Endlich wieder „Blickachsen“ im Park

Von Jürgen Streicher

Bad Homburg. Die 14. Ausgabe der Skulpturenbiennale „Blickachsen“ wird am Sonntag eröffnet. Es ist bereits angerichtet im Kurpark und im Schlosspark und erstmals auch im Gustavsgarten. Bis zum 5. Oktober wird die Kurstadt Gastgeberin der Outdoor-Ausstellung internationaler moderner Kunst sein. Die Biennale genießt bundesweit einen besonderen Ruf, OB Alexander Hetjes nennt sie „Leuchtturm“ unter den Ausstellungen.

Der Schmuckplatz an der Promenade zeigt sich bereits bestens geschmückt in den Mai- Farben der Natur, im Kurpark unterhalb können die Bäume das Grün kaum noch halten, das aus den Blättern und dem Geäst an die frische Luft und den Himmel über Bad Homburg drängt. Die Kunst soll ja mit der Natur kommunizieren und die Menschen in den Parks am besten mit beiden. Wenn schon die Kunst zu den Menschen kommt, und das auch noch bei freiem Eintritt, bei den „Blickachsen“ tut sie dies schon seit 1997. Dem Bad Homburger Galeristen Christian Scheffel sei Dank, dem Gründer und Kurator, eigentlich dem „Mastermind“ des Erfolgsprojektes.

Der Schmuckplatz an der Kaiserin-Friedrich-Promenade ist der passende Ort für den Start in den Kultursommer 2025. Bei der Eröffnung am Sonntag ab 11.30 Uhr treffen sich dort Kulturschaffende und kunstsinnige Menschen im lockeren Ambiente im „Open House“ mit denjenigen Künstlerinnen und Künstlern, die all die Werke geschaffen haben, über die man meist trefflich und durchaus auch kontrovers diskutieren kann. Direkt am lebenden Kunstobjekt, wenn es gerade passt. Auf den Wiesen hinunter zum Kurpark-Weiher und bis zur großen Blickachse hinüber zum Siamesischen Tempel sowie zwischen Weiher und Springbrunnen an der Promenade sind ein Großteil der Exponate versammelt. Nicht oft hat man Gelegenheit, direkt mit den Protagonisten ins Gespräch zu kommen. Zur Eröffnung haben sich viele bereits angekündigt, es zeigt auch die Verbundenheit zwischen Künstlern und Organisatoren, es ist jeweils eine Ehre, bei den „Blickachsen“ dabei zu sein. Aus dem Dialog mit Kunst und Natur wird schnell ein Trialog und vielleicht noch ein bisschen mehr.

Nach guter Tradition hat Christian Scheffel auch bei der 14. Auflage wieder einen Partner im Boot, diesmal das renommierte Sprengel Museum Hannover, vertreten vor allem durch die inspirierende Co-Kuratorin Carina Plath. Durch sie liegt ein spezifisches Augenmerk dieser Schau auf der, wie sie sagt, „nach wie vor unterrepräsentierten künstlerischen Leistung von Bildhauerinnen“. Nun sind unter den 26 Ausstellenden mit ihren 35 Werken ein Dutzend Künstlerinnen verschiedener Generationen aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen. Wie etwa Franka Hörnschemeyer aus Osnabrück, ihr gebührt die Blickachse zwischen Tennisplatz und Siam-Tempel. Auf einem Quader aus rotem Gitter balanciert ein gleichgroßer Quader aus wiederverwendeten Schalelementen. Der Titel lädt zur gedanklichen Vermessung des Spannungsverhältnisses von Labilität und Stabilität ein. Oder so ähnlich.

Es dürften spannende Dialoge und Diskussionen zu erwarten sein, noch nie hat Scheffel schon im Vorfeld so viele gebuchte Führungen vornotiert wie in diesem Jahr. „Kulturelle Strahlkraft“ attestiert Stefan Quandt den „Blickachsen“, der Vorsitzende des Kuratoriums der Stiftung Blickachsen, die seit 2013 darum bemüht ist, das Leuchten des Leuchtturms langfristig abzusichern.

Wie schon bei der Wiederaufnahme der Biennale nach der Corona-Pause zwischen 2019 und 2023 sei nun bewusst entschieden worden, sich „räumlich wieder auf Bad Homburg und die beiden wunderbaren Parks inmitten der Stadt zu konzentrieren“, sagte Christian Scheffel bei der Vorstellung des Programms. Die Erweiterung zuvor auf mehrere Ausstellungsorte in der Region bis hin zum Kloster Eberbach war nicht unumstritten, die Konzentration auf die „wesentlichen Orte“ der Anfangszeit habe ein positives Echo von Seiten des Publikums erfahren, so Scheffel. Die Beschränkung auf die Standorte Kurpark und Schlosspark und nun eben noch den Satelliten Gustavsgarten hat den Vorteil, sich die Blickachsen 14 an einem Tag anschauen zu können. Ab Sonntag dann ganz offiziell.

Die rote Skulptur in Menschengestalt ist ein Hingucker und hebt sich mit ihrer roten Farbe vom Grün des Parks ab. Georg Herold, ein 78-jähriger aus der DDR stammender Künstler, hat die lackierte Figur in der Tradition des liegenden weiblichen Aktes „beef early“ genannt. Sie stammt aus dem Jahr 2012.Foto: js

Christian Scheffel vor der Bronze „Door“ der 82 Jahre alten aus Damaskus stammenden Künstlerin Simone Fattal. Die beiden Segmente erinnern an brüchige Wände, zusammen gehalten werden sie scheinbar nur von langen Nägeln.Foto: js

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