Plädoyer fürs Ehrenamt im „Hammerbereich“ Soziales

Bad Homburg (js). Lucia Lewalter-Schoor will nicht mehr. Seit ein paar Wochen ist bekannt, dass die hauptamtliche Stadrätin der SPD eine zweite Amtszeit als Dezernentin für Jugend und Soziales „aus persönlichen Gründen“ nicht anstrebt. Sie wird das Rathaus im Februar des kommenden Jahres verlassen, Lucia Lewalter-Schoor ist 62 Jahre alt. Kaum ist der freiwillige Rückzug auf allen Ebenen angekommen, hat der erste Kandidat zumindest parteiintern seinen Hut in den Ring geworfen und sein Interesse an der Nachfolge angemeldet. Er spielt in der umgekehrten Altersklasse, ist erst 26 Jahre alt, kann aber trotzdem bereits auf zehn Jahre kommunalpolitische Erfahrung in den Reihen der SPD verweisen. Der Fraktionsvorsitzende Tobias Ottavani sieht sich bereit, die großen Herausforderungen im größten Dezernat, in dem das meiste Geld bewegt wird, zu meistern.

Der Name des potenziellen Kandidaten spielte in der Debatte zum Thema in der jüngsten Parlamentssitzung keine Rolle. Noch ist er ja auch nicht offiziell genannt worden, aber jeder im Saal kennt ihn. Die leidenschaftliche und emotional geführte Debatte entwickelt sich an diesem Abend aus einem Antrag, in dem es lediglich um eine Formalie ging. Kurz und knapp von Elke Barth (SPD) für die CDU/SPD vorgetragen mit dem Ziel, den Haupt- und Bürgerbeteiligungsausschuss als Wahlvorbereitungsausschuss für die Wahl des neuen Stadtrats einzusetzen. Dieser müsse nämlich noch vor der Sommerpause formiert werden, damit die Wahl Anfang Oktober durchgeführt werden könne. Alternativen dazu sieht die Koalition nicht, die CDU besetzt mit Alexander Hetjes (Oberbürgermeister) und Dr. Oliver Jedynak (Bürgermeister) zwei der aktuell drei hauptamtlichen Posten im Magistrat, der dritte gebührt dem Koaltionspartner, die CDU wird keinen Kandidaten bei der Wahl ins Rennen schicken. Alternativen bringt nur die Opposition ins Gespräch. Vorneweg Alexander Unrath von den Grünen, der dazu mahnt, die Koalition beim Wort zu nehmen und nicht nur vom Zwang zum Sparen zu reden, sondern auch Taten folgen zu lassen. Ein üppiges Gehalt zu sparen, wäre da ein Zeichen gegenüber den Menschen in der Stadt, gleichzeitig würde die selbst verfügte Stellenbesetzungssperre ernst genommen. Die Aufgaben der Dezernentin könnten durchaus auch ehrenamtliche Mitlieder des Magistrats übernehmen. Unrath: „Es gibt Alternativen, hier kann man sich zeigen.“

„Wer sparen sagt, muss auch sparen wollen“, sagte Armin Johnert (BLB) und verwies wie Unrath auf Zeiten über mehrere Jahre, als Bad Homburg auch ohne Bürgermeister (2003 bis 2011) und mit nur zwei Hauptamtlichen im Magistrat und Dieter Kraft (Grüne) und Beate Fleige (BLB) als Dezernenten „nicht zusammengebrochen“ sei. Ehrenamtliche hätten die Arbeit in solchen Phasen ebenfalls gut gemeistert. Johnert räumte aber ein, dass Jugend und Soziales ein „Hammerbereich“ geworden sei.

Die CDU indes, etwa ihr Fraktionsvorsitzender Clemens Wolf, malte das Schreckensbild eines „Scherbenhaufens im Sozialbereich“ als düstere Vision, wenn der Sozialbereich angesichts der gewachsenen Aufgaben nicht „mit voller Profession“ geführt werde. Auch der OB schaltete sich in die Diskussion ein und verwies auf mehrfaches Unterlaufen der Vorgabe der Besetzungssperre, um den Laden im Rathaus überhaupt noch am Laufen zu halten. „Wer will, dass der Bereich arbeitsfähig und handlungsfähig bleibt, muss dem Hauptamt zustimmen“, so Hetjes. CDU, SPD und FDP sind dieser Ansicht und stimmten der Einsetzung eines Wahlvorbereitungsausschusses mit ihrer deutlichen Mehrheit im Parlament zu, die anderen wollen den alternative Weg zum Ziel gehen.

Lucia Lewalter-Schoor wird das Rathaus im Februar 2024 verlassen. Foto: js



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