Hornau (kez/ju) – Hornau, ein lauer Sommerabend. Die Sonne taucht das alte Vereinshaus in ein warmes Licht, draußen zirpen die Grillen – drinnen riecht es nach frischem Popcorn und Kino-Geschichte. Es läuft einer der letzten Filme unter alter Regie – bald übernimmt ein neues Team. Das kleine Kino in Kelkheim, ein kultureller Fixpunkt für Generationen, steht vor einem bedeutenden Umbruch. Doch was nach Abschied klingt, ist auch ein Aufbruch – mit viel Herzblut, Weitblick und einer bewegenden Geschichte.
40 Jahre Leidenschaft: Der Verein, der Kino möglich machte
Was heute selbstverständlich wirkt, war 1985 eine mutige Vision: In Eigenregie und mit viel Improvisation gründeten engagierte Bürger den Verein Kino-Kelkheim e.V. – ohne großes Budget, aber mit einem Traum: Kino in Kelkheim. Sie fanden einen leerstehenden Klassenraum in der Alten Schule Hornau, organisierten gebrauchte Kinosessel, eine 35mm-Maschine der Marke Bauer und machten aus der Not eine Tugend: Filmabende mit Atmosphäre, Anspruch und persönlichem Einsatz.
Was folgte, war ein bemerkenswerter Kraftakt. Mit Unterstützung der Stadt, aber vor allem durch Eigenleistung, wuchs das Kino zum kulturellen Treffpunkt heran. Spätestens mit dem Umzug ins Hornauer Vereinshaus im Jahr 2000 – und dem Aufbau zweier moderner Säle mit 62 und 95 Hochpolstersesseln – war aus der Idee ein echtes Filmtheater geworden. Digitalisierung, Klimaanlage, 3D-Technik, Online-Reservierung – all das wurde vom Verein gestemmt. Mehr als 20.000 Besucher pro Jahr, Filmreihen, Sonderveranstaltungen und zahlreiche Auszeichnungen für das Programm unterstreichen, wie wichtig dieses Kino für Kelkheim geworden ist.
Ein letztes Mal: Dank an Christian Hofmann
Besonders mit dem Namen Christian Hofmann verbinden viele Besucher ihre Kinoerlebnisse der letzten Jahre. Seit fast 15 Jahren war er das Gesicht und die Stimme des Kinos, koordinierte den Spielplan, betreute Technik, Gäste, Veranstaltungen – und hatte für jeden ein offenes Ohr. Mit seiner ruhigen, freundlichen Art prägte er den Ton des Hauses: unaufgeregt, kompetent, menschlich. Am 30. Juni wird er offiziell verabschiedet – gemeinsam mit dem Verein. Wer sich bedanken möchte, ist herzlich eingeladen: Um 20.30 Uhr gibt es ein letztes gemeinsames Glas Sekt im Kino-Foyer.
Eine neue Ära beginnt – mit einer alten Bekannten
Doch das Licht im Kinosaal geht nicht für immer aus – im Gegenteil: Ab 1. Juli übernimmt Vanessa Müller-Raidt, Betreiberin der Kronberger Lichtspiele, das Kino in Hornau – und bringt frischen Wind mit. Eine Rückkehr, die unter einem besonderen Stern steht: Denn Müller-Raidt ist seit Jahrzehnten Mitglied im Kelkheimer Kinoverein. Sie kennt den Ort, den Geist des Hauses – und hat längst bewiesen, dass sie Kino nicht nur liebt, sondern auch professionell weiterentwickeln kann.
Vor 13 Jahren wagte sie einen radikalen Schritt: Sie gab ihren Job als Börsenhändlerin an der Frankfurter Börse auf, um sich ganz dem Film zu widmen. Mit viel Mut und Kreativität formte sie die Kronberger Lichtspiele zu einem überregional beachteten Kulturort. Ihr Erfolgsrezept: ein Programm, das anspruchsvolle Filmkunst, aktuelle Hits und kreative Veranstaltungsformate vereint. Opernübertragungen, Lesungen, Filmgespräche, Whisky-Tastings, Strick-Kino – wer einmal da war, weiß: Hier geht mehr als Popcornkino.
Kelkheim kann sich freuen
Und genau dieses Konzept bringt Müller-Raidt nun nach Kelkheim. Das bedeutet: Filmreihen, Klassiker, neue Filme, Themenabende, Live-Veranstaltungen und ein offenes Haus für die Bürger der Stadt. Auch das Bistro im Foyer soll belebt und zum Treffpunkt für Kinofans und Neugierige werden. Müller-Raidt will das Kino nicht nur erhalten, sondern weiterentwickeln – ohne die Wurzeln zu vergessen.
Der Verein verabschiedet sich – mit Stolz und Wehmut
Für die vier verbliebenen Mitglieder des Vereins ist der Schritt schwer – aber richtig. Aus Alters- und Berufsgründen sei der Betrieb in dieser Intensität nicht mehr zu leisten. Die Gewissheit, mit Müller-Raidt eine engagierte, fachkundige und ehemalige Mitstreiterin gefunden zu haben, macht den Abschied leichter.
Was bleibt, ist Dankbarkeit – auf beiden Seiten. Die Kelkheimer haben ihrem Kino über Jahrzehnte die Treue gehalten. Und der Verein hat mit Hingabe bewiesen, wie viel Ehrenamt leisten kann: gegen die Konkurrenz großer Kinoketten, gegen die Lockung der Streamingplattformen – für das Erlebnis, gemeinsam im dunklen Saal in eine andere Welt einzutauchen.
Nach einer kurzen Pause für kleine Renovierungen und eine Grundreinigung soll es Ende Juli wieder losgehen – mit neuen Ideen, vertrauter Atmosphäre und einem Programm, das Filmfreunde glücklich machen wird.
Ein Kino bleibt nur dann lebendig, wenn Menschen es mit Leben füllen.
Danke an den Kino-Kelkheim e.V. – und willkommen in der Zukunft, liebe Kronberger Lichtspiele. Kelkheim bleibt Kino-Stadt.
Hier gehen nicht die Lichter aus, sondern ein neues Kapitel wird geschrieben. Foto: Judith Ulbricht