Lev Natochennys Piano-Gala erhellt die Gemüter in der Kirche

Glänzendes Finale und besonderes Highlight des Galakonzerts: Nami Ejiris Interpretation der 24 Préludes von Chopin. Foto: Sura

Bad Homburg (aks). Zeitgleich mit dem Internationalen Deutschen Pianistenpreis im neuen Casals Forum Kronberg feierte Bad Homburg das Lev Natochenny Piano Festival. Am Sonntagabend erzeugten drei junge Nachwuchspianisten der Meisterklasse von Prof. Dr. Lev Natochenny und eine japanische Gastprofessorin Hochspannung in der Englischen Kirche. Der 73-jährige russisch-amerikanische Pianist, früher Professor an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt am Main, leitet heute die Kalaidos Musikhochschule in Zürich. Er gilt als künstlerisches Genie und „Meistermacher“ mit der Fähigkeit, die Individualität und Persönlichkeit hochtalentierter Künstler zu fördern. Oberbürgermeister Alexander W. Hetjes freute sich als Vertreter der Stadt ganz besonders auf das „herausragende“ Konzert. Lev Natochenny begleite ihn mit „meisterlichem Input“ durchs Jahr: „Nun steht wieder Weihnachten vor der Tür.“ Von Vorfreude beseelt schien auch das zahlreiche Publikum.

Die amerikanische Klaviervirtuosin Rachel Breen, Absolventin der Yale University und der Juilliard School und derzeit Studierende an der Musikhochschule Hannover in der Klasse Lars Vogt (gestorben 2022), zog das Publikum mit acht Kompositionen, die sie „en suite“ spielte, in ihren Bann. Die Kompositionen aus dem 19. und 20. Jahrhundert unter anderem von Beethoven, Prokofiev, Skrijabin und Chopin verschmolz sie zu einem ergreifenden Kunstwerk von taufrischer Klarheit und gefühlvoller Verklärung. Mit ihrem leichten präzisen Spiel erzeugte Breen Wohlgefühl und Gänsehaut zugleich. Den Applaus nahm sie strahlend entgegen.

Ihr folgte Sergey Belyavsky, der auf vielen berühmten Bühnen der Welt – unter anderem in der Carnegie Hall – konzertiert, und entlockte dem Bösendorfer Konzertflügel maximalen Klang mit Liszt und seinen „Reminiscences“ zu Mozarts „Don Giovanni“. Beim „Teufelspianisten“ Liszt wird daraus ein atemberaubender Balz-Tanz, ein Spiel um den Sieg der Männlichkeit über weibliche Hingabe. Die berühmte Mozart-Arie „La ci darem la mano“ bringt die Verführungskunst des legendären Frauenhelden zum Klingen. Belyavsky gelingt das Kunststück, dem leidenschaftlich temperamentvollen Stück am Klavier nicht nur eine Stimme zu geben, sondern zwei – dem Liebes-Duett von Don Giovanni und Zerlina!

Das „Lacrimosa“ nach dem Requiem von Mozart erinnert an den Totensonntag, dem letzten Sonntag vor Advent, an dem der Verstorbenen gedacht wird. „Das Tal der Tränen“ bedeutet Innehalten und Trauer und ist zugleich Hoffnung auf das Licht am Ende des Tunnels, die „Lux aeterna“, die auch in der Englischen Kirche zu leuchten schien. Beflügelt vom begeisterten Applaus gab der 28-Jährige noch drei Zugaben.

Der zweite Teil war ganz Chopin gewidmet mit einem herausfordernden Programm, das Publikumsliebling Alexander Preiss, bei Lev Natochenny ausgebildeter Pianist und BWL-Master-Student, ebenso mit Bravour – und viel Mimik – meisterte wie die Japanerin Nami Ejiri, selbst Gastprofessorin bei Lev Natochenny, die als „Highlight“ des Abends galt. Der 24-jährige Preiss trug mit den Balladen Nr.1 und 2 zur Magie des Abends bei, das Publikum umjubelte ihn. Ejiri, Meisterin der Leichtigkeit, verlieh elegant und souverän den Stimmungen und Spielarten Chopins Flügel und zauberte ein Lächeln in die Gesichter. Ihr feines, oft zurückhaltendes, tief empfundenes Klavierspiel vergoldete den Abend, der mit allen Zugaben zu einem dreistündigen Konzert der Extra-Klasse anschwoll. Meister Natochenny saß in sich versunken in den vorderen Reihen und war in Gedanken ganz bei „seinen Künstlern“.

„Ein schöner Klang ist ein solcher, der die musikalische Idee richtig zum Ausdruck bringt“, hat er einmal gesagt. Der Abend war voll von „richtigen“ Klängen, die die Pianisten zu Gehör brachten. „Wunderbar“ seufzte eine männliche Stimme beim Schlussapplaus.

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