Hölderlin-Orte haben sich nicht unterkriegen lassen

Oberbürgermeister Alexander Hetjes, Ketty Urbani vom Stadtmarketing und Dr. Barbara Dölemeyer (v. l.) bei der Vorstellung der Hölderlin-App im Schlosspark. Foto: Stadt Bad Homburg

Bad Homburg (hw). 2020 jährte sich der Geburtstag des Dichters Friedrich Hölderlin zum 250. Mal. Bundesweit waren mehr als 700 Veranstaltungen vorgesehen, um dieses Jubiläum würdig zu begehen. Auch in Bad Homburg, wo der Dichter prägende Jahre seines Lebens verbracht hat, und im Rhein-Main-Gebiet waren etliche Ausstellungen, Installationen oder Lesungen geplant. Die Corona-Pandemie hat das Hölderlin-Jahr erheblich beeinträchtigt: Einige Veranstaltungen mussten ausfallen, andere wurden abgeändert oder verlegt. „Doch sowohl in Bad Homburg als auch an anderen Hölderlin-Orten in der Republik hat man sich nicht unterkriegen lassen. Ich bin sehr froh, dass wir in Bad Homburg bemerkenswerte Akzente im Hölderlinjahr setzen konnten“, sagt Oberbürgermeister Alexander Hetjes mit Blick auf die Hölderlin-Bilanz der Stadt.

So war in der Englischen Kirche die Ausstellung „Wohl geh‘ ich täglich andere Pfade“ zu sehen. Besucht wurde sie trotz coronabedingter Einschränkungen von rund 350 Personen. Das Städtische historische Museum zeigte die Ausstellung „Hölderlin – ein bewegtes Bild“. 1500 Gäste haben sie gesehen, rund zwei Drittel davon trotz eingeschränkter Öffnungszeiten nach der Wiedereröffnung der Museen. Das Stadtarchiv präsentierte Filme über Hölderlins Leben. Mehr als 270 Gäste besuchten die Veranstaltungen, obwohl nur 25 Personen pro Vorstellung zugelassen waren.

Um junge Menschen, vor allem Schüler, für den Dichter Hölderlin zu interessieren, wurde mittels App eine Route zu den Hölderlin-Orten in Bad Homburg zur Verfügung gestellt, die auch über das Jahr hinaus Bad Homburg als Hölderlinort präsent macht . „Die Hölderlin-App war von Anfang an eine tolle Idee. Wer hätte gedacht, dass dieser elektronische Pfad zu Hölderlin, den man unbedenklich alleine bestreiten kann, in diesem Jahr eine solch besondere Bedeutung zukommen würde“, so Hetjes.

Festakt erstmals im Livestream

Die Künstlerin Corinna Krebber zeigte in der Schlosskirche die dreidimensionale Text-Installation „o.T./Ariadnefaden“, die von Frühjahr bis Herbst zu verschiedenen Zeitrhytmen vielen Besuchern der Schlosskirche das Thema Hölderlin künstlerisch präsent machen konnte. Mit Navid Kermani wurde im Jubiläumsjahr ein Hölderlinpreisträger gekürt, der einen ausgewiesenen Bezug zu dem Dichter hat. Der Kölner hatte zudem am Abend vor dem Festakt eine Lesung im Kurhaus gegeben. Dana von Suffrin, Trägerin des Förderpreises, wird nach dem Verzicht von Navid Kermani die vor allem Preisträgern und Forschenden zur Verfügung stehende Hölderlinwohnung nutzen. Der Festakt selbst wurde in diesem Jahr über das Internet bundesweit zugänglich gemacht.

Aber auch andere Institutionen als die Stadt boten in Bad Homburg Veranstaltungen zu Hölderlin an. So zeigte unter anderem das Forschungskolleg Humanwissenschaften die

Fotoausstellung „Hölderlins Orte“. Auch Händler der Innenstadt beteiligten sich trotz erschwerten Bedingungen durch die Corona-Auflagen in den Sommermonaten am Hölderlinjahr: So wurde durch die Louisen Arkaden auf der Louisenstraße ein Streetart-Kunstwerk zu Hölderlin gestaltet, und die Buchhandlung F. Supp’s veranstaltete Lesungen mit jeweils eingeschränkter Teilnehmerzahl.

Festivaljahr verlängert

„Mein persönlicher Höhepunkt war die Verleihung des Hölderlinpreises 2020. Denn mit Navid Kermani haben wir einen absolut würdigen Preisträger ausgewählt. Seine imponierende Rede bei der Preisverleihung in der Schlosskirche wird uns noch lange im Gedächtnis bleiben“, so Hetjes weiter.

Dr. Bettina Gentzcke, Leiterin des städtischen Kulturamts, erinnert derweil nochmal an die besondere Geschichte, die Hölderlin und Homburg miteinander verbindet. „Hier in Homburg nahm Hölderlins Leben maßgebliche Wendungen, hier entschied sich sein Schicksal: Umgeben von langjährigen Freunden und Angehörigen des Landgrafenhofs, die ihn verstanden und schätzen, die Geliebte in unmittelbarer Nähe, versuchte er während seines ersten Aufenthalts in Homburg 1798 das Dichten zum Beruf zu machen“, so Dr. Gentzcke. Sein zweiter Aufenthalt endete 1806 mit seiner Verbringung in eine Klinik für psychisch Kranke in Tübingen tragisch. Diese „vom Leben selber geschriebene Geschichte eines hochempfindsamen Dichters“ berühre schon immer die Menschen in Bad Homburg und „hat zu einer unvergleichlichen Erinnerungskultur geführt“, so Gentzcke weiter. So hätten die Mitglieder des Homburger Geschichtsvereins bereits 1875 damit begonnen, den Dichter zu würdigen und auf seine beiden Aufenthalte in Homburg aufmerksam zu machen.

Oberbürgermeister Hetjes und Dr. Gentzcke weisen darauf hin, dass die Hölderlin-Städte einstimmig beschlossen haben, das Hölderlin-Festivaljahr bis Juni 2021 zu verlängern, um abgesagte Veranstaltungen nachzuholen. Unter anderem können sich die Bad Homburger dann auf eine große Lichtinstallation des Künstlers Philipp Geist und weitere Streetart und künstlerische Auseinandersetzungen mit Hölderlin im öffentlichen Raum freuen. „So wird es auch im kommenden Jahr, wenn es das Pandemie-Geschehen zulässt, erneut die Gelegenheit geben, sich mit Hölderlin zu beschäftigen“, sagt Hetjes abschließend.



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