Der Hölderlin-Preisträger 2021 heißt Marcel Beyer

Bad Homburg (jas). Der diesjährige Hölderlin-Preisträger der Stadt heißt Marcel Beyer. Der am 23. November 1965 in Tailfingen/Württemberg geborene Autor, der von 1987 bis 1991 Germanistik, Anglistik und Literaturwissenschaft an der Universität Siegen studiert hat, wird den mit 20 000 Euro dotierten Literaturpreis am Sonntag, 13. Juni, von Oberbürgermeister Alexander Hetjes und Stadtverordnetenvorsteher Dr. Alfred Etzrodt verliehen bekommen. Ob die Preisverleihung in der Schlosskirche stattfinden wird und wie viele Gäste dabeisein dürfen, steht noch nicht endgültig fest.

„Beyer, der zunächst stark beeinflusst war von Friederike Mayröcker und den Autoren des französischen Nouveau Roman, ist Verfasser von Lyrik, Essays und Romanen, die sich immer wieder mit der deutschen Geschichte – insbesondere mit der Zeit des Nationalsozialismus – auseinandersetzen“, heißt es über den Preisträger bei Wikipedia. Der Autor erhielt zahlreiche Preise, darunter 2008 den Joseph-Breitbach-Preis, 2016 den Georg-Büchner-Preis, 2019 den Lessing-Preis und in diesem Jahr den Peter-Huchel-Preis. Bis 1996 lebte Marcel Beyer in Köln, seitdem ist er in Dresden ansässig. Beyer erhält die Auszeichnung für sein Gesamtwerk.

In der Begründung der Jury des Hölderlin-Preises heißt es: „In mehr als drei Jahrzehnten hat Marcel Beyer ein Oeuvre geschaffen, das in seiner literarischen Vielfalt und seinem poetologischen Erkenntnisdrang die deutschsprachige Literatur auf einzigartige Weise bereichert. Marcel Beyer erweist sich darin als sensibler Zeitgenosse, der nicht nur die verschiedensten Gattungen beherrscht, wenn er Romane, Lyrik, Essays, Erzählungen und Opernlibretti schreibt. Vor allem verfolgt er auf je eigene Weise den Ansatz, Geschichte zu vergegenwärtigen und zugleich alternative Möglichkeitsräume zu eröffnen. Romane wie ‚Flughunde‘ (1995) aus Hitlers Führerbunker oder ‚Kaltenburg‘ (2008), der aus dem brennenden Dresden eine Zeitspanne von 70 Jahren einfängt, zeigen Marcel Beyer als unbestechlichen Beobachter innerer Prozesse wie auch sozialer Milieus und gesellschaftlicher Atmosphären. Gedichtbände wie ‚Graphit‘ (2014), ‚Dämonenräumdienst‘ (2020) oder auch die Vorlesungsreihe seiner Frankfurter Poetikdozentur ‚Das blindgeweinte Jahrhundert‘ (2017) lesen sich quer zum rein illustrierenden Realismus als poetische Tiefenbohrungen in das zurückliegende Jahrhundert, seinen Horror, seine Mythen, seine popkulturellen Alltagserfahrungen. Marcel Beyers Neugier ist mitreißend, sein Blick kühn, seine Sprache musikalisch. Seine Literatur erzählt die Welt auf ungeahnte Weise.“

Förderpreis für Joshua Groß

Der mit 7500 Euro dotierte Hölderlin-Förderpreis für junge Autoren geht an Joshua Groß. Groß, geboren 1989 in Grünsberg, lebt in Braunschweig. Er studierte Politikwissenschaft, Ökonomie und Ethik der Textkulturen in Erlangen. Von 2014 bis 2019 war er wissenschaftlicher Mitarbeiter im Institut für moderne Kunst Nürnberg. Im Jahr 2019 wurde er mit dem Anna-Seghers-Preis ausgezeichnet.

Die Hölderlin-Preis-Jury schreibt: „Joshua Groß’ Romandebüt Debüt ‚Flexen in Miami‘ gelingt es, die ‚Schichtungsverhältnisse der Gegenwart‘ in eine innovative literarische Ästhetik zu übersetzen. Phänomene wie Hip-Hop- oder Gaming-Kultur, das Internet als Ort smarter Dinge oder die sozialen Medien werden dabei als materielle Grundlage unserer Existenz ebenso ernst genommen wie die ökologische Situation des Planeten. Resultat ist ein kompliziertes, mitunter fast paradoxes emotionales Konstrukt aus Euphorie und Erschöpfung, aus Traurigkeit und Komik, ebenso grell gezeichnet wie zart. Im Ort der Handlung, dem heißen, künstlichen, kranken, giftigen und dennoch höchst faszinierenden Miami, wird die Gegenwart zu einer Art Denkbild verdichtet – durch eine Literatur, die alle sinnlichen, emotionalen und intellektuellen Möglichkeiten des Ästhetischen nutzt und dabei kulturkritische Seichtigkeit ebenso vermeidet wie einfältige Nostalgie: eine große Bereicherung für die deutschsprachige Literatur.“



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