. Wie immer geht nicht nur die Polizei auf Mörderjagd, Nik Herzberg heißt der Lokaljournalist, den Borstel parallel zur Polizei mit der sympathischen Kommissarin Franziska Fröhling ermitteln lässt. Die beiden mögen sich irgendwie, ihr Zusammenspiel ist völlig keimfrei, aber diesmal, das darf hier verraten werden, kommt es sogar zu einem Kuss am helllichten Tag auf einer Bank am Hölderlin-Denkmal im Kurpark. Wo man das Ploppen der Tennisbälle von den nahen Plätzen noch hören kann. Ermittlungstaktik neu interpretiert. Zufällig ist der Reporter der „Hochtaunus-Post“, der sonst seinen Lesern den „Bad Homburger Kosmos erklärt“, von Anfang an in den ersten Mordfall verwickelt und wittert sofort die große Story.

Fund der Leiche

Die Leiche sitzt auf einem schwarzen Sessel, gefesselt mit Kabelbindern, das Maul im wahrsten Sinne gestopft mit einem Tennisball, die Augen weit aufgerissen. Sitzt in der eigenen „Tennisbar“, wie der Trainer und Manager Max Bernhardt die kleine Sportbar in seinem Haus im Hardtwald ein bisschen großspurig nennt. Wie die „Institution“ zwischen Kaiser-Bad und Tennisclub, als es in Homburg noch „richtiges Nachtleben“ gab, wie es im Buch heißt. Nik Herzberg findet die Leiche, er war zum Interview mit Bernhardts heißem Eisen Amelie Hammer verabredet. Der Tote macht von Anfang an nur Minuspunkte, gilt in der Szene als harter Hund und hochnäsiger Schnösel, der beim weiblichen Geschlecht nichts anbrennen lässt. Früher war er selbst mittelmäßig erfolgreich mit dem Schläger, nun eher Schürzenjäger mit mehr Feinden als Freunden. „Spiel, Satz und Tod“ lässt Peter Borstel seinen Nik Herzberg beim Auffinden der Leiche murmeln.

Nik Herzberg, der als Einzelgänger in der Zeitungswelt und als Single im Nebenleben reichlich Klischees bedient, ist Sympathieträger und kriminalistische Spürnase auf eigenen Wegen. Hart im Nehmen muss er in „Doppelfehler“ auch sein, die „Tennis-Wettmafia“ ist nicht zimperlich, auch wenn sie den falschen Mann erwischt. Natürlich lebt auch der dritte Homburg-Krimi vom Lokalkolorit. Wer sich in der Stadt auskennt, geht mit anderen Augen durch die Story, die Sonnyboys und Tennis-Hallodris bietet, Pleitegeier und weibliche von Eifersucht ausgelöste Hahnenkämpfe mit schmerzhaften Folgen, einen „mit dicker Abfindung freigestellten Banker aus der zweiten Reihe“ und andere skurrile Figuren, die Borstels Krimis immer auch ein bisschen zur Kriminalgroteske machen. Zwischen Hardtwald und Dorotheenstraße („Kulturmeile“), Altstadt und Brachgelände in Ober-Erlenbach, Kneipen in der Audenstraße und dem Tennisclub treiben sich die Figuren herum. Und irgendwann taucht sogar ein ukrainischer Gärtner auf, und eine zweite Leiche wird diesmal auf dem Centre Court gefunden.

!Das Buch „Doppelfehler – Der neueste Bad Homburg Krimi“ von Journalist und PR-Berater Peter Borstel ist im örtlichen Buchhandel oder über den Verlag unter www.publicafairs.de, ISBN: 978-3-00-065460-2, erhältlich.



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