Bad Homburg (xes). Auf der Brunnenallee durfte alles angeboten werden, was Keller und Dachboden hergaben; nur gewerblicher Verkauf war nicht erlaubt. Viel gehandelt wurde vor allen Dingen Kleidung. Auch Bücher und Spielzeug fanden ihre Abnehmer.
„Bücher haben eine Seele“, spricht Wolfgang Girnus ein wahres Wort. Gemeinsam mit seiner Frau Claudia Georgens stellt er immer wieder fest, dass die Wohnung nicht größer wird und es darum immer mal nötig ist, sich von Dingen zu trennen – obwohl er eigentlich eher der Sammlertyp ist, wie Wolfgang Girnus selbst sagt. Die beiden sind froh, dass sie einen Stand auf dem Flohmarkt bekommen haben, es gehört auch ein bisschen Glück dazu, rechtzeitig telefonisch durchzukommen. Seine Frau sei es, die „ohne Bücher nicht leben kann und immer drei auf einmal liest“. Gerade Bücher aber kann man nicht einfach wegwerfen, daher hat das Ehepaar davon heute reichlich im Angebot. Sie verkaufen sich gut, auch die englischsprachigen. „Hier wird noch gelesen“, sagt Wolfgang Girnus, der auch Erfahrungen mit anderen Flohmärkten gesammelt hat und den in Bad Homburg besonders charmant findet. Er führt das darauf zurück, dass sich hier ein gemischtes Publikum einfindet. Nach dem Ansturm der „professionellen“ Flohmarktbesucher früh am Morgen und der ruhigeren Zeit über die Mittagshitze sind am Nachmittag viele Familien mit Kindern unterwegs, auch Kurgäste sind dabei, die zufällig auf den Flohmarkt gestoßen sind. Cornelia Hintermaier ist eine von ihnen, sie sammelt Steine und hat einen schönen Amethyst entdeckt. Eine weitere besondere Erinnerung der Saarländerin an die Zeit in Bad Homburg wird eine Kette aus Mondsteinen sein. Die Standinhaberin lässt sie eigens anfertigen und trägt selbst stets eine. Die sogenannten Malas haben einen spirituellen Hintergrund. Es handelt sich um einen Meditationskranz aus dem Hinduismus, der genau 108 Perlen zuzüglich einer sogenannten „Guruperle“ aufweist, außerdem gehört immer eine Quaste dazu. Die Kette wird nach individuellen Bedürfnissen angefertigt und dient wie der Rosenkranz als Zählhilfe zum Gebet. Unabhängig davon findet Cornelia Hintermaier die Kette einfach schön, die Mondsteine changieren in verschiedenen Farben, dazwischen sind Buddha-Perlen eingearbeitet. Schätze wie diese lassen sich beim genauen Hinsehen entdecken, auf den ersten Blick dominiert vor allen Dingen Kleidung das Angebot auf dem Flohmarkt.
Kleidung verkauft sich auch bei Jasmina Esfahani und Alexander Balafas gut, aber noch stolzer sind die zwei auf den Verkauf einer antiken Registrierkasse und einer Schreibmaschine, letztere verkauft an eine Dame, deren Tochter damit sogar noch Briefe schreiben will. Beides sowie die ebenfalls beliebten Modemagazine aus den sechziger Jahren stammen aus der Werbeagentur, in der seine Mutter gearbeitet hat, erzählt Alexander Balafas. Mit dem Wissen, dass hier gelebte Geschichte weitergegeben wird, sind er und seine Frau sehr zufrieden, was den Verkauf angeht – da fällt es gar nicht mehr so schwer, sich auch mal von Dingen zu trennen.