Ihr Konfirmationsspruch trägt Christiane Tietz durch Ängste

„Mit Mut davon reden, wieso uns christlicher Glaube wichtig ist“: Professor Dr. Christiane Tietz, die neue Kirchenpräsidentin der EKHN, predigt in der Erlöserkirche. Foto: a.ber

Bad Homburg (a.ber). „Die Kirche der Zukunft? Sie beginnt heute und jetzt und indem wir darauf vertrauen, dass Gott unserer Kirche Zukunft gibt.“ Ein ermunterndes Glaubenszeugnis legte die neue Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche von Hessen und Nassau (EKHN), Professor Dr. Christiane Tietz, in ihrer Predigt am vergangenen Sonntag in der Erlöserkirche ab. Viele evangelische Christen der Kurstadt und aus dem Evangelischen Dekanat Hochtaunus waren gekommen, um die seit Januar amtierende Nachfolgerin von Kirchenpräsident Dr. Volker Jung zu erleben. Neben Pfarrer Andreas Hannemann von der Erlöserkirche wirkte auch Dekanin Dr. Juliane Schüz an dem Gottesdienst mit.

Kirche mit Zukunft – zu diesem Thema hatte die Erlöserkirchengemeinde Christiane Tietz gebeten zu predigen. Anhand einer Bibelstelle aus dem Neuen Testament, 1. Petrus 2, 1-10, entfaltete die Kirchenpräsidentin ihre Gedanken und sprach den evangelischen Christen Mut zu. „Gott ist nah“: Momente der Glaubensstärkung – sei es durch Erleben des aufblühenden Frühlings, durch das Hören eines Lieblingspsalms, im gemeinsamen Gebet des Vaterunsers oder im Miteinander beim Abendmahl – könnten uns stärken und dazu helfen, solche Momente der Gottesnähe wahrzunehmen, so Tietz. Sie sprach von „Durststrecken im Glauben, wenn Zweifel und Fragen groß sind.“ Gott selbst sei „kein sinnlich erfahrbarer Gegenstand“: Würden wir genau damit heute schwierig fertig, bei krisenhafter Weltlage, sinkenden Mitgliederzahlen der Kirche und bei dem Gedanken, ob die Zeit des Christentums zu Ende gehe und Kirche keine Zukunft mehr habe? Der Autor des Petrus-Briefes, so Professor Tietz in ihrer Predigt, lege den Christen ans Herz, sich Momente der Glaubensstärkung zu vergegenwärtigen und Jesus als „den lebendigen Stein und Grund unserer Kirche“ zu sehen. „Jesus Christus hält die Kirche am Leben, nicht wir. Er ist Anlass dessen, was wir als Kirche tun.“ Christiane Tietz nannte auch die Gemeinschaft untereinander „als lebendige Steine des geistlichen Hauses“ entscheidend: Kirche mit Zukunft sei eine Kirche, bei der Menschen sich gegenseitig tragen und stützen und mit Mut davon reden könnten, wieso ihnen ihr christlicher Glaube wichtig sei.

Die 1967 in Frankfurt am Main geborene und aufgewachsene Theologin studierte Evangelische Theologie und Mathematik und wurde 2004 an der Universität Tübingen zur Professorin habilitiert; von 2013 bis 2024 war sie Professorin für Systematische Theologie an der Universität Zürich. Seit 2024 ist sie Pfarrerin im Ehrenamt an der Evangelischen Dreikönigskirche in Frankfurt. In einem Kurzinterview stellte die Dekanin des Evangelischen Dekanats Hochtaunus die neue Kirchenpräsidentin – die, so Dekanin Schüz, als Theologin und Mathematikerin durch Glauben, Denken und Verstehen geprägt sei – im Gottesdienst vor. Ihr Lieblings-Theologe sei derzeit Dietrich Bonhoeffer, „der uns ermuntert, uns in schwierigen Zeiten nicht zurückzuziehen ins Private“, sagte Christiane Tietz. Und ihr Konfirmationsspruch „Der Herr ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten?“ sei ihr wichtig als Zuspruch, dass sie auch in Ängsten getragen werde. Die neue Kirchenpräsidentin, die in der Freizeit am liebsten die Wanderschuhe schnürt und loswandert, kennt den Taunus und Bad Homburg seit ihrer Kindheit: „Wir sind als Familie oft im Taunus gewandert und haben anschließend im Kurpark Kaffee getrunken; ich habe auf dem Feldberg Skifahren gelernt. Es ist schön, wieder hier zu sein!“, erzählte Christiane Tietz. Pfarrer Andreas Hannemann von der Erlöserkirche dankte der Kirchenpräsidentin für die schnelle und spontane Zusage, hier zu predigen. Nach dem vom Kirchenchor mitgestalteten Gottesdienst, zu dem auch viele amtierende und ehemalige Bad Homburger Pfarrer, Christen und Kirchenvorsteher aus anderen Gemeinden sowie Mitglieder der Dekanatssynode gekommen waren, war Gelegenheit, Kirchenpräsidentin Tietz beim Kirch-Kaffee auf dem Vorplatz der Erlöserkirche zu begrüßen und mit ihr ins Gespräch zu kommen.



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