Kirchlicher Segen für die Narrenschar

Zum gemeinsamen Gruppenbild nach dem närrischen Gottesdienst stellen sich die Karnevalisten mit Erstem Kreisbeigeordneten Thorsten Schorr (hintere Reihe, 3. v. l.), Bürgermeister Dr. Oliver Jedynak (vordere Reihe, 4. v. r.) und Pfarrer Werner Meuer auf. Foto: Stadt

Von Astrid Bergner

Bad Homburg. „Es ist eine schöneTradition, den Karneval zusammenmit einem Gottesdienst zu eröffnen!“ Anita Faulhaber, Claudia Geringund Claudia Schobel-Haas vomKarnevalsverein Heiterkeit ausKirdorf sind sich da einig. Die drei Damen stehen erwartungsvoll aufdem Vorplatz der katholischen Kirche St. Marien, fantasievoll verkleidet und mit zahlreichen Orden vergangener Faschingskampagnen um den Hals.

Narren-Oberhäupter der vier Bad Homburger Karnevalsvereine, Vertreter der Kolpingfamilie und des BCV aus Bommersheim sowie die Gardemädchen des Homburger Carneval Vereins (HCV) in ihren blauweißen Kostümen vertreten sich in der Kälte noch die Füße – dann geht es los: Zu den Klängen des Narrhalla-Marsches ziehen die Karnevalisten hinter dem Kreuz-Träger in die Kirche ein, vorbei an zahlreichen funkelnden Narrenkappen und fröhlichen Gottesdienstbesuchern.

Musik macht die Narren fröhlich. Der Fanfarenzug des Clubs Humor stimmt die Mainzer Karnevals-Hymne „Im Schatten des Doms“ an, und während die diesjährigen Fast- nachtsprinzessinnen Amy-Julie I. und Susanne II. mit ihrem Hofstaat vorne rechts in die Kirchenbänke einschwenken, nehmen die politischen Oberhäupter aus Kreis und Stadt links Platz. Die Standarten-Träger vom Club Humor, den Freunden des Carneval (FdC), des CV Heiterkeit und des HCV beziehen im Altarraum Posten, von der Orgel erklingt die britische Nationalhymne, die galant in das alte Kirchenlied „Lobe den Herren“ mündet. „Helau! Der Karneval hilft uns, mit mehr Leichtigkeit durchs Leben zu gehen! Und jetzt können wir einen Augenblick Kraft tanken hier“, begrüßt der Vorsitzende des Narrenrates, Torsten Hainz, die Fastnachter. So mancher hat sich die Kapp’ aufgesetzt: Thorsten Schorr und Landrat Ulrich Krebs vom Hochtau- nuskreis, Bürgermeister Dr. Oliver Jedynak und Eberhardt Schmidt-Gronenberg von der Aktionsgemeinschaft Bad Homburg schließen sich an diesem Mittag in der Kirche gerne der Narrenschar an. Den vielen weiblichen Fastnachtern hat sich auch Emma I., Faschingsprinzessin aus Usingen-Kransberg, zugesellt.

Freude verschenken

Die Stimmung ist gut. Ganze Karnevalisten-Familiengenerationen von Klein bis Groß sind da, vom Gardemädchen über die Musikerin mit Trompete bis hin zum Ehrenpräsidenten. „Die Karnevalsvereine in Bad Homburg arbeiten prima zusammen“, meint eine Närrin, die seit Kindheit dabei ist. Und so fällt die Evangeliums-Lesung aus dem Kolosserbrief des Paulus, die Landrat Krebs vorliest, auf aufnahmefähigen Boden: „Ertragt einander und vergebt einander…“

Pfarrer Werner Meuer spart in seiner gereimten Predigt die Probleme und Krisen in Welt und Kirche nicht aus – doch „das Evangelium sagt klipp und klar: Wir sind dazu da, um Freude zu verschenken. Freude ist ansteckend und gesund und macht unsere Gemeinschaft einfach bunt!“ Meuer lässt mit viel Humor den Song „Euphorie“ von Julian Reim vom Band spielen – ein Wunschlied der amtierenden Faschingsprinzessinnen – und wippt dazu im Swing mit dem Fuß. „Hey, ich weiß/Veränderung ist schwer/Doch zurück in dieses Grau will ich/Nie mehr… Und ich fühl mich wieder frei/Denn ich tanz’ wie ich tanz’/Wie ich will“ – Gottesdienstbesucher singen mit, und unwillkürlich denkt mancher wohl an die triste Coronazeit zurück mit dem festen Vorsatz: nie mehr! Der Pfarrer spricht vom Mutmachen und der Bereicherung unseres Alltags, wenn wir Gottes Freude an uns mit anderen teilen. Und dann stimmt der Organist von St. Marien dieses altbekannte Juxlied „Wir kommen alle, alle, alle in den Himmel, weil wir so brav sind“ an – die Narren im ganzen Kirchenschiff haken sich unter und schunkeln. Jeder weiß, die Ressource Fröhlichkeit brauchen wir gerade in schweren Zeiten, im Privatleben wie im Zusammenleben in Stadt, Land und auf dem ganzen Globus.

Dann wird es ernst: Bad Homburgs Bürgermeister Oliver Jedynak, die Präsidenten der vier Karnevalsvereine und eine Vertreterin des Kolpingvereins sprechen die Fürbitten. Dank an Gott für alle Menschen, die in der Stadt anderen Freude schenken. Bitte um eine menschenfreundliche und offene Stadt und Welt, in der Menschenwürde, Respekt, Frieden und Freiheit in unserer demokratischen Ordnung herrschen, in der Heiterkeit und Humor das Miteinander prägen.

Während die Standarten-Träger im Altarraum weiter die Fahne des Karnevals hochhalten, werden Brot und Wein von Karnevalisten zum Altar getragen, und es wird gemeinsam Abendmahl gefeiert. Die Freude der Narren hat nach der Zwangspause unter dem Dach der Kirche St. Marien traditionsgemäß wieder ihren Platz gefunden. Die tollen Tage können beginnen. Helau!

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