Bad Homburg (jas). Ein Kino-Event der besonderen Art erwartete Filmfans am Donnerstagabend im großen Saal des Kinopolis am Bahnhof. Ausgestattet mit Getränk, Popcorn oder Nachos konnten die Zuschauer nicht nur die Premiere des neuen Films „Eine Million Minuten“ mit Karoline Herfurth und Tom Schilling in den Hauptrollen erleben, sondern auch die Bekanntschaft mit Regisseur Christopher Doll machen. Er beantwortete im Anschluss an das Filmvergnügen bereitwillig die Fragen der Zuschauer.
Doch vor der gut halbstündigen Fragerunde hieß es erst einmal „Film ab“ für Dolls Regiedebüt, das nach dem autobiografischen Roman von Wolf Küper entstand. Die Geschichte ist nicht neu, das Problem vielen jungen Eltern bekannt: Sowohl Mutter als auch Vater haben einen anspruchsvollen, fordernden Job, doch nebenher müssen die Herausforderungen des Alltags mit kleinen Kindern jongliert werden, die kräftezehrend sind.
Vor diesem Dilemma stehen im Film auch Vera (Karoline Herfurth) und Wolf Küper (Tom Schilling) mit ihren beiden Kindern Nina (Pola Friedrichs) und dem einjährigen Bruder Simon (Piet Levi Busch). Sie führen ein Leben, wie es sich viele wünschen: eine schöne Wohnung in Berlin, er arbeitet als Klimaforscher und Gutachter für die Vereinten Nationen, sie halbtags als Bauingenieurin mit Schwerpunkt Nachhaltigkeit. Nebenbei kümmert sie sich um den Nachwuchs. Doch was auf den ersten Blick perfekt aussieht, ist es auf den zweiten schon nicht mehr. Die Ehe kriselt, sowohl Eva als auch Wolf sind überfordert, vom Alltag zerrissen.
Als bei Tochter Nina eine Entwicklungsverzögerung diagnostiziert wird, ist beiden klar, dass sich etwas grundlegend ändern muss. Den Anstoß für diese Änderung gibt Nina, die sich abends beim Zubettgehen von ihrem Vater „eine Million Minuten“ nur für „die ganz schönen Sachen“ wünscht. Eine Million Minuten, 694 Tage, knapp zwei Jahre. Die Auszeit wird geplant, die Wohnung ausgeräumt, und los geht’s. Erst nach Thailand, dann weiter nach Island. Die Küpers machen sich auf die Suche nach einem neuen, einem anderen Lebensmodell und machen die Erfahrung, dass auch das nicht einfach zu finden ist.
Gespannt wartete das Publikum nach dem Abspann auf den Stargast, der gerne davon berichtete, wie er die Familie Küper kennengelernt hatte und die Idee vom Film entstanden war. „Klar ist, man geht nicht los und lässt seine Probleme zu Hause. Du kannst dir nicht selber entkommen“, sagte Doll. Was er aus dem Film gelernt habe, fragte ein Zuschauer. Bewusster im Alltag mit der Zeit umzugehen, so Doll. Und: „Ich hätte gerne mehr Zeit. Auch die Filmbranche ist nicht immer Prosecco.“
Erst knapp zwei Wochen vor der Premiere sei der Film fertig geworden. „Von Mitte Februar bis Mitte Mai haben wir gedreht“, dann folgten der Schnitt, die Musik, die Mischung, die Korrektur. „Fertig waren wir am 12. Januar.“ Doch Entspannung sei dann nicht angesagt gewesen. „Man hat immer die Hosen voll und mit Dämonen zu tun“, schließlich wisse man ja nicht, wie der Film ankomme. „Aber irgendwann muss man loslassen“, so Doll.
Drehen mit Kindern
Welches der beiden Länder, in denen gedreht wurde, sich mehr in sein Gedächtnis gebrannt habe, wollte ein Zuschauer wissen. Da brauchte Doll nicht lange überlegen. „Island“, sagte er, „ein sehr spezielles Land.“ Dann erzählte er von besonderen Schwierigkeiten, die das Drehen mit Kindern mit sich bringt. „Das mit der Planbarkeit ist schwierig. Man nimmt, was man bekommt.“ Schließlich ging es um Drehtage und Drehbücher, um Kosten und um das Casting für die Rolle der Nina. „Wir hatten 680 Bewerbungen, 80 Kinder haben wir gecastet, in die Endauswahl kamen drei“, informierte Doll.
Gut gelaunt verriet er dem Publikum auch, dass er einmal Handdouble von Sky Dumont im Film „Der Schuh des Manitu“ war und dass sein nächster Film – wenn alles gut geht – im Februar 2025 in die Kinos kommen soll. Dann wird wieder seine Frau, Karoline Herfurth, die Hauptrolle spielen – im zweiten Teil von „Wunderschön“.