Für eine gerechte Bezahlung

Bad Homburg (a.ber). Heftige Kritik am Hochtaunuskreis als Arbeitgeber übten Vertreter der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), des Kreistags und ein ehemaliger Bediensteter der kreiseigenen KiT GmbH, der Kinderbetreuung im Taunus, bei einer Demonstration auf dem Waisenhausplatz in Bad Homburg: Der 2008 vom Hochtaunuskreis gegründeten KiT GmbH, die an über 50 Schulen im Kreis Integrationshelfer und Teilhabeassistenten zur Betreuung von behinderten Kindern im Unterricht beschäftigt, wird vorgeworfen, der Mehrzahl ihrer 726 Beschäftigten keine Tariflöhne zu bezahlen, kaum mehr als den Mindestlohn zu geben, in den Schulferien keinen Lohn zu bezahlen und 336 der Kräfte auf 450-Euro-Basis zu entlohnen.

Von „dubiosen Arbeitnehmerverhältnissen“ sprach Werner Frey, Mitglied des Kreistags für die Partei Die Linke. Der Hochtaunuskreis versuche über das Konstrukt KiT die für die Arbeit von Fachkräften für Inklusion und Teilhabe eigentlich vorgesehenen gesetzlichen Tarifverträge zu vermeiden. Den Stein der Kritik ins Rollen gebracht hatte im Frühjahr 2020 der drei Jahre bei der KiT beschäftigte Integrationshelfer Harald Stubbe. Er organisierte im April vergangenen Jahres eine Betriebsratswahl, da es bei der KiT GmbH bis dahin keinen Betriebsrat gegeben hatte. Inzwischen pensioniert, strengte Stubbe vor dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main jetzt ein Verfahren an, in dem er dem Hochtaunuskreis als Betreiber der GmbH nicht nur schlechte Bezahlung der Kräfte vorwirft, sondern auch im großen Stil unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung. Harald Stubbe sagt, er habe sich nicht, wie es seinem Auftrag als Integrationshelfer entsprochen hätte, ausschließlich um Kinder kümmern und ihnen Eingliederungshilfe leisten können; vielmehr sei er von Schulleitung und Lehrern zu Botengängen, Handtuchwechsel in Waschräumen und Teekochen herangezogen worden. „Es ist übliche Praxis, dass die Integrationshelfer und Teilhabeassistenten der KiT GmbH den Weisungen von Schulleitern und Lehrern unterstehen und die KiT dies duldet. Das ist moralisch und rechtlich fragwürdig“, so Stubbe bei der Demonstration, die er angemeldet hatte. Karola Stötzel, stellvertretende Landesvorsitzende der GEW, kritisierte den Hochtaunuskreis ebenfalls: „Es ist ungeheuerlich, dass der zweitreichste Kreis Deutschlands hier an Geld für Kinderbetreuung und Integration sparen will.“ Die KiT beschäftige zu 90 Prozent Frauen und trage mit diesen Praktiken zu prekären Arbeitssituationen und zur Altersarmut von Frauen bei.

Die GEW unterstützt die Klage von Harald Stubbe gegen den Kreis. Die Rechtsabteilung der Gewerkschaft beurteile die Erfolgsaussichten der Klage im Arbeitsgerichtsprozess als sehr gut, so Stubbe. Nachdem der Gütetermin bereits gescheitert ist, wird am 9. Juni die Hauptverhandlung vor dem Frankfurter Arbeitsgericht stattfinden.

Von „dubiosen Arbeitnehmerverhältnissen“ spricht Werner Frey (l.), Mitglied des Kreistags für die Partei Die Linke, bei der Demo in Bad Homburg. Foto: a.ber



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