Im Dreivierteltakt verabschiedet sich der Bad Homburger Sommer

Peter Zellenka gibt einen guten Einstand als Leiter des Johann-Strauß-Orchesters, und der alte Chef Herbert Siebert schaut von oben zu. Foto: Staffel

Bad Homburg (ks). Jubellaute, Bravorufe, Pfiffe und anhaltender Beifall vor dem Kaiser-Wilhelms-Bad von rund 400 Zuschauern, von denen es viele am Ende von den Sitzen gerissen hatte: Sie brachten damit zum Ausdruck, wie begeistert und dankbar sie waren, in vertrauter Kulisse ein schwungvolles Konzert „nach Wiener Art“ zu erleben. Das prächtige Feuerwerk zum krönenden Ausklang musste ausfallen. Aber am Ende gab es dennoch eine „fantastische“ optische Überraschung. In glitzernd leuchtenden blauen und roten Kostümen und mit überdimensionalen weißen Federflügeln ausgestattet, wiegten sich zwei Wesen auf Stelzen im Takt zum Walzer von der „schönen blauen Donau“, der „Endstation“ des für Gäste und Veranstalter nicht ganz einfachen Bad Homburger Corona-Sommers 2021.

Seit 1986 setzt das Johann-Strauß-Orchester, das bis zur Vor-Coranazeit von seinem Gründer, dem Geiger und Dirigenten Herbert Siebert, geleitet wurde, bei diesen sommerlichen Veranstaltungen den klangreichen und schmissigen Schlussakkord. Im vergangenen Jahr ist der engagierte Musiker im Alter von 88 Jahren gestorben, und so stand zum ersten Mal Peter Zellenka auf der Bühne, elegant im Frack, gut gelaunt und mit dem richtigen Feeling für dieses Orchester und für das, wofür es steht. Er hat seine Sache gut gemacht, und Herbert Siebert kann zufrieden sein, der als Konterfei in Dirigenten-Pose über der Bühne schwebte. Zellenka ist seinem Gedenken einfühlsam gerecht geworden, weil er bei der Programmgestaltung Johann Strauß den Vortritt ließ und damit zugleich den Namensgeber und „sein“ Orchesters ehrte.

Zum Einstand gab es jedoch erst einmal Musik von Johann Schrammel, der mit „Wien bleibt Wien“ seiner Heimatstadt ein musikalisches Denkmal setzte und mit der „Schrammel-Musik“ einen eigenen Stil prägte. Und weiter ging’s mit „Leichtem Blut“ und „Wein, Weib und Gesang“ bis zur „Annen-Polka“ von Johann Strauß, nur unterbrochen vom „Florentiner Marsch“ von Julius Fucik. Bei so viel südlichem Schwung wollte sich Paul Lincke nicht lumpen lassen. Er schickte mit der „Berliner Luft“ eine frische Brise aus dem Norden gen Süden nach dem Motto: „Hallo, wir sind auch noch da!“ Das Publikum hatte sich zu diesem Zeitpunkt vom engagierten Dirigenten und spielfreudigen Orchester schon mitreißen lassen und klatschte eifrig mit.

Außer der Polka gehörte der wilde Galopp im 19. Jahrhundert zu den beliebten Paartänzen. Ihm hat auch Johann Strauß gehuldigt, ehe es mit seinem Walzer „Rosen aus dem Süden“ wieder romantisch wurde. Dabei durfte das Orchester auch sein „Lalala“ singen und mit einer glockenhellen Sopraneinlage brillieren. Naja, und die „Tritsch-Tratsch-Polka gehört wohl zu den Strauß-Werken, die das Orchester immer parat hat. Nach dem kecken „Barataria-Marsch“ von dem Böhmen Karl Komzak steuerte Franz Lehar „Gold und Silber“ bei, mit einem schönen Solo aus der Bläserecke. „Donner und Blitz“ erlebte das Publikum an diesem schönen Abend zum Glück nur musikalisch. Beim „Radetzky-Marsch“ kam es noch einmal so richtig in Fahrt und machte eifrig mit.

Am Ende des mitreißenden Konzerts stand die Hoffnung, dass es im nächsten Jahr wieder einen Bad Homburger Sommer geben wird, wie ihn die bis zu 3000 Gäste in den vergangenen Jahren gewohnt waren. Diesen Wunsch hatten auch Oberbürgermeister Alexander Hetjes und Kurdirektor Holger Reuter in ihrer Begrüßung geäussert. Es habe auch Kritik gegeben, die man ernst nehme. „Aber glauben Sie mir, hier oben wollte Sie keiner ärgern“, versicherte der OB. Der Dank galt den Förderern und nicht zuletzt dem unermüdlichen und kompetenten Team, das unter erschwerten Bedingungen wieder für einen reibungslosen Ablauf gesorgt hatte.



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