Bad Homburg (a.ber). Wenn während des diesjährigen Laternenfestes vom 2. bis 5. September irgendwann eine junge Frau mit langen, wehenden braunen Locken auf dem traditionell am Kurhaus stehenden Kettenkarussell gesichtet wird, die der Laternenkönigin mit ihrem offenen Lachen und den großen strahlenden Augen zum Verwechseln ähnlich sieht, dann wird sie es sein: Lisa Beckmann, inkognito in Zivil, die sich schnell mal zwischen zwei Auftritten im Königinnenkleid in die Jeanshose geworfen hat, um ganz einfach mitten unterm Laternenfest-Volk begeistert mitzufeiern. Der 28-jährigen Bad Homburgerin, die am Montag vom Laternenfestverein offiziell als Laternenkönigin 2022 im Garten der Familie Scheuer vorgestellt wurde, steht außer der schon als Kind geübten Begeisterung für das Karussellfahren auch eine große Vorfreude ins Gesicht geschrieben: Nach zwei coronabedingt ausgefallenen Laternenfesten darf nun endlich wieder gefeiert werden.
Alles andere als oberflächlich und selbstverständlich sieht die in Bad Homburg geborene und in Neu-Anspach aufgewachsene Laternenkönigin das Feste-Feiern: „Die Zeit ist sehr unruhig und bringt für uns alle negative Veränderungen mit sich. Wir müssen den Ereignissen um uns herum Beachtung schenken und bestmöglich handeln. Aber die Grundstimmung unseres Lebens sollte nicht mies sein. Wir dürfen gerade jetzt in der Entspannung der Pandemiesituation auch wieder Feste feiern. Ich habe das Miteinander sehr vermisst, und das muss sich jetzt ändern.“
Das Motto des Laternenfestes „Es geht wieder los!“ passe auch gut dazu, sagt Stefanie Wagner, 2. Vorsitzende des Laternenfestvereins. Der Startschuss für das große Volksfest 2022 war gefallen, als Stefanie Wagner, selbst Laternenkönigin von 2011, und der übrige amtierende Vorstand Lisa Beckmann aus neun Kandidatinnen für das Königinnenamt ausgewählt hatten – nein, eigentlich schon vorher: Die junge Bankangestellte für Geldwäsche-Prävention bei der Bank ING-DiBa in Frankfurt am Main, die nach dem Abitur 2012 am Usinger Christian-Wirth-Gymnasium, einem Dualen Studium Business Administration und ihrem Master in Risk Management seit 2018 wieder in ihrer Geburtsstadt Bad Homburg wohnt, hatte – im Homeoffice in ihrer Wohnung in Kirdorf sitzend – den Aufruf zur Bewerbung in den sozialen Medien gelesen und mit „Hey! Cool! Jetzt muss ich die Chance ergreifen!“ reagiert. Auch ihr Vater und ihre jüngere Schwester seien Feuer und Flamme gewesen, so Lisa Beckmann.
Der Tag der Bewerbung sei „sehr spannend“ gewesen: Als von Kindesbeinen an begeisterte Reiterin und Besitzerin eines Pferdes hatte sie an diesem Tag ein Reitturnier in Darmstadt zu meistern, mit zwei Starts. „Nach dem ersten Ritt habe ich mich im Pferdehänger schnell umgezogen, Reitstiefel gegen Pumps getauscht.“ Ihr Freund Ben fuhr sie rasch nach Bad Homburg, wo Lisa Beckmann sich als letzte in der Reihe der Bewerberinnen der Jury stellte. „Dann zurück zum Turnier, wieder umziehen, zweiter Start – na ja, die Runde war fast fehlerfrei“, lacht sie.
Eine große Überraschung
Fehlerfrei war auf jeden Fall die Runde vor dem Laternenfestvereins-Vorstand: „Für uns war gleich klar: Das ist die neue Laternenkönigin“, erzählt Josef Schalmayer, seit 1975 im Verein, und Gerd Scheuer vom Vorstand nickt. Lisa Beckmann bringt auf jeden Fall eine wichtige Voraussetzung mit: Sie liebt seit Kindheit das Laternenfest und liebt Bad Homburg. „Was für eine schöne Stadt, das Städtische mit der Fußgängerzone und den Cafés und Restaurants, den Parks und dem Hardtwald, der Nähe zu Frankfurt, ein tolles Flair und dabei nicht zu trubelig“, schwärmt sie. Dennoch sei es eine große Überraschung gewesen, als die amtierende Laternenkönigin Louisa I. mit Vorstandsmitgliedern an ihrer Tür klingelte, einen Blumenstrauß in der Hand, und Louisa ihr ein rosé-farbenes Armband überreichte mit der Nachricht: „Du bist die neue Königin.“
Für den Familien-Mensch Lisa Beckmann, die in der Vergangenheit schon oft mit Schwester, Cousinen und Cousins das Laternenfest besuchte und außer der traditionellen Fahrt im geliebten Kettenkarussell auch schon mit Freund Ben die Fahrt im „Hexentanz“ gewagt hat, heißt es in den nächsten Wochen: Regentschaft einüben! Gemeinsam mit der Bad Homburger Schneiderin Heike Rahusen-Marsch und der langjährigen erfahrenen Laternenkönigin-Begleiterin Christina Nielsen ein passendes Kleid für die vielen Auftritte zu finden. Die junge Bankangestellte hat da so ihre Vorstellungen. „Märchenhaft soll es sein – es wird auffallen“, lacht sie. Erste Inspirationen haben die drei schon eingeholt, es wird weiter beraten über Farbe und Stoff.
Lisa Beckmann freut sich auf alles, was auf sie zukommt: Die Inthronisation an der Konzertmuschel im Kurpark, die Laternenfest-Umzüge als Höhepunkt des Volksfestes, Auftritte in Kindergärten und besonders in Pflegeheimen „bei Menschen, die jahrelang das Fest mitgefeiert haben und es nun nicht mehr können“. Sie liebe den Trubel und freue sich darauf, auf der Bühne zu stehen „und in viele bekannte und unbekannte Gesichter zu blicken, die sich mitfreuen.“ Das Kleid muss ebenso wie die Trägerin einiges aushalten, denn nicht nur die vier Festtage und weitere Auftritte in der Kurstadt, sondern auch Termine beim nächsten Hessentag und beim hessischen Ministerpräsidenten stehen an.
Ihr Arbeitgeber sehe das gelassen und freue sich über ihr Engagement als Laternenkönigin, sagt Lisa Beckmann – „aber ich nehme mir auch ein paar Urlaubstage dafür“. Auch den Austausch mit Louisa I., die 2019 Laternenkönigin war und die Krone durch die beiden festlosen Pandemiejahre trug und nun an Lisa Beckmann abgibt, sucht sie. „Und ich freue mich auf tausend schöne Erlebnisse mit den Menschen.“ Märchenhaft werde es auf jeden Fall, so die 28-jährige, bei dieser märchenhaften Kulisse mit Schloss, Parks und Altstadt. Erholung kann Lisa Beckmann zwischendurch bei ihrem Pferd „My Girl“ im Stall in Wehrheim suchen, das sie seit 13 Jahren reitet und pflegt – und auf Zeit für ein paar Inkognito-Streifzüge in geselliger Runde mit Freunden durchs festlich geschmückte Bad Homburg an den vier aufregenden Tagen hofft die neue Laternenkönigin auch.