Jazzgeschichte mitreißend lebendig

Die „Barrelhouse Jazzband“ eröffnet das 6. Bad Homburger Jazz-Festival „Swinging Castle“: Begeistert ist der Applaus der Freunde des klassischen Jazz in der ausverkauften Schlosskirche. Foto: Bergner

Von Astrid Bergner

Bad Homburg. Sie waren richtig gut drauf: Die sechs Herren und die Dame Lindy Huppersberg der „Barrelhouse Jazzband“ brachten mit ihrem Programm von King Oliver bis Count Basie die Schlosskirche zum Swingen. Mit ihrem vielfältigen Repertoire eröffnete die seit 66 Jahren existierende Band um Reimer von Essen das 6. Bad Homburger Jazz-Festival „Swinging Castle“ und machte zwei Stunden lang Jazzgeschichte mitreißend lebendig.

Der Saxofonist und Klarinettist Reimer von Essen, künstlerischer Berater der Konzertreihe in der Schlosskirche, leitet die „Barrelhouse Jazzband“ seit 1962, und aus seinem großen Erfahrungsschatz kommentierte er die Geschichte des klassischen Jazz von seinen Anfängen bis in die 1950er-Jahre. „Get Rhythm In Your Feet And Music In Your Soul“: Mit diesem Stück eines ihrer Lieblingskomponisten, Jelly Roll Morton, der kurz nach der Wende zum 20. Jahrhundert als Jazzkomponist auftrat, traf die „Barrelhouse Jazzband“ die Herzen der vielen Jazzfreunde in der Schlosskirche. Horst Schwarz (Trompete und Posaune) sang gefühlvoll den Jazz-Klassiker, und Frank Selten am Saxofon jazzte mit beeindruckenden Soli ebenso wie Reimer von Essen mit seiner Klarinette.

Wärme der Klarinette

In Erinnerung an Sidney Bechet, der 1927 tatsächlich selbst einmal in Bad Homburg aufgetreten war, erklang „Chant In The Night“ – anrührend die Wärme der Klarinette und die strahlende Klarheit des Sopran-Saxofons, und die Rhythmen von Michael Ehret am Schlagzeug, Lindy Huppertsberg am Kontrabass und Roman Klöcker an der Gitarre gingen so richtig in die Knochen.

Wenn die „Barrelhouse Jazzband“ Duke Ellington spielt, darf ein großes Piano-Intro nicht fehlen: Christof Sänger brillierte am Klavier in „Out South“, und die Band verwandelte die aus dem amerikanischen Süden stammende Gospelmusik in mitreißenden Jazz. Mit „Caravan“ von Duke Ellington, in dem großartige Saxofon- und Trompetensoli erklangen, präsentierten die sieben Musiker einen heißen Feger, der laut Reimer von Essen „jeden Abend irgendwo auf dieser Welt gespielt wird“.

Während in der ausverkauften Schlosskirche die Stimmung der Zuhörer immer besser wurde und lauter Zwischen-Applaus erklang, jamten sich die Musiker immer begeisterter hinein in die klassischen Jazzklänge: Sie wippten in den Knien, schlossen genießerisch die Augen bei Solopassagen, und führten auch ungewöhnlichere Instrumente wie Cornett und Banjo vor.

Volker Northoff, Veranstalter der Reihe „Swinging Castle“, kündigte weitere sieben Konzerte aus den Musikbereichen Jazz, Blues und Hot Jazz an – eine Woche voller musikalischer Leckerbissen für die Jazzfreunde, die aus dem gesamten Rhein-Main-Gebiet nach Bad Homburg kommen, um berühmte Interpreten zu erleben.

!Am Donnerstag, 20. Juni, um 19.30 Uhr gastiert Anja Baldauf als „Zydeco Annie“ mit ihrem „Orchestra Mondo“ in der Schlosskirche. Am Freitag, 21. Juni, um 19.30 Uhr spielt „Doktor Jazz Ambulanz“ aus Bonn. Am Samstag, 22. Juni, um 18 Uhr kommt „Paris Washboard“ aus Paris nach Bad Homburg. Zum Ende des Festivals tritt am Sonntag, 23. Juni, von 15 bis 17 Uhr die Sängerin Caro Smykla mit Matthias Wolf am Keyboard auf, und zwar in „Goethes Ruh“ im Schlosspark. Eintrittskarten gibt es bei Tourist Info + Service im Kurhaus, Telefon 06172-1783710, sowie bei Palm Tickets in den Louisen Arkaden unter Telefon 06172-921736. Bestellungen per E-Mail können an info[at]castle-concerts[dot]org oder tourist-info[at]kuk.bad-homburg[dot]de gesendet werden.



X