Bad Homburg (fch). „110 Menschen, 110 Masken, 220 Augen“ lautet der Titel der Ausstellung „unisono Bad Homburg 2020“ von Stefanie M. E. Wassermeier. Getreu der Devise, dass Bilder und Fotografien viele Geschichten erzählen und Spuren von uns und unserem Zeitgeist abbilden, hat die Fotografenmeisterin in der Corona-Krise einen Aufruf über Facebook gepostet. Sie suchte Leute, die sich mit ihrer Mund-Nasen-Maske fotografieren lassen wollten. Das Interesse war überwältigend.
Viele Kurstädter oder ehemalige Bad Homburger meldeten sich. Nach zehn Tagen zog die Fotografin aus Leidenschaft einen Schlussstrich unter ihre Aktion, die sich schnell zu einem Selbstläufer entwickelt hatte. „Nach 109 Models, von denen ich viele zum ersten Mal gesehen habe, das 110. bin ich selbst, setzte ich einen Schlusspunkt. Es wurde zu viel. Ich hatte mit 20 Leuten gerechnet.“ Alle Teilnehmer an der Aktion kamen in ihr „Atelier für Lichtbildnerei“. Dort hat Stefanie M. E. Wassermeier alle 109 – vom Kind bis zum Senior – mit einer Einstellung in ihrem Studio fotografiert.
Wie ein Blick auf die Ausstellungswände zeigt, haben mehr Frauen als Männer an der Aktion teilgenommen. „Dieses Projekt ist nun ein Herzensprojekt, mein Nachlass an Bad Homburg, eine Reminiszenz für künftige Tage. 109 Menschen zeigen, was Corona auch bedeuten kann, was eine Maske aus und mit uns macht. Es gibt viel dazu und darüber zu erzählen“, sagt die Fotografin. Die Porträts zeigen, wie Verständigung klappt, wenn große Teile des Gesichts nicht zu sehen sind. Vor allem, weil wir in unserer Kultur dazu neigen, bei unserem Gegenüber eher auf den Mund als in die Augen zu schauen. Und dies, obwohl neben der verbalen Kommunikation im zwischenmenschlichen Miteinander auch die nonverbale Kommunikation mittels Mimik und die Stimme eine große Rolle spielt. Durch Masken, die einen Großteil des Gesichts verdecken, können Menschen nicht wie gewohnt ihren Gesprächspartner anhand des Gesichtsausdrucks verstehen und einschätzen. Im Gegensatz zur deutschen Kultur spielt die Sprache der Augen in anderen Kulturen eine viel größere Rolle bei der Verständigung. Sowohl die Augen als auch der Stirnbereich verraten viel über die Gefühlslage des Gegenübers. Lächelt jemand, dann werden die Augen klein und am Rand bilden sich Fältchen. Bei Angst oder Überraschung werden die Augen größer, und die Augenbrauen gehen nach oben. Bei Ekel ziehen sich die Muskeln über der Nase zusammen und die Brauen gehen nach unten. Und bei Wut werden die Augen kleiner, fast zu Schlitzen. Genaues Hinsehen lohnt sich. „Es gibt Menschen, die grinsen, aber ihre Augen sind traurig“, sagt die Fotografin.
Die Vielfalt der Masken ist beeindruckend. Sie reicht von klassischem Weiß und einfarbig über bunt bis hin zu gemustert. Einige sind mit kecken Schleifen oder witzigen Applikationen geschmückt. Eröffnet wurde die vierwöchige, frei zugängliche Ausstellung im Kurhausfoyer von Oberbürgermeister Alexander Hetjes. Zu den Besuchern bei der Vernissage gehörten auch Bürgermeister Meinhard Matern, Kurdirektor Holger Reuter und Stadträtin Lucia Lewalter-Schoor. Viele der Besucher gehörten zu den mit Maske Porträtierten. Eine von ihnen ist Stephanie Traband-Happ. Die Kurstädterin trug beim Fototermin einen Bad Homburger Loop-Schal. „Ich fand es total spannend, dass ich an so einem Ereignis teilhaben konnte. Das Projekt von Frau Wassermeier dokumentiert ein Stück Zeitgeschichte.“